Umweltverschmutzung und -bewusstsein
Wie sauber ist der Nil?
Nr. 4/87, pp. 57
Kann man das Leitungswasser in Kairo ohne Bedenken trinken? Diese Frage wird immer wieder gestellt. Sie kann mit zwei Einschränkungen bejaht werden.
Das Trinkwasser in Kairo ist aufbereitetes Nilwasser. In der BRD werden rund 70% des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen, in Ägypten etwa 20%. Der Nil gilt auch heute noch als einer der weniger verunreinigten Flüsse der Welt, nicht zuletzt wegen seiner starken Strömung. Die Strommitte, der das Trinkwasser entnommen wird, versichert Dr. Fatma Gohary vom National Research Center (NRC), "ist noch sauber". Doch höchste Vorsicht ist geboten, um die zunehmende Verschmutzung unter Kontrolle zu halten. Ein Problem des Trinkwassers, dem nicht nur Ägypten gegenübersteht, ist die Notwendigkeit, die schädliche Wirkung des Chlors, das dem Wasser zu Reinigungszwecken zugefügt wird, so gering wie möglich zu halten. In der Schweiz beispielsweise wurde Chlor so versichert Dr. Mohamed El-Dib, Professor für Wasserverschmutzung bereits durch Ozon ersetzt. Ozon soll soweit bislang bekannt keine Nebenwirkungen haben. Der Ersatz oder teilweise Ersatz des Chlors durch Ozon wird auch in Ägypten diskutiert, scheitert aber bislang an den dreimal so hohen Kosten. Mit Unterbrechungen in den Jahren 1982 bis 1984 wird das Nilwasser seit 1976 jährlich überprüft, indem von Assuan an alle 10 km Wasserproben entnommen und analysiert werden. Bisher vorliegende Ergebnisse zeigen den Grad der organischen Verschmutzung an. Von 67 festgestellten Verschmutzungssubstanzen sind 22 aus industriellen und 45 aus landwirtschaftlichen Abwässern. Die Industrie, die das Wasser des Nil am meisten mit organischen Substanzen in diesem Fall schnell abbaubaren belastet, ist die Zuckerindustrie. Es gibt sieben große Zuckerfabriken entlang des Nil. Die Gesetze 93 von 1962 und 48 von 1982 untersagen, ungeklärte Abwässer in den Nil zu leiten. Die Gesetze gelten als gut und zum Schutze des Nil ausreichend. Es hapert jedoch an der Ausführung. Bei der Zulassung neuer Fabriken als auch neu gebauter Schiffe werden zwar die entsprechenden Abwasservorrichtungen verlangt, aber bereits bestehende Fabriken leiten weiterhin ihre Abwässer ungeklärt in den Nil meist gar nicht oder nur milde bestraft.
Die größte Belastung mit industriellen Abwässern kommt aus dem von Kairo aus stromaufwärts gelegenen Helwan (s. Artikel "Auswirkungen des Wachstums der verarbeitenden Industrie im Gebiet von Helwan"). Die Skepsis, daß sich dieser Zustand bald ändern wird, ist groß. Die finanziellen Mittel fehlen oft und das Interesse an einer Änderung im Sinne des Gesetzes 48 halten Beobachter bei den verantwortlichen Stellen für zu gering. Denn Umweltschutz bedeutet Erhöhung der Produktionskosten, die niedrig zu halten der Unternehmer immer interessiert ist. Auch in der BRD entsprang der Umweltschutz nicht der Weitsicht der Unternehmer oder staatlicher Verordnung, sondern dem Druck von Bürgerinitiativen. Einige Fabriken benötigten nur geringe Verbesserungen, um umweltgerecht zu werden, andere dagegen, z.B. die Zementfabriken, müßten ganz stillgelegt werden. Dies kann sich Ägypten nicht leisten. So arbeiten sie weiter, zumindest bis sie durch neue Fabriken ersetzt werden können. Daß die meisten in der Industrie verarbeiteten Chemikalien bislang importiert werden, erspart der ägyptischen Umwelt noch die bei deren Produktion anfallenden giftigen Abfälle. Industrielle Abwässer von geschätzten zweihundert Fabriken wären durch den Einsatz entsprechender finanzieller Mittel und bei richtiger Überwachung noch verhältnismäßig gut unter Kontrolle zu halten. Größer, weil umfangreicher und weitgestreuter, ist in Ägypten das Problem städtischer und landwirtschaftlicher Abwässer.
Die Rückstände unkontrolliert gebrauchter, oft international verbotener Pestizide wie DDT sowie Düngemittel verunreinigen das Wasser vor allem in dem von Kairo flußabwärts liegenden Delta. Ein Teil des zu Bewässerungszwecken genutzten Nilwassers gerät über die Abwasserkanäle wieder in den Nil. Landwirtschaftlicher Boden und Produkte, Grundwasser sowie Fische und Algen werden so mit Giftstoffen belastet. In diesem Zusammenhang wird dafür plädiert, international den Export im eigenen Land verbotener Artikel zu verbieten. An akuten Vergiftungen durch Pestizide erkranken im Jahr 500 bis 1.000 Ägypter; etwa 30, wohl diejenigen, die die Pestizide sprühen, sterben. Eine weitere, leicht zu beobachtende Folge der zunehmenden Verschmutzung der Kanäle sind die überall wuchernden Wasserpflanzen.
Von 160 Städten in Ägypten haben 19 eine Art Kanalisation. In diesen 19 Städten wiederum sind nur 56% der Bewohner, laut einer UNDP-Veröffentlichung, an das Kanalisationsnetz angeschlossen. Selbst ein Drittel der Kairener muß ohne sanitäre Anlagen auskommen. Kairos Kanalisation wurde 1915 für eine Million Einwohner angelegt und seitdem nur ungenügend erweitert und verbessert. Die Folge sind Rohrbrüche und ein gefährliches Ansteigen des Grundwasserspiegels. Abhilfe dieses Problems verspricht eines der größten Kanalisationsprojekte der Welt, das Groß-Kairo-Kanalisationsprojekt, das mehr als drei Millionen Dollar kosten und in Zusammenarbeit mit britischen und amerikanischen Firmen bis 1992 fertiggestellt sein soll. Es schließt einen 16 km langen Haupttunnel von El-Amirya nach el-Fustat und mehrere Seitentunnel ein. Mit Hilfe der geklärten Abwässer sollen noch 106.000 ha Wüste am Rande Kairos bewässert werden.
Noch immer haben viele Ägypter keinen Zugang zu sauberem Wasser, laut Dr. Ahmed El Gamal vom Gesundheitsministerium waren es 1983 noch 36,3% der Land- und 12,3% der Stadtbevölkerung. 40% (1983) haben Trinkwasser nur außerhalb ihrer Behausung. Schlechte Trinkwasserversorgung sowie mangelhafte Kanalisation sind Ursachen vieler Krankheiten. 16.000 Fälle infektiöser Gelbsucht und 4.000 Typhuserkrankungen wurden 1983 registriert. Ruhr, die besonders bei Kindern bei unterlassener Behandlung tödlich verlaufen kann und Bilharziose sind ebenfalls verbreitete, durch unsauberes Wasser und Unwissenheit verursachte Krankheiten. Krebs wird durch Bestandteile in industriellen und landwirtschaftlichen Abwässern mitverursacht. Die Bedeutung der Wasserversorgung sowie der Kanalisation wird in Regierungskreisen durchaus erkannt und Gelder hierfür besonders für den Raum Kairo zur Verfügung gestellt. Die Menge des Trinkwassers in Kairo hat sich z.B. seit Beginn des letzten Fünf-Jahres-Plans verdoppelt. Es wird aber geschätzt, daß weitere zehn Milliarden ägyptische Pfund benötigt werden, um alle Ägypter mit Trinkwasser und 80% der Bevölkerung mit Kanalisation zu versorgen.
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Atmen müssen wir alle Luftverschmutzung in Ägyptens Hauptstadt
Nr. 4/87, pp. 1718 Wasser kann der Mensch abkochen, Kanäle kann er meiden. Für diejenigen, die Zugang zu sauberem Wasser haben, sind Typhus, Ruhr und Bilharziose keine unausweichlichen Krankheiten mehr. Der Luft dagegen können wir uns nicht entziehen, atmen müssen wir alle. Daß sie je nach Windverhältnissen besonders in Dokki und auf dem Mokattam stinkt, liegt an der Verbrennung des dort gehäuften Abfalls. 5.0006.000 Tonnen hinterläßt die über 13-Millionen-Stadt täglich. Ansonsten aber gilt die Luft in diesen Stadteilen noch als verhältnismäßig gut, denn die übelriechende Luft ist noch nicht die giftigste. Auffällig hoch und in Ägypten auch naturbedingt ist der Staubanteil in der Luft. Der übers Jahr verteilte Durchschnitt liegt in Städten wie Chicago bei 200 Mikrogramm pro Kubikmeter und Los Angeles bei 185 mgm/m³, in Dokki dagegen bei 276 mgm/m³ und in der Kairoer Stadtmitte gar bei 640 mgm/m³. Doch nicht allein der Staub sagt etwas über die Luftqualität aus. Wichtig
ist, was der Staub an Schadstoffen enthält.
Die Innenstadt Kairos ist zwar frei von Industrie, doch hier verpesten die Bäckereien und Handwerksbetriebe durch den Gebrauch minderwertiger Brennstoffe wie schweres Öl die Luft. Zusammen mit den Abgasen der etwa 850.000 in Groß-Kairo zugelassenen Kraftfahrzeuge entsteht hier von der Zusammensetzung her ein Gemisch, das unter anderen Wetterverhältnissen z.B. in Verbindung mit Nebel schon des öfteren einen Smogalarm ausgelöst hätte. Mit 210 mgm/m³ ist die Smogkonzentration im Zentrum Kairos als stark zu bezeichnen, ebenfalls in Shoubra el Kheima, dagegen ist sie in Dokki (75 mgm/m³) und Heliopolis (44 mgm/m³) gering. Der Bleigehalt liegt in der Stadtmitte mit einem jährlichem Durchschnitt von 2,8 mgm/m³ zwar über den zulässigen 2,0 mgm/m³, aber noch unter den Werten von Berlin (3,8 mgm/m³) und London (4,0 mgm/m³). (Siehe hierzu auch den folgenden Beitrag "Bleiverschmutzung in Kairo" Anm. KFN.) In ägyptischen Zeitungen war vor nicht allzu langer Zeit zu lesen, daß, wer die Kairoer Luft einatme, mit ihr die Giftstoffe von vierzig Zigaretten gratis inhaliere. Wer vermag das zu beweisen oder zu widerlegen. Wo in Kairo und wer ist gemeint? Ist von Verkehrspolizisten die Rede, so ist die Zahl sicher noch weit untertrieben. Fest steht: die Luft hat sich rapide verschlechtert. Allergien, Erkrankungen der Atemwege, Kreislauferkrankungen und Krebs haben zugenommen. Wie kann die Kairoer Luft verbessert werden? Eine Verbesserung der Kairoer Luft sieht Dr. Awad vom NRC in flüssigerem Verkehr, wozu die vielen Überbrückungen schon einen Teil beigetragen haben, in kürzeren Wartezeiten an Ampeln u.a. Die Abgaskontrolle für Kraftfahrzeuge muß verstärkt werden. Schweres Öl ist durch Erdgas zu ersetzen, Handwerksbetriebe sind aus der Innenstadt an den Rand Kairos zu verlegen, womit bereits begonnen wurde. Neue Industriebetriebe bekommen keine Erlaubnis mehr, innerhalb Groß-Kairos errichtet zu werden. Alle neuen Betriebe müssen Vorrichtungen im Sinne des Umweltschutzes vorweisen. Der Druck auf alte Betriebe, Filter etc. einzubauen, und Strafen bei Unterlassung müssen verstärkt werden. Eine umfassende Umweltplanung wird gewünscht und die Zusammenfassung der verantwortlichen Stellen in einem Umweltministerium für notwendig gehalten. Sowohl von Experten für Wasser- wie für Luftverschmutzung wird betont, daß die Gefahren für die Umwelt, wie auch ihre Beseitigungsmöglichkeiten, sehr wohl bekannt seien. Es fehle vor allem an Geld, an der Aufklärung der Bürger über die Folgen umweltfeindlichen Verhaltens und auf administrativer Ebene an der wirkungsvollen Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse.
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Bleiverschmutzung in Kairo
Nr. 34/94, pp. 6163
Blei ist als Element in geringen Mengen in der Erdkruste enthalten. Es riecht nicht, hat keinen Eigengeschmack, ist nicht wasserlöslich und brennt nicht. Es wird zur Herstellung von Munition, Batterien und Metallegierungen verwendet. Farben und Benzin enthalten ebenfalls Blei. Blei für industrielle Zwecke wird aus Erzen oder durch Recyceln von Abfallprodukten gewonnen. In den USA wurde der Anteil von Bleibeimischungen in der Produktion von Munition, Farben, Keramik u.s.w. drastisch reduziert.
Die größte Menge kommt aus den Abgasen unserer Autos. Benzin war in den USA Ursache für 90% von Blei in der Luft. Nach Einführung bleiarmen Benzins in den 70er Jahren verringerte sich der Anteil auf 35%. Trotzdem ist die Luftverschmutzung in der Nähe von stark frequentierten Strassen noch immer hoch. Andere Quellen der Bleiemission sind Abfallverbrennung, Zigarettenrauch,
Stahl- und Eisenindustrie sowie petrolchemische Anlagen, bei deren Produktion
Bleiverbindungen frei werden.
Hauptsächlich gelangt es durch das Essen von bleiverseuchter Nahrung in den
menschlichen Körper.
Hauptsächlich über den Verdauungstrakt.
Arbeiter in oben erwähnten Industrieanlagen absorbieren Blei in erster Linie
durch Inhalieren. 70% davon werden im Körper aufgenommen.
Blei schädigt jedes Organ und System im menschlichen Körper. Am empfindlichsten reagieren Nervensystem, Blutkreislauf und das Herz. Nieren und das Immunsystem werden beeinträchtigt. Tierversuche lassen vermuten, daß Blei krebserregend sein kann. Schwere Blei-Encephalopathy (Gehirnerkrankung) führt bei Erwachsenen und Kindern zum Tod. Ab einem Gehalt von 25 Mikrogramm pro Deziliter Blei im Blut spricht man von Bleivergiftungen. Untersuchungen zeigen, daß Blei immer negativen Einfluß auf unsere Gesundheit hat, egal, ob wir es durch Inhalieren oder Schlucken aufnehmen.
Während der Schwangerschaft absorbiertes Blei kann zu Fehl- und Frühgeburt
fuhren oder Schäden im Embryo verursachen.
Blei im Körper verringert das Reaktionsvermögen und beeinträchtigt das Gedächtnis. Es ist Ursache für Gelenkschwäche, Blutarmut und hohen Blutdruck bei Männern mittleren Alters. Es beeinträchtigt Nieren, Gehirn und Fortpflanzungssystem.
Die Hauptursache ist verbleites Benzin.
Andere Quellen sind bleihaltige Farben und Bleirohre der städtischen Wasserversorgung. Bleischmelzereien emittieren jährlich 250 bis 300 t Blei in die Atmosphäre. In den Anlagen werden alte Batterien recycelt. Der Bleigehalt, gemessen ca. einen halben Kilometer entfernt von der Anlage, entspricht dem maximal erlaubten Arbeitsplatzlevel gemäß EPA (Environmental Action Plan) und dem 50fachen des von der WHO vorgegebenen Standardwertes. Der Staub, direkt außerhalb der oben erwähnten Anlage, enthielt noch 5.730 Mikrogramm Blei je Kubikmeter (internationaler Standard, zum Vergleich: 50450 Mikrogramm Blei je Kubikmeter innerhalb der Anlage).
Felder in der Nähe von Straßen und Fabriken enthalten 16 mal mehr Blei als normale Erde. Ratten, die in der Nähe von Hauptstraßen leben, haben die 1820fache Menge Blei in Knochen und Zähnen. Früchte und Gemüse aus diesen Gebieten absorbieren Blei aus Erde und Luft.
Auf dem Transport zur Stadt und in den Verkaufsständen an den Straßen kommt
noch mehr Blei dazu, und wir schlucken dann alles im Gemüseeintopf oder
Obstsalat.
Viele Familien nehmen Blei durch Essen von Keramikgeschirr auf, das mit
bleihaltiger Lasur überzogen ist.
Der EAP ermittelte ein Level von 30 Mikrogramm je Deziliter im Blut der Bewohner Kairos, wahrend Messungen zu 13,2 Mikrogramm je Deziliter führten. Die Wahrheit liegt sicherlich in der Mitte. Untersuchungen an Verkehrpolizisten in Kairo ergaben ein Bleilevel von 31 bis 63 Mikrogramm je Deziliter. Man geht davon aus, daß alle negativen Einflüsse von Blei auf die Gesundheit durch ein Defizit an Mineralien wie Eisen, Kalzium und Phosphor sowie Mangel an Vitamin A und D gesteigert werden. Das bedeutet, daß Kinder mit unzureichender Ernährung durch die hohen Bleiwerte schwer geschädigt werden. Studien in Bangkok haben bei 7-jährigen Kindern einen IQ-Verlust von 3 bis 5 Punkten als Folge von Bleieinwirkung ermittelt.
Der Bleigehalt im Benzin muß reduziert werden. Raffinerien erhalten die Auflage, Benzin mit maximal 0,15 g/l zu produzieren. (Ein Level, mit dem alle Autos fahren können!) Außerdem muß bleifreies Benzin für Kairo und Alexandria bereitgestellt werden. Um den Verbraucher zum Kauf von bleifreiem Benzin zu ermutigen, wird über eine differenzierte Benzinsteuer nachgedacht. Ab 1995 sollen alle Autos, die nach Kairo kommen, ein Emissionszertifikat vorweisen. Das GOE legte neue Richtlinien für Dosen auf dem Nahrungsmittelsektor fest.
Aber viele Firmen richten sich nicht danach und benutzen noch immer
bleiverschweißte Dosen.
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"Gouverneur möchte ein ruhigeres Kairo"
Nr. 1112/98, p. 41 Der Gouverneur von Kairo, Abdel-Rahim Shehata, hat dem Parlament Elemente seiner neuen Pläne zur Reduzierung der Kairoer Verkehrsprobleme vorgestellt. Er machte deutlich, daß eine neue Verkehrgesetzgebung mit harten Strafen für Verkehrssünder ein Bestandteil dieses Plans ist.(...) "Der Plan hat zum Ziel, Kairo schöner und ruhiger zu machen und das Autofahren leichter", sagte Shehata. Nach Darstellung des Gouverneurs fahren täglich mehr als 1,5 Millionen Autos durch Kairos Straßen, obwohl sie nur für 500.000 ausgelegt seien. Im Jahre 2000 werde die Verkehrsbelastung auf 2 Millionen Fahrzeuge am Tag gewachsen sein. Das heißt, die Nachfrage nach Straßen wird sehr groß, während die Kapazitäten begrenzt sind. Der Trend zum Individualverkehr, d.h. zum eigenen Auto, steigt auch in Kairo. Im Jahre 2000 rechnet man mit 75 Autos je 1.000 Einwohner. Shehata verwies auch auf die wachsende Anzahl der Mikro- und Minibusse. "Es fahren zur Zeit täglich ca. 50.000 Minibusse auf den Straßen. Die Zahl der amtlich zugelassenen beträgt jedoch nur 8.500", sagte er. "Das Ergebnis ist eine Spirale von Verkehrsstaus, und Fußgänger werden auf immer kleiner werdenden Verkehrsraum verdrängt." Deshalb soll nun ein 7-Punkte-Plan in Kraft treten, der den Verkehr ausdünnen soll. Der Plan beinhaltet, Taxistände und Busbahnhöfe aus dem Herzen Kairos an andere Standorte zu verlegen. Die Taxistände hinter dem Ramses-Bahnhof in Shobra, von denen aus das Delta und Alexandria bedient werden, sollen von ihrem jetzigen Standort nach Shobra al Kheima an den nördlichen Rand Kairos verlegt werden. Die Verlegung wird 10 Millionen LE kosten und soll im Oktober beendet sein. Der Busbahnhof am Abdel Moneim Riad-Platz hinter dem Ägyptischen Museum, von dem die Busse ins Delta und nach Oberägypten abfahren, wird nach Al Torgoman in den Bulak-Distrikt verlagert. Das wird die Al Galaa-Straße von ihren Verkehrsproblemen befreien. (... ) (Anmerkung der Papyrus-Redaktion: Der Busbahnhof für Sinai-Busse neben dem Ramses-Hotel ist bereits verlegt worden. Der Bus nach Taba/Nuweiba fährt jetzt von dem Stadtteil Hoot el Zohur an der Sharia el Sahafa vom Parkplatz hinter dem Al Ahram-Gebäude an der Galaa-Straße ab.) Der Plan sieht außerdem vor, eine große Anzahl von Tiefgaragen zu schaffen. Lokalen und ausländischen Investoren sollen für deren Bau und Betrieb für eine begrenzte Zeit Konzessionen erteilt werden. (...) Bestandteil des Plans ist auch der Ausbau der Metro-Linien zum Flughafen und ins Gouvernorat Giza. "Das heißt, daß die Menschen im nächsten Jahrtausend die Metro vom Flughafen bis nach Giza und zum Anfang der Wüstenautobahn nach Alexandria benutzen können," sagte Shehata. "Das wird eine große Hilfe bei der Verringerung des Verkehrsproblems sein."
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Baden verboten Umweltprobleme in Alexandria
Nr. 4/87, pp. 1920 Alexandria ist als zweitgrößte Stadt Ägyptens mit mehr als 3 Millionen Einwohnern, einem lebhaften Hafen und großen Industriewerken, die 40% der industriellen Gesamtproduktion des Landes liefern, ökologisch außerordentlich stark belastet. Den Bewohnern der Stadt wurde das in krasser Deutlichkeit vor Augen geführt, als im Sommer 1985 das sonst klare Mittelmeer sich immer mehr trübte und den Badegästen ein übler Geruch entgegenschlug. Vom Yachthafen bis Montazah spülten die Wellen Unglaubliches an Land, was den Bürgern jeden Spaß am Urlaub nahm. Wer sich dennoch Kühlung holte im feuchten Element, wurde von bösen Ausschlägen heimgesucht. Was war geschehen? Die infolge der Bevölkerungsexplosion hoffnungslos überbeanspruchte Kanalisation aus dem Jahre 1908 sollte entlastet werden, bis das im Bau befindliche neue Abwassersystem funktionstüchtig wäre. Man kam auf die Idee, die Regenwasser-Drainage zum Transport von ungeklärten Haus- und Industrieabwässern umzufunktionieren. Das mußte schiefgehen; denn die Rohre für Regenwasser sind so verlegt, daß sie noch am Strand oder doch nicht weiter als 510 m vom Festland entfernt ins Meer entleeren. Die Alexandriner waren empört. Sie hatten es kommen sehen und lange vorher gewarnt. Bürgerinitiativen waren gegründet worden, die gegen den "masterplan" protestierten, der als Endpunkt für die neue Kanalisation ebenfalls das Meer vorsieht (allerdings in 50 m Tiefe und 79 km entfernt von der Küste). Sie hatten darauf hingewiesen, daß die Strömung die Abwässer zurück an den Strand werfen würde, waren aber in Kairo auf taube Ohren gestoßen. Die Katastrophe von 1985 war Wasser auf ihre Mühlen und brachte die Wende zu ihren Gunsten. Die Gutachter, die für 90 Millionen Dollar nachgewiesen hatten, daß die Ableitung ins Meer nicht nur die billigste, sondern auch die beste Lösung sei, sahen sich Gegen-Gutachtern konfrontiert, die für 1 Million Dollar nachwiesen, daß die Ableitung in die Wüste zwar in den Erstellungskosten erheblich höher liege, auf lange Sicht jedoch ökonomischer sei, da man mit den geklärten Wassern in einem so wasserarmen Land weite Gebiete kultivierbar machen könne, die sehr bald Gewinne abwerfen würden. An höchster Stelle wurde jetzt für die Land-Lösung optiert.
Was der Sommer 1987 bringen wird, läßt sich nicht genau vorhersagen. Der Sündenfall von 1985 kann in dieser Form nicht wieder eintreten, weil die Regenwasserdrainage nach Norden hin frei von Abwässern gehalten wird. Statt dessen fließen diese nach Süden in den Mariut-See seit alters her das biologische Klärbecken für das westliche Delta, das am Fort Napoleon (Uex) sprudelnd ins Meer überläuft. Den Ausschlag bekommen nun die Fische des Mariut-Sees denn die können ja nicht protestieren. So jedenfalls glaubten die Stadtväter, bis sie von einer Lobby der Mariut-Fischer eines Besseren belehrt wurden. Jetzt sind angeblich auch die Zuflüsse nach Süden wieder verschlossen. Ja, wo bleibt "es" bloß? Wer Möwenschwärme und Quallenansammlungen als Indiz nimmt, wird den Alexandriner Abwässern leicht auf die Spur kommen.
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Es bedarf eines langen Atems Umweltbewußtsein in Ägypten
Nr. 4/87, pp. 2426 Denken wir doch zurück, wie lange es bedurfte, bis die Gefahren der Umweltverschmutzung in das allgemeine Bewußtsein der Bevölkerung der Industriestaaten drangen. Bis diejenigen, die vor der Vergiftung unserer Flüsse, des Bodens, der Lebensmittel warnten, ernst genommen wurden, Müllprobleme allgemein diskutiert, Begriffe wie Recycling allgemein bekannt wurden, Industrie und politisch Verantwortliche sich zum Handeln gezwungen sahen bis so etwas wie "Umweltbewußtsein" überhaupt entstand. Daß Umweltprobleme nicht auf die Industriestaaten begrenzt sind, daß auch die Umwelt der Entwicklungsländer bedroht ist, diese Erkenntnis begann sich allerdings mit noch größerer Verzögerung durchzusetzen. Dabei gibt es Bereiche wie die Landwirtschaft, die in Entwicklungsländern heute in ungleich größerem Maße von Umweltproblemen betroffen ist. Willkürlich herausgegriffen nur einige Beispiele, wie sie ein ägyptischer Journalist eines landwirtschaftlichen Beratungsblattes in Oberägypten erzählen kann und was jedes Jahr Hunderte von Toten und Tausende von Verletzten zur Folge hat: Insektizide und Pestizide werden ohne genaue Anwendungsvorschriften an die Bauern ausgegeben, die ihrerseits die auf den Metallbehältern aufgedruckten Instruktionen nicht entziffern können, sei es, daß diese auf den meist importierten Chemikalien nicht in Arabisch stehen oder der Besitzer leseunkundig ist. So liegen zeitliche und mengenmäßige Anwendung oft im Gutdünken der Bauern. Da die Behälter, die das in konzentrierter Form meist hochgiftige Pestizid enthalten, aus imponierend massivem Material gefertigt sind, können die wenigsten widerstehen, sie nicht wie vorgeschrieben wegzuwerfen. Sie werden in den Bewässerungskanälen ausgewaschen und zur Aufbewahrung von Milch oder zur Herstellung von Milchprodukten weiterverwendet. Dieser Reinigungsvorgang geschieht oft in unmittelbarer Nähe zu baumwollpflückenden Kindern, die während dieser staubigen Arbeit ihren Durst mit Wasser aus eben diesen Kanälen stillen. Kinder, die noch nie eine Dusche gesehen hatten, waren von einem TV-Werbespot, in dem ein Mann unter der Dusche sang und tanzte, so begeistert, daß sie volle Behälter mit Chemikalien an einen Baum hingen und tanzend unter der giftigen Dusche das Gesehene imitierten. Einzelbeispiele, die ein Licht auf die Gesamtproblematik werfen. Daß man sich der Gefahren auch in Ägypten bewußt wird, zeigen die Artikel und Kommentare in den Zeitungen, die sich vermehrt Umweltproblemen zuwenden, zeigt die Gründung der EEAA, der "Egyptian Environmental Affairs Agency", zeigt die zunehmende Zahl an Seminaren und Symposien, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Ein 5-tägiges Seminar im letzten Oktober widmete sich dem Umweltschutz in Groß-Kairo, veranstaltet von eben jener EEAA, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der "Society for Development Communication". Wissenschaftler und Verantwortliche aus den Ministerien und dem Gouvernorat Giza listeten die Gesamtpalette von Luft- und Wasserverschmutzung, Müll- und Abwasserbeseitigung, Recycling, Begrünung etc. auf, widmeten sich vor allem den Folgeproblemen des stetig zunehmenden Verkehrs; Technologien zur Beseitigung dieser Umweltprobleme wurden diskutiert und Kosten berechnet, die nötig, sind, um all diese Problembereiche in Angriff zu nehmen. Daß es dazu der Mitarbeit und des Verständnisses der Bevölkerung bedarf, machte wenige Wochen später wie zur Ergänzung ein ägyptisch-deutsches Seminar deutlich. Die deutsche Seite Goethe-Institut Kairo und die Hanns-Seidel-Stiftung hatten deutsche Experten eingeladen, die aus der in Deutschland gewonnenen Erfahrung heraus mit den ägyptischen Partnern diskutieren sollten, wie vor allem mit Hilfe der Medien ein Umweltbewußtsein zu schaffen sei. Grundlage bildeten sowohl theoretische Erörterungen wie der Vortrag "Umweltschutz als Staatsaufgabe in der Bundesrepublik Deutschland" von Dr. Buchner aus dem Bayerischen Ministerium für Umweltfragen, als auch praktische Beispiele. Ein Redakteur des Bayerischen Rundfunks zeigte anhand einiger Filme, wie die Medien Umweltprobleme und Fragen des Umweltschutzes aufgreifen und wie Informationen mediengerecht an die Zuschauer weitergegeben werden. Und Dr. Fuly vom "National Research Center" stellte eine Umweltausstellung des Bayerischen Staatsministeriums vor und diskutierte mit den Anwesenden die Möglichkeit eines ähnlichen Unternehmens in Ägypten, das als Instrument zur Stärkung des Umweltbewußtseins gedacht ist. Denn die komplexen Zusammenhänge von Entwicklungsprozessen wie Industrialisierung individuellem Fehlverhalten und Umweltzerstörung mit Folgen für die gesamte Bevölkerung sind schwer zu vermitteln. Ja, diese Zusammenhänge seien hier noch weitgehend unbekannt, meinten die ägyptischen Medienfachleute. Und auf ihre wichtige und notwendige Rolle bei der Schaffung eines Umweltbewußtseins hingewiesen, führte Amal Mikawy, Direktorin des 1. Programms des Ägyptischen Fernsehens an, daß es den Medien als Teilinstanzen einer noch weitgehend unsensibilisierten Öffentlichkeit selbst an den notwendigen Informationen mangle, um ein Programm in dieser Richtung aufzustellen. Daß außer programmatischen Äußerungen und mehr zufälligen Umweltsendungen noch kein wirkliches Umweltkonzept existiert, wurde im Verlauf der Tagung sehr deutlich. Das scheitere schon daran, daß das notwendige Problembewußtsein nicht vorhanden sei, da es an der realistischen Einstellung zur Umwelt fehle, warf ein ägyptischer Teilnehmer ein. Solange man sich weigere, auch negative und schmutzige Seiten der Realität wahrzunehmen, seien Handlungskonzepte nicht erstellbar. Umweltverschmutzung müsse zum nationalen Problem deklariert werden, forderte man in den Abschlußempfehlungen. Fernsehen müsse ein spezielles, realistisches Umweltprogramm erstellen, eine eigene Zeitschrift für Umweltfragen solle publiziert werden. Gründung einer Filmothek und Zusammenarbeit zwischen Ägypten und Deutschland in Fragen mediengerechter Verarbeitung von Umweltinformationen waren weitere Punkte. Fast unerwähnt allerdings blieb ein wichtiger Aspekt: Umweltbewußtsein kann nicht allein von oben verordnet werden. Hier nur nach dem Staat zu rufen, erscheint zumindest einseitig, da der Staat gerade in Umweltfragen sich schnell in Interessenskonflikte verstrickt sieht, die ihn handlungsunwillig machen können, zumindest seinen Handlungsspielraum einengen. Das Beispiel Deutschland zeigt, daß hinzukommen muß der Druck der Betroffenen, der durch verschmutzte Luft, verunreinigtes Wasser, Lärm, ungesunde Nahrungsmittel unmittelbar Geschädigten. Noch scheint die Unkenntnis und die Toleranz gegenüber Umweltbelastungen zu groß zu sein, als daß die Betroffenen in stärkerem Maße initiativ und im Sinne von pressure groups agieren würden. "Umwelt", sagte Prof. Dr. Jihan Raschty von der Fakultät für Massenkommunikation der Kairo-Uni, "ist in Ägypten ein neues Wort." Deshalb müssen die wenigen Informationsträger, die mit Umweltproblemen beschäftigten Wissenschaftler intensiver mit den Medien zusammenarbeiten. Geduld sei notwendig, man müsse bei Aufklärungsarbeit in längeren Zeiträumen denken und könne nur hoffen, daß inzwischen keine Katastrophe entstehe. Als wichtige Informationskanäle neben Presse, Rundfunk und Fernsehen verwies Dr. Raschty noch auf die Schulen und die Prediger vor allem auf dem Lande. Daß man sich der Probleme in gesteigertem Maße bewußt wird, zeigten in den letzten Wochen die Reaktionen innerhalb der ägyptischen Presse, die Affäre mit der radioaktiv verseuchten Molke betreffend oder ein Artikel wie der von Mohamed Tantawi, der am 28.2.1987 in "Akhbar El Yom" erschien.
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In Eigenfinanzierung
Nr. 1112/91, pp. 7274 Derzeit arbeiten mehr als 15 ägyptische Verbände im Bereich des Umweltschutzes. Bereits 1875 wurde die "Ägyptische Geographische Vereinigung" (al-gam'iya al-geografiya al-masriya) gegründet. 1930 der "Verein Wissenschaftlicher Kultur" (gam'iyat al-thaqafa al-ihniya), 1973 der "Verein für die Freunde des Baumes" (gam'iyat muhibiy al-aschgar) und 1978 die "Gemeinschaft zum Schutz der Schönheit der Natur" (gam'iyat al-muhafatha ala gamāl at-tabi'a). Danach folgten die "Nationale Vereinigung für Umweltschutz" (al-gam'iya al-qaumiya li-himayat al-bi'a), die "Vereinigung der Grünen Ägyptens" (gam'iya masr il-chudra') und der "Verein zum Erhalt der Naturschätze" (gam'iyat al-hifath ala tharwat it-tabi'iya nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Partei) etc. Die Idee für den "Verein für die Freunde des Baumes" geht bis auf den Anfang der 40er Jahre zurück, erklärt der Präsident Mohamed Hafiz. Damals hätten sich einige Naturfreunde in ihren Privathäusern versammelt und sich bemüht, mehr Bürger für ihre Interessen zu begeistern und Kenntnis über die gesundheitsfördernde, dekorative und ästhetische Bedeutung von Pflanzen zu vermitteln. Der Verein trete heute ein gegen jede Abholzung von Bäumen aus nicht zwingenden Gründen und die Umfunktionierung von Gärten in andere Nutzräume. Der Verein, der in ganz Ägypten aktiv ist, halte seine Versammlung jeden ersten Dienstag im Monat im Yacht-Klub in Maadi ab. Im Rahmen der Aktivitäten liege, Informationsveranstaltungen und Wettbewerbe in Schulen zu organisieren sowie die Errichtung von Baumschulen zu unterstützen. Fathy Mohamed Mahmoud, erster Vorsitzender der "Gemeinschaft zum Schutz der Schönheit der Natur" kritisiert, daß die Bürgerinitiativen zur Förderung des Umweltbewußtseins immer noch nur die Kreise erreichen, die ohnehin berufsmäßig mit Landwirtschaft, Chemie oder anderen Naturwissenschaften zu tun hätten. Dies sei darauf zurückzuführen, daß der Begriff "Umweltbewußtsein" für den ägyptischen Bürger kaum Bedeutung habe. Das sei nicht zuletzt die Folge fehlender Unterrichtsstoffe, in welchen die Idee eines solchen Umweltbewußtseins im weitesten Sinne vermittelt werde. Natur seien ja nicht nur Pflanzen oder Denkmäler, sondern sie umfasse alles zwischen dem Mikrokosmos und der menschlichen Gesellschaft. Die meisten Menschen würden sich diesen Initiativen nicht anschließen, weil die Mitarbeit freiwillig sei. "Doch wir hoffen, daß durch Unterrichtsinhalte in allen Unterrichtsstufen die Schüler motiviert werden, sich für ihre Umwelt im weitesten Sinne zu interessieren."
Das größte Problem der Organisationen ist die Finanzierung. "Ziel der
Gemeinschaft ist es, die Umwelt zu schützen, doch wir haben kaum Mittel, unsere
Aktionen durchzuführen. Die meisten Vereine haben keinen eigenen Sitz. Wir z.B.
haben bei einer Gewerkschaft ein provisorisches Büro und das, obwohl wir ca.
650 Mitglieder haben, von denen die meisten aus Kairo, Dumiatt, Scharqiya und
Ismailiya kommen.
Laut Dr. Said Abd el-Razik, Pressereferent der Vereinigung "balady" ("Mein Land") sind Naturschutzverbände im Kommen, doch aufgrund Finanzmangels seien nur wenige in der Lage, etwas zu erreichen und eine größere Gruppe zu aktivieren. Man kann sich vorstellen, daß zu einem Seminar, zu dem 200 Personen eingeladen wurden, nur 15 erschienen. "Weder der Umweltminister leistet Unterstützung, noch arbeitet das Landwirtschaftsministerium mit uns zusammen. Die Vereinigungen tragen sich nur aus den Mitgliedsbeiträgen, was für eine fruchtbare Arbeit bei weitem nicht genügt." Auch höre und lese man nirgendwo von den beachtlichen Aktivitäten der Umweltschutzgruppen. Mit den Behörden sei die Zusammenarbeit nicht gut. Dort würde die Bedeutung der Naturschützer nicht genügend geschätzt, sondern sie werden sogar beschuldigt, sich in die Arbeit dieser Abteilungen einzumischen. "Wir hoffen jedoch, daß wir uns bald alle zusammenschließen. Die Anträge dazu sind bereits dem Sozialminister gestellt worden und Atef Abied, Minister für Kabinettsangelegenheiten, hat uns im Falle einer Genehmigung ein Büro im neuen Gebäude des Komitees für Umweltfragen in Aussicht gestellt." Durchgeführt habe "balady", die größtenteils ohne Regierungsgelder agiert so Ahmed Abu An-Naga, Mitglied der Vereinsleitung in Maadi z.B. Sanierungsarbeiten in der 250. Straße und die Erweiterung von Bahnübergängen; ferner habe man den Eingang zur Metrostation "7. Straße" verbessert, von wo man die "fliegenden Händler" entfernte. Die Bahnsteige seien verschönert und ein Verbot durchgesetzt, die Gleise zu überqueren. Auf die Bemühungen der Vereinigung würden die Anwohner der Gegend und verschiedene Frauen positiv reagieren: "Nachdem das 'Soll-Alter' für die Rohre erreicht worden war, baten wir eine Firma um Preisnachlaß für die neuen Rohre. Dies hat die Firma dann sogar kostenlos gemacht."
Die "Nationale Vereinigung für Umweltschutz" wiederum hat sich einer verstärkten Aufklärung Jugendlicher im Dorf Qasasin bei Ismailiya gewidmet. Diese haben dann die Fassaden der Häuser mit speziellen Schutzmitteln gegen Ungeziefer gestrichen, Abfälle weggeräumt und Wasserrinnen gereinigt. In Kairo selbst hat sie bei der Begrünung der Azhar-Straße, der Matariya-Straße und einer weiteren Schnellstraße mitgeholfen. Anders ist es beim "Verband zum Schutz der Umwelt vor Verschmutzung" (gam'iya himāyat il-bi'a min at-talawuth): Dieser arbeitet unter Leitung von Yasiriya Lonza mit den Müllsammlern zusammen und trainiert nach wissenschaftlichen Erkenntnissen junge Leute in Sachen "Recycling". Des weiteren fanden bereits Seminare zum Thema: "Gift in Lebensmitteln und die Zunahme von Krebs sowie Nieren- und Leberschäden" statt.
Yasiriya Lonza ist in diesem Bereich nicht die einzige Frau am "Ruder". Die Leiterin von "balady" ist Aida al-Agizy und Frau Dr. Laila Takla ist Vorsitzende der "Vereinigung der Grünen Ägyptens". Ausgesprochen jugendlich geht es demgegenüber auch im 1978 gegründeten "Arabischen Büro für Jugend und Natur" (al-maktab al-arabiy li-schabab wa-l-bi'a) zu, das auch unter das Gesetz für soziale Organisationen fällt. Hier wird vor allem Aufklärungsarbeit geleistet, Programme zur Umwelterziehung in Sekundarschulen vorbereitet und durchgeführt, Trainingskurse für Jugendgruppenleiter unterschiedlicher Verwaltungskreise gegeben und Informationsveranstaltungen organisiert. Jährlich gibt es ein Fest zum "Internationalen Umwelttag". Ferner haben sie bei der Begrünung in Manial in diesem Stadtteil liegt auch das Büro mitgeholfen eine Ausnahme im Rahmen ihrer Aktivitäten. Im Unterschied zu den anderen Verbänden wird hier die Unterstützung durch die Regierung sichtbar. Die jungen Leute haben mehr Möglichkeiten, zu ausländischen Umweltschutzgruppen Kontakt aufzunehmen. Kürzlich erst organisierte das Büro eine Tagung in Kairo für die "Jugendlichen Naturfreunde Afrikas" als Vorbereitung für die Teilnahme an einer in Zukunft stattfindenden Konferenz in Brasilien. Der "Verein der Ornithologen" (al-gam'iya al-masriya li-ilm at-tuyur), der 1982 ins Leben gerufen wurde und eine bis dahin bestehende Lücke füllte, zählt mittlerweile zahlreiche Vogelfreunde zu seinen Mitgliedern. Auf seinem Programm stehen Exkursionen in die unterschiedlichsten Gebiete, wie zum Beispiel dem "Gabal Ulba" und Untersuchungen über vom Aussterben bedrohte Vögel. Ziel der Aufklärungsarbeit ist es, den Bürgern die Bedeutung Ägyptens als Überwinterungsstätte für die Zugvögel Nordeuropas klarzumachen. Die "Vereinigung für Toxologie" (al-gam'iya al-masriya li-ulum as-samiyāt) hingegen, dem zumeist Ärzte, Apotheker, Biologen und Veterinärmediziner angehören, sammelt Daten über das "tägliche Gift", dem der einzelne Ägypter ausgesetzt ist und versucht Alternativen und Möglichkeiten zu finden, die den Menschen bedrohenden Belastungen erheblich zu verringern. Zuletzt sei die "Ägyptische Geographische Vereinigung" (al-gam'iya al-masriya al-geografiya) genannt: diese konzentriert ihre Arbeit auf Forschungen und Studien über Natur und Umwelt, deren Ergebnisse in einer Reihe von Vorträgen durch Geographie-Professoren vorgetragen werden. Darüber hinaus veröffentlicht die Vereinigung Schriften zum genannten Thema und unterstützt Untersuchungen zum Thema "Umweltsterben in Ägypten".
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Sekem Anthroposophen in Ägypten
Nr. 910/92, pp. 1112 Umweltbewußtsein und Ägypten erscheint so manchem als Widerspruch. Hat das
Land nicht andere Probleme?
Einer dieser Initiativträger ist die SEKEM-Farm, für so manchen sicher schon ein Begriff durch den Verkauf einiger ihrer Naturprodukte in Kairos Supermärkten und Apotheken oder ihre wöchentlichen Verkaufsstände in der Botschaft, der Deutschen Schule und im Goethe-Institut. Die SEKEM-Farm liegt bei Bilbeis, ca. 60 km nordöstlich von Kairo, auf einem 60 ha großen Gebiet. Insgesamt gibt es dort 1.200 Mitarbeiter, wovon 20 aus Deutschland sind. SEKEM ist ein altägyptisches Wort und bedeutet "sonnenhafte Lebenskraft". (Hier dürfte sich die Autorin geirrt haben, ihre Quelle bleibt unklar; es gibt ein altägyptisches Wort "sekem" mit der Bedeutung "vollständig machen", "vervollständigen", etwa in Bezug auf das Horusauge, das in der mythischen Auseinandersetzung mit Seth geraubt und verletzt wurde, aber schließlich wieder zurückkehrte und geheilt wurde Anm. KFN.) Ihr Ziel ist es, auf kulturellem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet eine zeitgemäße Entwicklungshilfe zu leisten. Ihre Tätigkeitsbereiche sind ökologischer Landbau, Verarbeitung und Vertrieb von Nahrungsmitteln, Heilmittelforschung und beginnende Produktion sowie volkspädagogische und berufsbildende Arbeit, wie z.B. ein Kindergarten und eine Schule, die im kommenden September die erste Jahrgangsklasse der Oberstufe eröffnen wird. Bei meinem Besuch auf der SEKEM-Farm verbrachte ich ein paar beeindruckende
Stunden.
Mein Weg führte weiter durch Gemüse- und Kräuteranbauflächen. Das Baumwollprojekt, welches erst dieses Jahr eingeführt wurde und auf einer der außerhalb gepachteten Farmen durchgeführt wird, hat sich sehr bewährt. Hier wird Baumwolle ohne chemische Behandlung angebaut. Sowohl die Menge als auch die Güte der ersten Ernte waren besser als bei chemisch behandelter Baumwolle. Auch wenn die ägyptischen Bauern zunächst den SEKEM-Mitarbeitern nicht recht glauben wollten und mehrfach überprüften, ob nicht doch Chemikalien oder sonstige Zusatzstoffe verwendet wurden, mußten sie letztendlich doch Einsehen zeigen. Nach der Besichtigung der Felder führte mein Weg zum Kindergarten, wo die Kinder spielerisch lernen. Er ist in einem kleinen rundlichen Gebäude untergebracht und mit selbstgebauten Holzmöbeln ausgestattet. Auf einem kleinen Holztisch in der Mitte des Raumes liegt eine Tischdecke, die mit jedem Wochentag ihre Farbe wechselt, wodurch sich das Kind nicht nur den Tag selbst, sondern auch die verschiedenen Farben einprägt, sowie ein Zeitgefühl entwickelt, ohne schon früh intellektuell beansprucht zu werden. Eine Marionettenpuppe, die ebenfalls mit dem Wochentag die Farbe ihres Kleides wechselt, begrüßt jeden Morgen jedes einzelne Kind. Ein Mobilé, das über dem Tisch hängt, ändert sich mit den Jahreszeiten. Die Schule, die, wie ich schon erwähnte, erweitert wird, besteht aus einem Unterstufen-, Mittelstufen- und jetzt auch einem Oberstufengebäude sowie einer angeschlossenen Moschee. Die Kinder tragen farbige Schulkleidung gemäß der fröhlichen Atmosphäre. Kindergartenkinder und Schüler kommen aus den umliegenden Gebieten und sind auch Kinder der auf der Farm beschäftigten Mitarbeiter. Der staatsbedungene Unterricht wird von ägyptischen Lehrern durchgeführt, der künstlerische auch von deutschen Kräften. Jeden Morgen treffen sich alle Mitarbeiter in einem großen Kreis um einen Baum herum, wo jeder kurz berichtet, was er oder sie am vergangenen Tag gemacht hat. Hierbei wird besonders der Gemeinschaftssinn sehr deutlich, und ich war beeindruckt von der Abwesenheit des Klassensystems, was oft, wie man es in Kairo fühlt, eine gewisse Spannung erzeugt.
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Warnung vor Exporten aus Ägypten
Nr. 56/93, pp. 3133 In den letzten Jahren verweigerten einige europäische und arabische Staaten die Annahme verschiedener landwirtschaftlicher Erzeugnisse Ägyptens und schickten sie zurück. Analysen der zuständigen Gesundheitsämter wiesen nach, daß die Pestizidrückstände in den Erzeugnissen die international zugelassenen Höchstgrenzen überschritten. Dieses führte unmittelbar zu einer Überflutung des heimischen Marktes mit preiswerten landwirtschaftlichen Produkten. Und leider führten wiederholte Vorfälle dieser Art dazu, daß einige europäische Länder die anderen EG-Mitgliedsstaaten vor dem Import ägyptischer Erzeugnisse warnten. Diese Tatsache kündigt eine Katastrophe an, die Ägypten noch nicht erlebt hat. Die Anzeichen deuten darauf hin, daß in Kürze eine offizielle Warnung vor dem Import landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Ägypten bekanntgegeben wird. Während einer Konferenz zur Förderung des Exports von Heil- und Gewürzpflanzen, die im Oktober stattfand, wurde u.a. diese Problematik diskutiert. Dr. Samir Al-Gamal, Generalsekretär der Konferenz, wies darauf hin, daß er die Behörden bereits 1989 auf den dramatischen Anstieg der Pestizidrückstände hingewiesen habe, diese Warnungen jedoch nicht beachtet wurden. Die Verweigerung der ägyptischen Produkte führt zu hohen Verlusten bei den Exporteuren, dem Verfall der Preise und zur Schädigung der Wirtschaft. Weiterhin wird der Ruf Ägyptens geschädigt, da es jetzt als Land mit hoher Umweltverschmutzung angesehen wird. Ursache für diese prekäre Situation ist der nahezu unkontrollierte Import an chemischen Pflanzenschutzmitteln nach Ägypten. Das Landwirtschaftsministerium importiert jährlich Tausende von Tonnen giftiger Chemikalien und Pestizide zur Bekämpfung von Baumwoll-, Obst- und Gemüseschädlingen. Zusätzlich importiert der private Sektor jegliche Arten an Pestiziden, dazu kommt noch der Schmuggel von verbotenen Pestiziden. Diese Aussagen werden von mehreren Studien untermauert, die in den letzten Jahren innerhalb und außerhalb Ägyptens durchgeführt wurden. Sie alle warnen vor dem Anstieg der Pestizidrate in den landwirtschaftlichen Produkten. Ein Forschungszentrum hat nachgewiesen, daß der Durchschnitt dessen, was ein Ägypter an Pestiziden zu sich nimmt, das 9-fache der international zugelassenen Höchstmengen überschreitet. Ein Ägypter nimmt 0,167 mg "Andrin" zu sich, dessen erlaubte Höchstmenge bei 0,014 liegt, 0,095 mg "Daildrin", dessen Höchstmenge bei 0,008 mg liegt, 0,702 mg "Landrin", mit einer Höchstgrenze von 0,7 mg, sowie 0,957 mg DDT, dessen Höchstgrenze bei nur 0,104 liegt. Versuche eines ägyptischen Forschungszentrums haben nachgewiesen, daß menschliches Gewebe 1942 keinerlei Spuren von Pestiziden aufwies, während das Fettgewebe von heute Lebenden Pestizide aufweist. Der Prozentsatz steigt Jahr für Jahr.
Ein Inspektor im Ministerium für Landwirtschaft bestätigte, daß die Importeure landwirtschaftlicher Produkte aus Ägypten gedroht haben, eine Warnung vor ägyptischen Produkten herauszugeben, da die Pestizidrückstände die internationalen Durchschnittswerte bei weitem übersteigen. Er sagte, daß die Gefahr durch die Pestizidverwendung von Tag zu Tag zunimmt, ohne daß es geregelte Kontrollen gibt, die die maßlose Verwendung einschränken. Zur Bekämpfung dieser Situation sollte ein nationaler Plan erstellt werden, in dessen Rahmen Studien über die ideale, kleinstmögliche Verwendung von Pestiziden durchgeführt werden. Dr. Mohamed Al-Abrashi, Professor für Schädlingsbekämpfung im nationalen Forschungszentrum erklärt: "Es ist offensichtlich, daß die EG damit begonnen hat, vor Importen landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus der Dritten Welt im allgemeinen zu warnen. Sie hat begonnen, die Kontrollen drastisch zu verstärken. Die europäischen Staaten haben diese Maßnahmen ergriffen, nachdem sich bestätigt hat, daß landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Dritten Welt gesundheitsschädlich sind, da ihre Rückstände an Pestiziden und Schmutz die internationalen Durchschnittswerte übersteigen. Außerdem haben die Staaten der EG damit begonnen, landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel ohne oder mit deutlich kleineren Mengen von Pestiziden und Chemikalien zu produzieren. Diese Staaten haben sich im Rahmen der freien Wirtschaft zum Schutz der Natur und der Gesundheit verpflichtet. Sie bevorzugen insbesondere bei Gemüse und Obst den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, die nicht mit Pestiziden oder Chemikalien behandelt wurden, auch wenn deren Preise durchschnittlich das Vierfache der vergleichbaren Produkte betragen, die mit Pestiziden behandelt wurden."
Dr. Soad Abu As-Saad, Professorin für Biologie an der Ain Shams-Universität sagt: "Die Realität, in der wir leben, ist schreckenerregend! Wir essen Lebensmittel und atmen Luft, die von mehr als 400 verschiedenen Schädlingsbekämpfungsmitteln verseucht sind, die in der ägyptischen Landwirtschaft verwendet werden. Tatsache ist, daß weltweit 35.000 Arten dieser Mittel verwendet werden. Aber in Ägypten werden noch immer Mittel verwendet, deren Anwendung weltweit gestoppt wurde. Die gefährlichsten sind die phosphathaltigen Pestizide, von denen in Ägypten jährlich 37.000 Tonnen verbraucht werden und deren Wert sich auf 300.000 Dollar beläuft." Wenn diese Mittel weltweit als schädlich gelten, so muß die Bevölkerung vor dieser Gefahr geschützt werden. Die Pestizide werden gemäß der Kriterien der WHO in sehr giftige, giftige und wenig giftige Mittel eingeteilt. Dr. Soad fügt hinzu, daß Berichte der FAO bestätigen, daß es sehr giftige Pestizide gibt, vor deren Verwendung weltweit gewarnt wird, die aber noch immer in Ägypten verwendet werden und gefährliche Nebenwirkungen auf die Umwelt, den Menschen und die Tiere haben. Der Bericht erklärt weiter, daß es jährlich weltweit mehr als eine Million Fälle von schweren Vergiftungen durch Pestizide gibt, der Großteil in der Dritten Welt. Ursache hierfür ist das Fehlen von Schutzanzügen, das Fehlen von Mitteln zur schnellen Behandlung von Vergiftungen, Unaufmerksamkeit und die Verwendung von stark giftigen Pestiziden. Deswegen muß der planlose Import dieser stark giftigen Pestizide nach Ägypten verboten werden. Hiervon gibt es mehr als 70 Sorten. Einige enthalten Chlor wie z.B. Aldrin. Daneben gibt es andere verdächtige Pestizide, die leider noch immer in Ägypten verwendet werden, wie z.B. das phosphorhaltige Mittel Tamron, welches die amerikanische Umweltschutzorganisation als gefährlich einstuft. Jeder Ägypter nimmt durch das Essen hochkonzentrierte Mengen an Pestizidrückständen ein, die die zugelassenen Höchstgrenzen übersteigen. Es reicht, daß in Ägypten in den letzten 30 Jahren 700.000 Tonnen Pestizide auf den landwirtschaftlichen Anbaugebieten verwendet wurden, von denen noch immer 50% in der Erde vorhanden sind. Dr. Soad bestätigt, daß es in Ägypten Fehler im Umgang mit Pestiziden gibt und daß die Kontrolle der Rückstände ungenügend ist. Schweden und Deutschland führten 1990 und 1991 regelmäßige Wasser- und Bodenproben durch, um die Pestizidrückstände in der Umwelt zu messen und warnten vor der Verwendung bestimmter Mittel. Wir in Ägypten jedoch pumpen die Erde Jahr für Jahr mit ihnen voll! Es stellt sich die Frage: Werden die Verantwortlichen einschreiten, um diese Katastrophe zu stoppen? Oder zumindest um die Bevölkerung vor Gesundheitsschäden zu bewahren?
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Ägyptens Umweltplan
Nr. 56/94, pp. 69 Die Umweltsituation in Ägypten zu erfassen, zu analysieren und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, war das erklärte Ziel des "Environmental Action Plan of Egypt". Das Projekt wurde im Laufe des Jahres 1991 von der "Egyptian Environmental Affairs Agency" (EEAA) initiiert und mit Hilfe der Weltbank und der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie weiterer internationaler Institutionen innerhalb von 12 Monaten zum Abschluß gebracht. Über 300 ägyptische und ausländische Experten haben in diesem Zeitraum die Studie erstellt, die heute Grundlage für die ägyptische Umweltpolitik ist. Für einen Überblick über die ökologische Lage Ägyptens werden im folgenden Teil die wichtigsten Erkenntnisse und vorgeschlagenen Maßnahmen dargestellt.
Über 95% Ägyptens ist Wüste. Ungefähr 80% der verbleibenden Fläche wird für die Landwirtschaft genutzt, die aufgrund des trockenen Klimas auf eine konstante künstliche Bewässerung angewiesen ist. Die enge Vernetzung zwischen Land- und Wasserressourcen wird somit überdeutlich. Die landwirtschaftliche Fläche wird auf ungefähr 8 Millionen Feddan geschätzt. Dabei nehmen die unter Versalzung leidenden 2,53 Millionen Feddan und die für urbane und industrielle Zwecke mißbrauchten 0,4 Millionen Feddan einen erschreckend hohen Anteil ein. Des weiteren ist neben Produktivitätseinbußen durch Dünenwanderung vor allem die chemische Verseuchung des Bodens ein Problemfeld. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der hohe Düngemittel- und Pestizidverbrauch einzuschränken. Die vollendete graduelle Streichung der Subventionen dieser Produkte wird dementsprechend zu einer Erholung des Bodens beitragen. Zur weiteren Landverbesserung beabsichtigt die Regierung, bis 1995 einen Nutzungsplan aufzustellen, der der Urbanisierung von Fruchtland entgegenwirken soll, indem neue Infrastruktur vorwiegend in Wüstengebieten bereitgestellt wird. Da Ägypten 99% des nationalen Wasserverbrauchs direkt oder indirekt aus dem Nil bezieht, steht dieser Fluß auch im Mittelpunkt der Aktivitäten im Bereich Wasser. Insbesondere die industriellen Abwässer werden näher untersucht und für einen großen Teil der Nilverschmutzung verantwortlich gemacht. Die Beeinträchtigung der Wasserqualität führt dabei nicht nur zu erhöhten Kosten bei der Trinkwasserbereitstellung, sondern auch zu negativen Auswirkungen auf Fischfang und weitere Nahrungsmittel. Neben diesen qualitativen Aspekten werden auch die quantitativen Gesichtspunkte mit großer Sorge betrachtet. Bei einem weiteren Anstieg des Wasserverbrauchs, der ohne entsprechende Gegenmaßnahmen bei einem Bevölkerungswachstum von 2,5% p.a. kaum vermeidbar ist, müßte nichterneuerbares Grundwasser angezapft werden. Um diesem Szenario entgegenzuwirken, plant die Regierung eine graduelle Erhöhung des Wasserpreises, so daß eine kostengerechte Wasserversorgung und -reinigung gewährleistet ist. Die vorgesehene Kommerzialisierung dieses Infrastrukturbereichs soll des weiteren die notwendigen Effizienzerhöhungen und Serviceverbesserungen mit sich bringen. Im qualitativen Bereich sollen vor allem realistische und durchsetzbare Schadstoffgrenzwerte per Gesetz definiert und die für ihre Einhaltung notwendigen technologischen Verbesserungen der industriellen Produktion von der Regierung unterstützt werden. In Anbetracht der zentralen Rolle, die die Ressourcen Land und Wasser für Ägypten spielen, hat die Regierung in diesem Bereich ihren umweltpolitischen Schwerpunkt gesetzt.
In Ägypten hat die Luftverschmutzung mittlerweile ein Stadium erreicht, in dem vor allem in Kairo und Alexandria bereits gravierende Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt festgestellt werden können. Vor allem die Konzentration von Rauch- und Staubpartikeln und die hohen Bleiwerte in der Kairoer Luft liegen weit über internationalen Standards. Die Industriegebiete nördlich und südlich Kairos (Heluan, Shoubra El-Kheima, Mustorod und Abu Zabaal) sowie östlich und westlich Alexandrias sind dabei besonders betroffen. Es handelt sich zudem noch um Stadtteile mit einer Bevölkerungsdichte von bis zu 80.000 Einwohnern pro km². Verkehr, Industrie und thermale Energieversorgung sind die Verursacher der Luftprobleme, mit denen sich Ägypten heute konfrontiert sieht. Neben den Energieverlusten in Staus auf ägyptischen Straßen sind vor allem der hohe Bleigehalt des Benzins zu bemängeln. Des weiteren verstärken die hohen Zölle auf neue Autos und Ersatzteile die Neigung, alte und damit energieuneffiziente Modelle weiter zu benutzen. Im industriellen Bereich werden insbesondere Energiesubventionen und geringe Mitarbeitermotivation im öffentlichen Sektor für extreme Rohstoff- und Energieverschwendung verantwortlich gemacht. Dieses Dilemma wird begleitet von einem Mangel an Filtertechniken oder sonstigen Umweltschutzmaßnahmen. Da 95% der stark verschmutzenden Industrie in den Gebieten um oder in Kairo und Alexandria produzieren, wird das Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung noch verstärkt. Der Energiesektor beruht zu 65% auf zum größten Teil stark schwefelhaltigem Öl. Weitere 25% werden durch Erdgas und die verbleibenden 10% durch Wasserkraft gedeckt. Vor allem die über internationalen Grenzwerten liegenden SO2-Werte sind auf diesen energiepolitischen Schwerpunkt zugunsten hoch schwefelhaltiger Öle zurückzuführen. Doch auch der Energieverbrauch an sich ist aufgrund der Subventionen in den letzten Jahren rapide angestiegen. Neben einer neuen Schwerpunktbildung bei der Energieproduktion zugunsten des umweltfreundlicheren Erdgases muß deshalb auch der Energieverbrauch selber eingeschränkt werden. Energiesubventionen sollen zu diesem Zweck bis 1995 abgeschafft werden. Die Einführung einer Benzinsteuer nach 1995 könnte die Regierung mit weiteren finanziellen Mitteln ausstatten, um die öffentlichen Verkehrsmittel zu verbessern und damit den Individualverkehr einzuschränken. Ebenso wird die Verringerung des Bleigehalts in Benzin von derzeitig 0,35 g/l auf 0,15 g/l geplant. Mit der Verabschiedung des neuen Umweltschutzgesetzes hat die Regierung auch im Bereich Luftverschmutzung realistische Grenzwerte und Vorschriften definiert, die, begleitet von einer Verlagerung industrieller Produktion aus den Stadtgebieten, auch zu einer Luftverbesserung beitragen werden.
Der städtische Abfall wurde 1990 auf 5,6 Millionen Tonnen oder 15.200 Tonnen pro Tag geschätzt. Dabei variiert die entsorgte Menge von 1015% in kleinen und mittelgroßen Städten bis zu 68% in Kairo. Aufgrund der besseren Wiederverwendbarkeit der Abfallzusammensetzung sind die Zahlen in den Wohngebieten für hohe und mittlere Einkommensschichten höher, wohingegen in armen Gebieten die Müllabfuhr dürftig oder gar nicht vorhanden ist. Der Charakter des Abfallproblems variiert somit von echten Gesundheitsschäden in Slums zu rein ästhetischen Beeinträchtigungen in den wohlhabenden Gegenden. Doch auch der abgeholte Müll wird vorwiegend in unkontrollierter Weise gelagert und damit nicht ordnungsgemäß entsorgt. Müllhalden, -verbrennungsanlagen oder Kompostieranlagen sind Mangelware in Ägypten. Für Krankenhaus- und Industrieabfälle gibt es noch keine eigenen Entsorgungswege. Ihre Vermengung mit Hausmüll stellt angesichts des infektiösen Mülls aus Krankenhäusern und der zum Teil giftigen Feststoffe aus der industriellen Produktion ein nicht zu vernachlässigendes Gesundheitsrisiko dar. Die ägyptische Umweltschutzbehörde plant deshalb Schritte, um möglichst schnell eine getrennte und sichere Entsorgung dieser Abfälle zu gewährleisten. Des weiteren sollen in den wohlhabenderen Wohngegenden die Gebühren für die Müllabfuhr erhöht werden, um die entstehenden Kosten bei der Entsorgung zu decken und die Abfallsammlung in ärmeren Gebieten zu finanzieren. Weitere Gebühren sollen bereits in den Preis von solchen Produkten integriert werden, die besonders ökologieschädlich und schwierig zu entsorgen sind (Ni-Cd-Batterien, Motoröle, quecksilberhaltige Farbe etc.).
Ägyptens Kulturdenkmäler einerseits sowie die schönen Sandstrände mit den vorgelagerten Korallenriffen andererseits erfreuen sich internationaler Berühmtheit und sind somit Grundlage für die $ 1 Milliarde, die jährlich durch den Tourismus in das Land fließt. Ägypten hat dadurch neben der moralischen Verantwortung auch ein ganz klares ökonomisches Interesse, diese Altertümer und Ökosysteme zu erhalten. Durch die Ausdehnung der Stadtränder werden Denkmäler sowohl von der damit verbundenen Luftverschlechterung als auch von einem Anstieg des Grundwasserspiegels aufgrund mangelhafter Kanalisation bedroht. Im Bereich der Küstengebiete erfordert insbesondere die z.T. unkontrollierte touristische Entwicklung schnelle Gegenmaßnahmen. Ebenso ist eine Verbesserung der Überwachungsmöglichkeiten von Ölförderung und -transporten notwendig. Des weiteren soll neben einer Verbesserung der Informationsgrundlage durch regelmäßige Untersuchungen von Denkmälern und bedrohten Gebieten vor allem die Kluft zwischen den bestehenden Gesetzen und ihrer Durchsetzung vermindert werden. Mit verstärkter lokaler Partizipation und erhöhter Eigenständigkeit der verantwortlichen Behörden plant man, diesem Ziel näherzukommen. Der Environmental Action Plan of Egypt ist mittlerweile fast zwei Jahre alt. Einige Schritte sind bereits in Richtung der vorgeschlagenen Maßnahmen unternommen worden, und das Inkrafttreten der neuen Umweltschutzgesetze im vergangenen Februar hat Ägypten ein enormes Stück nach vorn gebracht. Hoffentlich geht es weiter so!
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Umweltschutz im Entwicklungsland
Nr. 12/98, pp. 3436 Wer neu nach Ägypten kommt, wird schnell das Fehlen jeglichen Umweltbewußtseins bemerkt haben. Schlecht organisierte bis gar keine Müllentsorgung, direktes Einleiten von ungeklärten Abwässern und eine abgasgeschwängerte Luft sind allerdings nicht nur für Ägypten typisch Die Gründe dafür sind nicht nur mangelnder politischer Wille zur Verbesserung der Situation, sondern vor allem fehlende Finanzkraft für die nötigen Investitionen. Ägypten erlebt seit einigen Jahren ein enormes Wirtschaftswachstum. Neben extrem niedrigen Löhnen ist vor allem die bis vor kurzem nennen wir es mal sehr liberale Umweltgesetzgebung wohl der Hauptgrund, warum sich neben ägyptischen Firmen auch internationale Unternehmen hier engagieren. Bevorzugte Regionen sind die sogenannten "new communities", Satellitenstädte, die zur Entlastung von Kairo in einem Umkreis bis zu 100 km seit Ende der 70er Jahre in der Wüste errichtet worden sind. Als zusätzliche Investitionsanreize werden hier eine zehnjährige Steuerbefreiung und gewisse Zollerleichterungen gewährt. Auf Initiative des Staatspräsidenten wurde im Jahre 1994 das Gesetz Nr. 4 verabschiedet. Dieses Umweltgesetz ist überaus streng und legt die Höchstgrenzen sämtlicher Emissionen, die maximale Arbeitsplatzkonzentrationen von gesundheitsgefährdenden Stoffen sowie den Umgang mit und die Lagerung von Chemikalien fest. Dabei wurden meist die jeweils schärfsten europäischen oder nordamerikanischen Bestimmungen übernommen. Nach einer Übergangsfrist soll dieses Gesetz im Frühjahr 1998 endgültig in Kraft treten. Ich arbeitete seit Dezember 1995 als Umweltexperte am "Higher Technological Institute" (HTI), einer privaten Hochschule in der ältesten und größten der Satellitenstädte Tenth of Ramadan City (TRC). Mein Aufgabenfeld umfaßte die Ausbildung von Umweltingenieuren, den Aufbau und die Organisation eines Abwasserlabors sowie die umwelttechnische Beratung der Unternehmen in TRC. Gewöhnt an europäische Ausbildung dachte ich, den sehr interessierten Studenten die theoretischen Kenntnisse der Umwelttechnologie in Form von Vorlesungen darzubieten. Aber schon im Vorfeld mußte ich erkennen, daß diese Form der Lehre durch mangelnde Sprachkenntnis (Arabisch meinerseits, Englisch seitens der Studenten) zum Scheitern verurteilt war. So übernahm mein Counterpart diesen Teil der Ausbildung, und ich konzentrierte mich auf den praktischen Teil sowie die Betreuung von Semester- und Diplomarbeiten. Mit einer kleinen Versuchsanlage zur Behandlung von Abwässern können die Studenten Proben von Abwässern der hiesigen Industrie untersuchen und reinigen. Der modulare Aufbau gestattet es, die Anlage den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Als ideale Ausgangssituation für die Beratung der Industrieunternehmen auf dem Gebiet der Abwasserbehandlung sah ich das oben erwähnte Umweltgesetz an und erwartete folglich einen Ansturm von Anfragen. Diese blieben allerdings, zumindest in den ersten Monaten, aus. Was nützt denn auch das schönste Gesetz, wenn es an Kontrollmöglichkeiten fehlt und wenn die Unternehmer auf Grund ihres politischen Einflusses nicht zu Unrecht davon ausgehen können, daß dieses Gesetz gerade für sie nicht zutrifft. Die Kontrollbehörde, die "Egyptian Environmental Affairs Agency" (EEAA) eine Art Umweltpolizei befindet sich noch im Aufbau, und es scheint fraglich, ob dieser mit dem endgültigen Inkrafttreten des Umweltgesetzes abgeschlossen sein wird. Aber die neuen Bestimmungen lassen es zu, daß lokale Behörden und Gouverneure regionale Regelungen erlassen und diese auch kontrollieren. So suchte und fand der Magistrat von TRC im Sommer 1996 einen großen Textilbetrieb mit stark verschmutzten Abwässern und wenig politischem Einfluß. Dieser bekam die ganze Kraft des neuen Gesetzes zu spüren und mußte unter Androhung der Produktionsschließung die in die öffentliche Kanalisation eingeleiteten Abwässer gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vorreinigen. Darüber hinaus gab es eine Geldstrafe von 20.000 Pfund (ca. 10.000 DM). Dieser Vorgang wirkte wie eine Initialzündung. Plötzlich interessieren sich auch Firmen, die noch vor einigen Monaten nach eigenen Angaben überhaupt kein Abwasser produzierten, für Reinigungsanlagen in der Größenordnung von täglich einigen hundert Kubikmetern. Für die wirtschaftlich gesunden Firmen wird die Implementierung dieser Technologie kein großes Problem darstellen. "Sorgenkinder" sind allerdings die kleinen Betriebe, die unter manchmal verheerenden Bedingungen, was die Arbeitsplatzsicherheit, aber auch die Umweltbelastung betrifft, produzieren. Hier wollen wir im Rahmen von Diplom-Arbeiten das Potential unserer Studenten nutzen und billige ortsangepaßte Verfahren zur Produktionsoptimierung und zur Abwasserreinigung implementieren. Dabei ist eine wesentliche Hürde zu überwinden. Aus nachvollziehbaren Gründen sehen die Kleinunternehmer nicht ein, warum gerade sie in die Umwelttechnik investieren sollen, wenn es der Nachbar nicht tut. Durch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit und mit Unterstützung der oben erwähnten Maßnahmen, die die Behörden vom TRC ergriffen haben, bröckelt die Front. Auch in zehn Jahren wird Ägypten wohl noch kein Vorreiter im Umweltschutz sein. Aber der Anfang ist gemacht. In den Medien kommt dieses Thema häufiger zur Sprache, die Regierung hat den Ernst der Lage erkannt; der Tourismus als wichtigster wirtschaftlicher Zweig verlangt nach einer intakten Umwelt.
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"Hemaya" gewinnt an Einfluß
Nr. 1112/99, pp. 3739 Die Nichtregierungsorganisation (NRO) "Hemaya" ist eine der 28 aktiven Umweltorganisationen in Ägypten und arbeitet auf dem Sinai im Bereich zwischen Nuweiba und Taba. In den vergangenen Ausgaben des Papyrus berichteten wir wiederholt über ihre Aktivitäten im Umweltschutz. Die Organisation wurde am 1. Juli 1996 gegründet und ein Jahr später im Ministerium für Soziale Angelegenheiten unter der Nr. 46/1997 registriert. Sie findet immer mehr Anerkennung in ihrem Wirkungsbereich. Drei erste Ziele hat sie inzwischen weitgehend erreicht:
Sherif El Ghamrawy, einer der Gründer der Organisation, ist inzwischen
allseits als Umweltexperte anerkannt.
Die "Hemaya" erreichte beim Bürgermeister, dass Kabeltrommeln, die lange Zeit Teile eines Fußgängerweges in Nuweiba blockierten, entfernt und der Fußgängerweg seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde. Der Bürgermeister selbst wurde aktiv, als er sah, wie ein Traktor mit Anhänger, vollbeladen mit Müll, in die Wüste fuhr. Er verfolgte den Mann. Als dieser merkte, dass er beobachtet wurde, kuppelte er den Anhänger ab, ließ ihn stehen, fuhr mit seinem Traktor, so schnell er konnte, zurück und verbarrikadierte sich in einem Hotel. Das Management des Hotels stritt ab, dass es ihr Müll sei, der da entsorgt werden sollte. Daraufhin drohte der Bürgermeister den Anhänger, der demnach ja niemandem gehöre, abzubrennen. Dies tat er dann auch. Die Folge dieser konsequent durchgeführten wenn auch sicher nicht sehr umweltfreundlichen Aktion war, dass sich auch dieses Hotel mittlerweile zu einem Vertrag mit der Müllsammelstation entschloss. Manchmal bedarf es offenbar einiger unkonventioneller Maßnahmen zur Durchsetzung von Umweltschutzmaßnahmen. Bisher bezahlen leider nur Hotels und Caféterien für ihre Müllabfuhr. Weder die Gemeinde noch private Haushalte beteiligen sich an den entstehenden Kosten. Zusätzliche Einnahmen hat die "Hemaya" aus dem Verkauf des recyclebaren Mülls an die Mülleute in Mokattam. Man bemüht sich um weitere Abnehmer, um höhere Preise für die Wertstoffe zu erzielen. Das Umweltministerium bat inzwischen die "Hemaya" um Zusendung ihres Konzeptes zur Müllabfuhr und der Kosten-/Nutzenrechnung, um dieses System auch andernorts einzusetzen. Die ägyptische "Tourism Development Authority" (TDA) wird nicht weit vom Basata-Gelände entfernt ein Grundstück zur Einrichtung eines "Ecolodge Centers" zur Verfügung stellen, in dem den Bewohnern des Sinai, den Angestellten der Tourismusunternehmen, aber auch Touristen die Besonderheften der Ökosysteme Wüste und Korallenmeer zu Bewusstsein gebracht werden sollen. Sherif El Ghamrawy und die "Hemaya" planen ein Umweltforschungs- und Besucherzentrum und eine Fortbildungsstätte für Angestellte im Hotelgewerbe. Darüber hinaus sollen dort Beduinen die Möglichkeit erhalten, ihre traditionellen Kulturtechniken und ihr Kunstgewerbe zu betreiben und vorzustellen. Eine Anthropologin (Ehemalige der DSB Alexandria) ist in die Vorbereitung dieses Projekts eingebunden. Ramy El Dahan Architekt und Spezialist für ökologische Bauweise im traditionellen ägyptischen Stil ist mit der Planung der Anlage betraut. Sherif El Ghamrawy engagiert sich schon seit 1986 ganz besonders für die Belange der Beduinen und genießt bei ihnen ebenso wie bei den Behörden und Gemeindevertretern hohes Ansehen. Die Beduinen, lange Zeit die einzigen Bewohner des Sinai, fragen ihn häufig um Rat und bitten ihn bei Verhandlungen mit Regierungsvertretern dabei zu sein. So war er auch an Gesprächen beteiligt, die die Regierungsvertreter mit Beduinen bezüglich ihrer Landansprüche führten. Mitte der 80er Jahre erklärte die Regierung alles nicht kultivierte Land außerhalb der Städte zum Staatsbesitz, war aber bereit, Landansprüche der Beduinen anzuerkennen. Nach Angaben El Ghamrawys versäumten es trotz häufiger Aufforderungen seitens der Behörden leider einige Beduinenfamilien, ihre Ansprüche anzumelden. Deshalb komme es jetzt zu Konflikten mit den Investoren, die Land von der Regierung erworben haben. Während der Sommermonate wurden im Bereich Nuweiba zwei Beduinencamps niedergerissen, die dort errichtet worden waren, ohne dass die Eigentumsverhältnisse vorher geklärt wurden. In der Presse wurde allerdings die Meinung geäußert, dass Baugenehmigungen für die wertvollen Strandabschnitte eher an geldbringende Investoren und ihre 5-Sterne Hotels vergeben würden, als an Beduinen, die nur Rucksacktouristen in einfachen Strohhütten beherbergten. Die betroffenen Beduinenfamilien erhielten jetzt offenbar Ersatzleistungen in Form von Geld oder Land. Der ehemalige Besitzer eines solchen abgerissenen Camps habe zwar einen neuen kleineren Strandabschnitt bekommen, es fehle ihm aber jetzt das Geld für die Errichtung einer neuen Anlage. Inzwischen scheinen staatliche Umweltschützer, in diesem Fall Ranger des Naturschutzparks Ras Mohammed, angewiesen worden zu sein, Umweltgesetze verschärft durchzusetzen. Ironischerweise traf im Anschluss an die Oktoberferien der deutschen Schulen in Ägypten ausgerechnet Sherif El Ghamrawy von Basata der harte Arm des Gesetzes. Er wurde vorgeladen, um zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, die Bestimmungen zum Schutz der Uferlinien und der Strandflora und -fauna dadurch verletzt zu haben, dass er gestattete, dass Campingbusse direkt am Strand Aufstellung nahmen, wie dies seit Jahren geschieht. El Ghamrawy konnte dem Staatsanwalt eine entsprechende Nutzungsgenehmigung vorweisen, musste sich jedoch verpflichten, nach der Auswertung der "Schadenserhebung" durch die Ranger eine neue Genehmigung durch die Naturschutzbehörde zu erwirken. Wegen massiver Verletzung der Strandlinien durch Baumaßnahmen wurden allerdings bei anderen Unternehmen (z.B. Orascom, Abdel Fotouh) Baustopps verfügt und hohe Geld- oder sogar Freiheitsstrafen verhängt. Die "Hemaya" hofft, dass die Rangers weiterhin konsequent Vergehen ahnden und auch staatliche Behörden, wie z.B. die Wasserschutz- und Umweltpolizei, die ihr Gebäude nur 6 m von der Uferlinie gebaut haben und außerdem ständig mit ihren Jeeps auf Pisten am Strand entlang fahren, auf ihre Umweltsünden hinweisen.
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