Religion: christliche Kirchen
Die christlichen Kirchen des Ostens
Nr. 12/85, pp. 26
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Christentum in Aegypten
Nr. 12/85, pp. 712 In der Apostelgeschichte 18,2428 lesen wir von einem Juden mit Namen Apollos, der aus Alexandria stammte und in der Synagoge von Ephesus mit großem Eifer die Lehre von Jesus vortrug. Da er nur die Taufe des Johannes kannte, nahm ihn das mit Paulus befreundete jüdische Ehepaar Priscilla und Aquila zu sich und "legte ihm den Weg des Herrn noch genauer dar". Als Apollos nach Achaia gehen wollte, ermunterten ihn die Brüder dazu und schrieben den dortigen Jüngern, sie sollten ihn freundlich aufnehmen. Die Episode mit Apollos zeigt, daß das Christentum sehr früh Eingang in Ägypten fand. Die ägyptische Tradition weist darauf hin, daß der Evangelist Markus das Christentum nach Ägypten brachte. In der Folgezeit gingen von der ägyptischen Kirche wichtige Impulse für das
Christentum aus:
Der Bischof Athanasios von Alexandria (295373), den die koptische Kirche in ihrer Liturgie als den "apostolischen" kommemoriert, war ein Vorkämpfer der Rechtgläubigkeit. Schon als Diakon hatte er den Alexandriner Bischof auf das Konzil von Nicäa (325) begleitet. Er stritt gegen den Irrglauben der Arianer und wurde mehrmals in seinem Leben verbannt. Aus seinen zahlreichen Schriften stammt auch eine Lebensbeschreibung des heiligen Antonius, des ägyptischen Mönchsvaters. Antonius (251356) stammt aus Mittelägypten und begann in jungen Jahren ein asketisches Leben. Er ließ sich schließlich in der Wüste am Roten Meer nieder, wo er in einer Höhle lebte und viele Schüler hatte. Sein Beispiel eines asketischen Lebens fand viele Nachahmer, u.a. in der Scetis (Wadi el-Natrun), wo die bekanntesten Väter Makarius der Große, Arsenius, Bishoi, Johannes Kolobos, Poimen u.a. waren. Ihre Aussprüche sind in den Apophthegmata Patrum (Vätersprüche) gesammelt und noch heute lesenswert. Der Patriarch und Kirchenlehrer Kyrillos von Alexandria war eine führende Persönlichkeit auf dem dritten Ökumenischen Konzil von Ephesus (431). Er setzte die Verurteilung des Nestorios von Konstantinopel und seiner Anhänger durch.
Bei diesem Konzil im Jahr 451 ging es um christologische Fragen. Eutyches, ein Archimandrit (Klostervorsteher) aus Konstantinopel hatte gelehrt, daß im Gottmenschen Jesus Christus nur eine "Natur" zu sehen sei, nämlich die göttliche. Zu seinen Befürwortern gehörte auch der Patriarch Diokoros von Alexandria, ein Neffe von Kyrillos. Eutyches wurde schließlich verbannt und Diokoros und seine Anhänger auf dem Konzil von Chalzedon exkommuniziert. Damit war der Alexandriner Patriarch und die hinter ihm stehende ägyptische Teilkirche von der allgemeinen Kirchengemeinschaft getrennt. Man bezeichnete sie als "Monophysiten", d.h. Anhänger der Einnaturen-Lehre. Die Araber, die Ägypten im 7. Jh. eroberten, nannten sie "Qipt", eine Arabisierung des griechischen "Aigyptos". Aus Qipt wurde dann "Kopten". Die Kopten bestreiten bis heute, echte Monophysiten zu sein, wenn sie auch an der von Kyrillos geprägten, mißverständlichen Formel von "der einen Natur des fleischgewordenen Logos" festhalten. Die heutige westliche Theologie sieht in der koptischen Lehre allenfalls einen Verbalmonophysitismus, d.h. keine Abweichung in der Lehre, sondern nur in der Terminologie. Bei der Kirchentrennung im 5. Jh. spielte auch der politische Gegensatz zwischen Ägypten und Byzanz eine maßgebende Rolle. Aber seit dem Konzil von Chalzedon gibt es bis heute zwei Patriarchen von Alexandria, den koptischen und den orthodoxen. Der Amtstitel des koptischen lautet: "Papst und Patriarch der großen Stadt Alexandria, von ganz Ägypten, von Jerusalem, der Heiligen Stadt, von Nubien, Äthiopien und Pentapolis". Der jetzige Titular ist Schenuda III. Der orthodoxe Patriarch nennt sich "Papst und Patriarch von Alexandria und ganz Afrika." Der jetzige Patriarch ist Nikolaos VI., der in Alexandria, St. Saba residiert. Bis zur Eroberung Ägyptens durch die Araber konnte der koptische Patriarch nicht in Alexandria residieren, sondern lebte zeitweise im Wadi el-Natrun. Zuerst erfreuten sich die Kopten seitens der muslimischen Araber weitgehender Toleranz, wurden aber in nachfolgenden Jahrhunderten unterdrückt, besonders durch den fatimidischen Kalifen El-Hakim. Bis zum 19. Jh. waren sie Dimmis, d.h. Schutzbefohlene, und erst unter Mohammed Ali und seinen Nachfolgern erhielten sie die Gleichberechtigung.
Heute stellen die Kopten die größte Kirchengemeinschaft im Nahen Osten dar. In Ägypten werden sie auf ca. 10% der Gesamtbevölkerung geschätzt. Mehr als die Hälfte der Kopten lebt in Oberägypten, vor allem in den Provinzen Assiut und El-Minya. Viele sind in der Landwirtschaft tätig. Es besteht aber ein starker Trend zur Abwanderung in die Großstädte, vor allem nach Kairo und Alexandria. In den Städten sind die Kopten in allen Berufszweigen vertreten. Es gibt auch starke koptische Auslandsgemeinden, in den USA, Kanada, Australien und Europa. In der Bundesrepublik Deutschland befinden sich koptische Gemeinden in Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Stuttgart, München und Berlin. Seit 1980 besteht ein Koptisches Zentrum im St. Antoniuskloster in Kröffelbach im Taunus.
In der Liste der koptischen Patriarchen steht Dioskoros an 25. Stelle. Der jetzige Patriarch Schenuda III. ist der 117. Patriarch. Bei der Wahl des Patriarchen wirken die Bischöfe, gewählte Priester und koptische Laien mit. Sie wählen einige Kandidaten, aus denen durch Losentscheid in der Kathedrale der neue Patriarch bestimmt wird. Das oberste geistliche Leitungsgremium der koptischen Kirche ist der heilige Synod, die Versammlung aller koptischen Metropoliten und Bischöfe. Daneben gibt es noch ein Laiengremium, den Maglis al-milli, dem es obliegt, zusammen mit dem Patriarchat die finanziellen und zivilen Angelegenheiten der koptischen Gemeinschaft zu überwachen.
Der Kern der koptischen Meßfeier geht auf die alte ägyptische Liturgie in griechischer Sprache zurück. Die Hauptliturgie ist die des heiligen Basilius des Großen. Dabei haben die Kopten drei Anaphoren, die des heiligen Kyrillos, des heiligen Basilius und des heiligen Gregorios Theologos. Liturgiesprache ist Koptisch und Arabisch mit vielen griechischen Elementen. Die koptische Sprache ist das Ägyptische in seiner letzten Phase. Beim Koptischen kennt man fünf Dialekte, wobei die wichtigsten der saidische (Oberägypten) und der bohairische (Unterägypten) sind. Der bohairische Dialekt wurde im 11. Jh. offizielle Kirchensprache. Zu dieser Zeit wurde auch das Patriarchat von Alexandria nach Kairo verlegt. Allerdings wurde in dieser Zeit Koptisch als Literatursprache vom Arabischen verdrängt. Koptisch wird mit griechischen Buchstaben geschrieben unter Verwendung von sieben Sonderzeichen, die der demotischen Schrift entlehnt sind, um solche Laute darzustellen, die das Griechische nicht hat. Die koptische Kirche kennt 7 Sakramente: Taufe, heilige Salbung, Buße, Krankensalbung, Ehe und Priesterweihe. Die Taufe bedeutet Tod und Auferstehung mit Christus. Deshalb wird das Kind dreimal untergetaucht. Buben werden 40 Tage nach der Geburt getauft, Mädchen nach 80 Tagen. Die Beschneidung deutet symbolisch die Taufe an. Deshalb verbietet die koptische Kirche sie nach der Taufe. Nach altem Brauch wurden daher früher die koptischen Buben vor der Taufe beschnitten. Im Anschluß an die Taufe ist die Myronsalbung (Firmung). Dabei zeichnet der Priester auf 36 Körperteilen ein Kreuz. Danach empfängt das kleine Kind die Kommunion. Der Priester taucht den Finger in den konsekrierten Wein und berührt damit die Zunge des Kindes. Bei den Kopten wird die Kommunion unter beiderlei Gestalten gespendet. Den Erwachsenen wird empfohlen, vor dem Empfang der Kommunion zu beichten. Vor dem Kommunionsempfang sollen Priester, Diakone und Gläubige neun Stunden fasten. Die koptische Krankensalbung ist mit einer Beichte verbunden. Nach dem Ritus werden auch alle Anwesenden gesalbt. Bei der Eheschließung müssen Braut und Bräutigam vor dem Altar und der ganzen Gemeinde erklären, daß sie aus freiem Willen einander heiraten wollen. Beide werden mit Öl gesalbt zum Zeichen, daß sie vor Gott und den Menschen eins geworden sind. Gemeinsam mit den anderen östlichen Riten ist auch die Krönung des Brautpaars. Da in der koptischen Kirche Patriarch und Bischöfe aus dem Mönchstand kommen, ist die Kirche durch das Mönchtum stark geprägt. Noch heute existieren 8 Mönchsklöster in der Wüste und einige Nonnenklöster, meist in Kairo.
Die katholischen Kopten gehören zu den unierten orientalischen Kirchen, die den Jurisdiktionsprimat des römischen Papstes anerkennen. Ihre Einheit mit der Römisch-katholischen Kirche ist durch eine Übereinstimmung mit der katholischen Glaubenslehre gekennzeichnet. Die unierten Kirchen unterstehen der Kongregation für die orientalischen Kirchen. Seit dem Mittelalter gab es immer wieder Unionsversuche zwischen der Kirche von Rom und den Kopten, so 1443 beim Konzil von Florenz, 1594, als der koptische Patriarch Gabriel VIII. sich zum katholischen Glauben bekannte und 1815. Eine Union kam aber nicht zustande. Im 17. Jh. wurde durch die römische Kongregation der Glaubensverbreitung in Oberägypten eine Missionspräfektur mit dem Sitz in Akhmim gegründet und den Franziskanern anvertraut. Im Jahr 1741 trat der koptische Bischof von Jerusalem, Anba Athanasios, zur katholischen Kirche über und wurde daraufhin zum apostolischen Vikar für die ägyptischen Kopten ernannt. So existierten zwei Leitungsorganisationen für die unierten Kopten, das apostolische Vikariat mit einheimischen Priestern und die Missionspräfektur für Oberägypten mit den Franziskanern. 1895 begründete Papst Leo XIII. mit seinem apostolischen Schreiben "Christi Domini" das Koptisch-Katholische Patriarchat von Alexandria. Jetzt gab es drei Patriarchen von Alexandria, den Koptisch-Othodoxen, den Griechisch-Orthodoxen und den Koptisch-Katholischen. Ägypten wurde in drei koptisch-katholische Diözesen eingeteilt: die Patriarchaldiözese von Alexandria mit Unterägypten, die Diözese von Hermopolis Magna (El-Minya) und die Diözese von Theben (Luxor). Aus der Diözese von Theben gingen Lycopolis (Assiut) und Sohag hervor, und vor einigen Jahren wurde aus der Patriarchaldiözese noch Ismailiya (Kanalzone und Sinai) ausgegliedert. Seit 1958 ist Stephanos I. Sidarous Patriarch der Koptisch-Katholischen Kirche, seit 1983 noch Ehrenprimas. Die Patriarchalgeschäfte werden vom Bischof von Theben-Luxor geführt. Die Koptisch-Katholische Kirche hat nach Schätzung ca. 120.000 Gläubige, von denen der größte Teil in Oberägypten lebt. Aus der Missionspräfektur ist die Franziskanervikarie von Oberägypten hervorgegangen, die vom lateinischen Ritus zum koptisch-katholischen übergetreten ist und im Dienst der koptisch-katholischen Gläubigen steht. Die Koptisch-Katholische Kirche unterhält ein Seminar für die Priesterausbildung, das sich seit 1953 in Maadi befindet. In der Koptisch-Katholischen Kirche gibt es keine Mönchsklöster wie bei den Orthodoxen. Die koptisch-katholischen Priester sind Säkularpriester oder gehören römisch-katholischen Orden an. Es besteht aber eine koptisch-katholische Schwesternkongregation, die Schulen in Kairo, Alexandria und Oberägypten hat. In Kairo besteht ein Katechetisches Institut für die Aus- und Weiterbildung von Religionslehrern, in El-Minya ein Bibelinstitut. Daneben existieren verschiedene Wohltätigkeitsvereinigungen für die Unterstützung der Armen. Die Koptisch-Katholische Kirche ist eine relativ kleine Gemeinschaft geblieben. Inzwischen sind die Beziehungen zur Koptischen Kirche besser geworden. Die Orthodoxen sind aber der Meinung, daß die unierten Kopten richtigerweise zu ihnen gehören müßten. Daher ist die Existenz der Koptisch-Katholischen Kirche ein gewisses Hindernis bei den ökumenischen Gesprächen zwischen Kopten und Katholiken.
Die Entstehung der Koptisch-Evangelischen Kirche geht auf die Missionsarbeit der "United Presbyterian Church of North America" zurück, die 1854 begann. Als erste Missionare trafen in Ägypten ein: Rev. James Barnett, der vorher Missionar in Damaskus gewesen war, und Rev. Thomas McCague aus den USA. Bis zu diesem Zeitpunkt befanden sich schon einige protestantische Missionen in Ägypten, u.a. eine schottische und eine englische Judenmission und die "Church Mission Society". 1856 kam Dr. Giulian Lansing nach Ägypten und blieb in der Mission bis zu seinem Tod 1892. Zu den weiteren Pionieren der amerikanischen Mission gehören noch Dr. John Hogg, der ursprünglich in Alexandria eine Schule für die "Scotch Mission Society for the Conversion of the Jews" gegründet hatte, sich aber 1860 der amerikanischen Mission anschloß, und Dr. Andrew Watson, dessen Sohn Dr. Charles Watson die "Amerikanische Universität in Kairo" gegründet hat. Die amerikanischen Missionare konzentrierten sich in ihrer Arbeit auf die Koptische Kirche, die für sie bedauernswert korrumpiert und weit entfernt vom wahren Christentum war. Insbesondere wurden die koptische Meßliturgie, das Beharren auf Kirchenvätern und Konzilen, die Marien- und Heiligenverehrung als sektiererisch angesehen. Die Amerikaner gründeten die ersten Gemeinden in Kairo und Alexandria. Sie hielten Gottesdienste, bald auch in arabischer Sprache, eröffneten Schulen und widmeten sich besonders der Bibelarbeit. Daher organisierten sie auch einen Verkauf von religiösen Büchern und Bibeln. Für ihre Missionstätigkeit benutzten sie ein Nilboot, die "Ibis", und hielten an jeder Anlegestelle religiöse Vorträge, Bibelgespräche und besuchten interessierte Einheimische. Dr.Hogg begann die Missionsarbeit in Oberägypten und gründete die Missionsstation in Assiut. Sein Name ist vor allem mit dem "Assiut Training College" verbunden, das 1870 mit seiner Arbeit begann und eine der bedeutendsten höheren Bildungseinrichtungen in Oberägypten wurde. Viele Pfarrer der Coptic Evangelical Church erhielten hier ihre Ausbildung. Eine entsprechende Einrichtung für Mädchen, das "Pressly Memorial Institute", wurde ebenfalls in Assiut von der Missionarin Miss McKown gegründet und geleitet. Die Mission sprach viele gebildete Kopten an, die zu dieser Zeit mit ihrer Kirche unzufrieden waren. 1860 wurde in Ägypten ein Presbytery gegründet, dem entsprechend der presbyterianischen Kirchenverfassung nicht nur die ordinierten Pfarrer, sondern auch die Gemeindeältesten, die ebenfalls ordiniert werden, angehörten. Das Presbytery war zunächst für alle Amtsgeschäfte der Mission zuständig. 1871 gründeten die Missionare eine Mission Association, welche die Missionsgelder verwaltete. Seither war das Prebytery nur noch für die rein kirchlichen Angelegenheiten zuständig. Es wurden nach und nach einheimische Pfarrer, Prediger, Lehrer und weitere kirchliche Mitarbeiter bestellt, bis die Koptisch-Evangelische Kirche in die volle Verantwortung der Einheimischen übergehen konnte. Mit dem College in Assiut wurde auch ein Theologisches Seminar in Kairo eröffnet, dessen erste Professoren die Missionare Drs. Lansing, Hogg und Watson wurden. Bis 1977 hatte die Koptisch-Evangelische Kirche acht Presbyterien, die man als Regionalsynoden bezeichnen kann. Das oberste Koordinationsgremium ist die "Synod of the Nile". Der Vorsitzende hat die Amtsbezeichnung "Moderator" und wird auf ein Jahr gewählt, der Generalsekretär der Synode auf vier Jahre. Der Verkauf religiöser Bücher obliegt heute der "Bible Society in Egypt". 1977 gab es in Kairo 23 Gemeinden. Die älteste befindet sich in Ezbekiya, die mitgliederstärkste in Faggala. In ganz Ägypten befanden sich 1977 200 Gemeinden (organized congregation), daneben noch religiöse Zentren. Die Mitgliederzahl liegt etwa bei 300.000. Die Sozialarbeit der Koptisch-Evangelischen Kirche wird von der "Coptic Evangelical Organization for Social Service" (CEOSS) geleistet. Sie führen besonders auf dem Land Alphabetisierungskampagnen, Projekte zur Verbesserung der Landwirtschaft und hauswirtschaftliche Kurse durch. Literatur:
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Fasten in der Koptisch-Orthodoxen Kirche
Nr. 34/2001, pp. 1719
Fasten als religiöse Praxis ist in vielen Religionen verbreitet. Auch im Judentum waren Fastentage und Fastenperioden vorgeschrieben, die auch von Jesus und seinen Jüngern eingehalten wurden. Die junge Kirche hat diese Praxis aufgenommen. In den westlichen Kirchen wurde das Fasten fast gänzlich in die individuelle Verantwortung des Christenmenschen entlassen, obschon es gerade in der katholischen Kirche auch weiterhin Fastenvorschriften gibt. In den Ostkirchen wird sowohl das individuelle als auch das gemeinschaftliche Fasten gepflegt, wobei sich die verschiedenen Ostkirchen in der genauen Ausgestaltung der Fastenregeln unterscheiden. Modell des christlichen Fastens ist das Fasten Jesu. Er ging nach der Taufe im Jordan durch Johannes für vierzig Tage in die Wüste und fastete. Genauso gehen in der koptischen Kirche frisch geweihte Priester für vierzig Tage Fasten und Gebet in ein Kloster, bevor sie ihren Dienst in einer Kirche antreten. Auch die Propheten des alten Testamentes fasteten. Als besonderen Hinweis auf die Kostbarkeit des christlichen Fastens wird in der koptisch-orthodoxen Fastenspiritualität gewertet, dass bei der Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor zwei Propheten aus dem Alten Testament mit Jesus erscheinen, die wie er vierzig Tage gefastet haben, nämlich Moses vor dem Empfang der Gesetzestafeln und Elia vor seiner Himmelfahrt im Feuerwagen. Dadurch hat Christus gezeigt, dass Fasten kein Entzug, oder eine Einschränkung für den Körper ist, sondern es ist eher eine Sublimation mit unserem Herrn auf dem Berg Tabor, die uns fähig macht, uns seiner Ehre zu erfreuen, die er in uns offenbar gemacht hat. (Malaty S. 223)
Fasten ist ein Geschenk Gottes (Schenouda S. 15) und daher weist die Kirche auch die Gläubigen an, in bestimmten Zeiten zu fasten. Die Fastenregeln sind jedoch nicht rigide, wer krank ist, wer auf Reisen ist, und Kinder sollen nicht oder nur nach ihrem Vermögen fasten. Wobei nicht jeder einfach nach seinem Gutdünken sich selber von den Fastenvorschriften dispensiert, sondern den Rat seines Beichtvaters einholt.
Schon aus der Urkirche stammt der Brauch, an zwei Wochentagen zu fasten, nämlich am Mittwoch und Freitag, weil an diesen Tagen Jesus Christus verraten bzw. gekreuzigt wurde. An diesen Tagen werden keine Fleischspeisen, keine Milchspeisen und kein Fisch gegessen. Es gilt auch totale Enthaltsamkeit bis zum mit dem Beichtvater abgesprochenen Zeitpunkt, nämlich von Mitternacht bis spätestens der Liturgiefeier oder dem Abendgebet d.h. dem Sonnenuntergang. Totale Enthaltsamkeit heißt weder Essen noch Trinken. Die gleiche Fastenpraxis gilt für die große Fastenzeit vor Ostern, die insgesamt 55 Tage umfasst. Besonders in der Karwoche und speziell von Karfreitag bis zum Ostermorgen wird die totale Enthaltsamkeit möglichst ausgedehnt. Diese Fastenzeit setzt sich zusammen aus den vierzig Tagen, die auch Jesus gefastet hat, der Karwoche und einer Vorbereitungswoche, die die acht Samstage ausgleicht, an denen keine totale Enthaltsamkeit geübt wird. Denn am Samstag und sowieso am Sonntag, dem wöchentlichen Gedächtnis der Auferstehung, wird keine totale Enthaltsamkeit geübt. Die vierzig Fastentage wurden schon in der frühen Kirche als Vorbereitung auf die Taufe von den Taufkandidaten (Katechumenen) gefordert und wurden dann vor die Fastentage der Karwoche gesetzt und sind in anderen Kirchen zum Teil mit diesen verschmolzen worden.
Auch andere Feste im Kirchenjahr haben ein Vorbereitungsfasten in der koptisch-orthodoxen Kirche. So werden vor Weihnachten, das wegen der Kalenderverschiebung durch die Reform Papst Gregors auf den 7. Januar und in Schaltjahren auf den 8. Januar fällt, 43 Tage gefastet. In dieser Fastenzeit erlaubt die koptisch-orthodoxe Kirche jedoch das Essen von Fisch, damit in der Winterzeit der Körper zu den notwendigen tierischen Eiweißen kommt. Zu den ursprünglich vierzig Tagen kamen im 10. Jahrhundert noch weitere drei Tage in Erinnerung an das Fasten vor dem Versetzen des Mokattamberges in der Herrscherzeit Moezz el-Dins. Vom Osterfest bis Pfingsten wird in der koptisch-orthodoxen Kirche nicht gefastet, weil dies eine Zeit der Freude ist; auch die wöchentlichen Fastentage Mittwoch und Freitag fallen in dieser Zeit weg. Am Pfingstmontag beginnt dann das Apostelfasten, das bis zum Fest der Apostelfürsten Peter und Paul (12. Juli) dauert. Es soll die Seele mit Verlangen füllen, das Wort mit apostolischem Denken zu predigen (Malaty S. 231).
Zwei Wochen vor der Großen Fastenzeit werden die drei Tage des Ninivefastens von Montag bis Mittwoch eingehalten. Sie erinnern an das Fasten des Volkes der Stadt Ninive, das das drohende Zorngericht Gottes abgewendet hat und an die drei Tage des Propheten Jona im Bauche des Wales. Diese drei Tage werden von vielen Kopten besonders streng beachtet, weil sie die drei Tage Jesu Christi im Bauche des Todes vorwegnehmen.
Vor dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel (22. August) gibt es fünfzehn Fastentage, die auch von vielen Muslimen mitgemacht werden. Sie verehren ja Maria als Mutter des Propheten Jesus und haben im Gegensatz zu vielen westlichen Christen z.B. auch mit der Jungfrauengeburt keine Probleme. Einen besonderen Platz hat jeweils auch der Vorbereitungstag (Paramon) vor Weihnachten und Epiphanie (19. Januar bzw. 20. Januar in Schaltjahren). An diesen beiden Tagen wird möglichst gefastet von Mitternacht bis zum Abendgebet und damit zum Sonnenuntergang. Wie kostbar diese Fastentage sind, zeigt sich auch daran, dass das Fasten, falls dieser Tag auf einen Samstag oder Sonntag fallen sollte, schon am Freitag beginnt, um eben totale Enthaltsamkeit bis zum Sonnenuntergang zu erlauben (Malaty S. 232).
Neben diesem gemeinschaftlichen Fasten, das im Jahreslauf mehr als 200 Tage umfasst, gibt es noch individuelle Fastentage, wie die schon erwähnten vierzig Fastentage nach der Priesterweihe. Als Vorbereitung auf die Kommunion und damit auf die innige Begegnung mit dem Herrn und Gott Jesus Christus üben die koptisch-orthodoxen Christen während neun Stunden totale Enthaltsamkeit. Auch andere kirchliche Sakramente werden vom Fasten begleitet, so fastet der Priester bevor er das Krankenöl austeilt. Papst Schenouda III. wünschte sich auch, dass die Christen sich auch durch Fasten auf das Sakrament der Beichte vorbereiten würden. "Da jedoch die Kirche danach strebt, die Sünder jederzeit mit ihrer Reue zu empfangen, hat sie Fasten nicht als Bedingung dafür gesetzt." (S. 18) Der Bischof fastet nach seiner Weihe ein ganzes Jahr lang. In Absprache mit dem Beichtvater fasten koptische Christen auch vor besonderen Entscheidungen oder in persönlich schwierigen Zeiten. Das körperliche Fasten ist bei all diesen Fastenregeln und -Gelegenheiten nur der äußere Ausdruck einer inneren Zeit der Umkehr und Neuausrichtung auf Gott und seine Botschaft, die mehr als durch das Fasten durch intensives Beten geprägt ist. Leider haben diese spirituellen Aspekte des Fastens der koptisch-orthodoxen Christen in diesem Beitrag kaum entwickelt werden können, dem geneigten Leser möchte ich dazu das kleine Bändchen von Papst Schenouda III. empfehlen. Zum Abschluss sei hier nur das Gebet des Priesters zum Brotbrechen in der Liturgie in der Großen Fastenzeit angeführt, das die wichtigsten Situationen in der Bibel und dem Leben der Kirche aufzählt, in denen Fasten und Gebet Großes bewegt haben.
Verwendete Literatur:
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Die griechisch-orthodoxe Gemeinde in Ägypten
Nr. 12/85, pp. 2728 Die Griechisch-Orthodoxe Kirche entsteht in folgender Hierarchie als
apostolische Kirche:
Markus als erster Bischof des orthodoxen Patriarchats in Alexandria setzte den Anianos (62 n.Chr.) als Bischof ein und ernannte dazu sechs Presbyter. Der jetzige Papst und Patriarch von Alexandria und ganz Afrika heißt
Nikolaus VI. Sein Sitz ist in Alexandria und Kairo.
Griechisch-orthodoxe Kirchenprovinzen in Afrika:
Die Kirchen, außer denen von Alexandrien und Kairo, sind nicht alle
gleichzeitig in Funktion. Es gibt auch Klöster, wie das vom heiligen Sabba in
Alexandria und das vom heiligen Georg in Alt-Kairo. In Kairo gibt es auch eine
Kirche, die angeschlossen ist an das Katharinenkloster im Sinai.
Die Weihnachtsliturgie wird in der Griechisch-Orthodoxen Kirche am 24. Dezember nach der Abendandacht um 24 Uhr zu Mitternacht oder am 25. Dezember vormittags zelebriert. Man darf nur eine Messe (Liturgie) täglich halten, denn das Mysterium der heiligen Kommunion kann nur einmal täglich auf einem Altar stattfinden und das auch nur an bestimmten Feiertagen. Die Weihnachtsmesse hält nach alter Tradition der Patriarch von Alexandrien in Kairo in der Kirche des heiligen Nikolaus in der Nähe des Khan Khalili. An einem weiteren wichtigen Feiertag, dem 1. Tag im neuen Jahr, wird die "Basiliusliturgie" in Alexandria in der Kirche des heiligen Sabbas oder "Evangelismos" bei der Patriarchen-Residenz gefeiert. Vierzig Tage vor Weihnachten essen die Kleriker und alle frommen Laien kein
Fleisch mehr, an bestimmten Tagen auch kein Öl und keine Milchprodukte.
Weihnachten ist auch ein Familienfest mit festlichem gemeinsamen Essen, aber ohne Geschenke. Die werden bei den Griechisch-Orthodoxen nur am 1. Januar verteilt. Dies ist der Tag, der Basilios dem Großen geweiht ist. (Die zwei anderen Hierarchen und großen Kirchenväter sind Gregorius, der Theologe und Johannes Chrysostomos.) Am 1. Januar wird in den Kirchen die Liturgie, die Basilios geschrieben hat, gehalten; an den anderen Sonntagen die des Johannes Chrysostomos. Am 6. Januar ist der Tag der Theophanie (Gottes-Erscheinung) oder Epiphanie
(Ausgießung des heiligen Geistes).
Am 7. Januar ist der Tag Johannes des Täufers.
Eine große Rolle in der Geschichte der Griechisch-Orthodoxen Kirche in Ägypten hat das Sinai-Kloster der heiligen Katharina gespielt. Durch Jahrhunderte haben dort griechisch-orthodoxe Mönche gelebt.
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Die christlichen Feste in Ägypten
Nr. 12/95, pp. 1321 Über zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung sind Christen. Sie fühlen sich als die Nachkommen der pharaonischen Bevölkerung, deren Sprache sie zumindest im Gottesdienst immer noch teilweise benützen. Die Spaltungen in der Christenheit sind nicht spurlos an Ägypten vorbeigegangen. Von den ägyptischen Christen gehören über 8 Millionen der koptisch-orthodoxen Kirche an, die zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen gehört, die sich im 5. Jh. von der Reichskirche trennten. Rund 200.000 sind Mitglied der mit Rom verbundenen koptisch-katholischen Kirche, und etwa 150.000 sind im Dachverband der koptisch-evangelischen Kirche organisiert. Daneben gibt es noch verschiedene christliche Gemeinschaften, deren Mitglieder hauptsächlich ausländischer Herkunft sind, wie die griechisch-orthodoxe Kirche, die armenisch-apostolische und die armenisch-katholische, die arabischsprachige griechisch-katholische Kirche (Melkiten) etc. Die folgenden Ausführungen beziehen sich hauptsächlich auf die Bräuche der koptisch-orthodoxen Christen. Diejenigen der koptisch-katholischen Christen unterscheiden sich davon im allgemeinen nur wenig, da sie die gleichen liturgischen Riten haben. Auch sind die Grenzen zwischen den beiden Kirchen für die Gläubigen fließend. Auf die besonderen Bräuche der koptisch-evangelischen Christen kann hier nicht eingegangen werden.
Das größte, wichtigste und auch älteste Fest ist Ostern, das Fest der Auferstehung des Herrn. Dieses Fest unterscheidet sich von anderen Festen durch seine besonderen Melodien und Riten im Gottesdienst, und altes Brauchtum hat sich mit ihm verbunden. Ostern ('aid al-qiama Anm. zur Umschrift) gehört zusammen mit Christi Himmelfahrt ('aid al-Su'ud) und Pfingsten ('aid Hulul ar-ruh al-qudus), dem Fest der Geistausschüttung und der Gründung der Kirche, zum gleichen Festkreis. In dieser Zeit der Freude wird nicht gefastet, auch das sonst allwöchentliche Fasten am Mittwoch und Freitag fällt aus. Vor Ostern jedoch ist die längste und strengste Fastenzeit, als Vorbereitung auf das große Fest. Fasten heißt äußerlich sich Enthalten der weltlichen Dinge, hat aber das Ziel der erneuten Ausrichtung auf Gott und seine Botschaft und beinhaltet daher wesentlich Gebet und Meditation.
Die große Fastenzeit hat insgesamt 55 Tage, die sich wie folgt zusammensetzen: In der ersten Woche, der Vorbereitungswoche, wird noch nicht ganz streng gefastet. Dann kommen 40 Tage strengen Fastens und schließlich die Karwoche, wobei jeder Gläubige mit seinem geistlichen Vater abspricht, welche Fastenübungen und geistlichen Übungen er durchführen soll. In der ganzen Fastenzeit werden kein Fleisch, keine Milchspeisen und keine Eier gegessen. Die bekannten ägyptischen Spezialitäten, Foul, Ta'meya und Koscheri sind in diesem Sinne Fastenspeisen. In den 40 Tagen, die an das Fasten Jesu Christi in der Wüste erinnern, und in der Karwoche wird totale Enthaltsamkeit von Speise und Trank bis nach der Eucharistiefeier am Sonntag oder bis nach der Vesper geübt. Die totale Enthaltsamkeit bis nach der Vesper hat wahrscheinlich auch bei der Entstehung der islamischen Fastenregeln Pate gestanden. In der Fastenzeit machen die Kopten auch gerne Ausflüge in die Wüstenklöster oder zu den alten Kirchen. Aus der erneuten Ausrichtung auf Gottes Wort folgen in der Fastenzeit auch die besonderen Anstrengungen, den Armen zu helfen. Sie heißen in der koptischen Kirche "Geschwister des Herrn" (ichwat ar-rab). Junge Männer und Frauen unter Anleitung eines Priesters kümmern sich um die Armen, die zur Kirche kommen. Auf das Fest hin werden für sie Kleider und andere Dinge gesammelt, wobei die Kirche großen Wert darauf legt, daß sie nicht einfach die abgetragenen Kleider erhalten, sondern möglichst neue. Auch privat helfen die Christen den Armen ihrer Umgebung, so daß auch die "Geschwister des Herrn" das Fest der Auferstehung mit neuen Kleidern und Fleischgerichten feiern können. Eine besondere Stellung nimmt der Palmsonntag (aHad al-Scha'anin Sonntag der Hosannas) ein, an dem der Einzug Jesu Christi in Jerusalem gefeiert wird. Die Kirche begrüßt dabei den Herrn als König und Friedensfürst. Die Gläubigen flechten auf diesen letzten Sonntag vor Ostern hin Palmwedel zu kunstvollen Gebilden, darunter dem Eselsfüllen (gaHsch), die in die Kirche mitgenommen werden und dann das Jahr über in der Wohnung aufgehängt werden. In der Eucharistiefeier wird feierlich eine Prozession durch die ganze Kirche durchgeführt. Am Ende der Eucharistiefeier wird ein allgemeiner Begräbnisgottesdienst über Wasser gefeiert, das dann auf alle gespritzt wird, die in der Karwoche sterben könnten. Denn während der Karwoche können die sonst üblichen Begräbnisriten nicht durchgeführt werden.
Die Karwoche (isbo' al-alam Woche des Leidens) beginnt liturgisch am Nachmittag des Palmsonntags. Die Karwoche hat ihre eigenen, sehr melancholischen Melodien, und die Kirche wird mit schwarzen Tüchern mit einem weißen Kreuz geschmückt. In der Karwoche werden besondere Stundengebete (pas-cha) gefeiert, die auch Lesungen aus dem Alten Testament und aus den Schriften der Kirchenväter enthalten. Die Lesungen, Gesänge und Predigten der pas-cha-Stunden jeweils am Morgen und am Nachmittag bereiten die Gläubigen langsam auf das große Geheimnis des Sterbens und Wiederauferstehens des Gottessohnes vor und leiten ihn an, den Leidensweg mit Christus mitzugehen. Am Gründonnerstag (chamis al-'ahd Donnerstag des Bundes) wäscht der Priester den Gläubigen die Füße, wie Jesus seinen Jüngern im Abendmahlssaal die Füße gewaschen hat. Nachher folgt die einzige Eucharistiefeier in der Karwoche, die an die Einsetzung dieses Sakramentes erinnert und daher besonders feierlich gestaltet wird. Sie wird am späten Donnerstagmorgen gefeiert, nicht erst am Abend. Am Karfreitag (al-gum'a al-'aZima der große Freitag) wird der Leidensweg Christi Station für Station in den Stundengebeten aus den vier Evangelien vorgelesen, meditiert und auch bildlich mit Ikonen und Prozessionen nachvollzogen. Bei der Grablegung wird auf dem Altar mit Rosenblättern ein Grab hergerichtet, das von zwei Öllämpchen bewacht wird als Symbol für die beiden Engel, die Maria am Kopf- und Fußende im leeren Grab sah.
In der Nacht vom Freitag auf den Karsamstag (sabt el-faraH Samstag der Freude) werden sieben Wattebäuschchen in einem flachen, mit Öl gefüllten Gefäß angezündet und die ganze Apokalypse des Johannes wird vorgelesen. Die schwarzen Tücher werden abgenommen und ersetzt durch weiße Tücher mit einem roten Kreuz. Nach dem Ende der Apokalypse zeichnet der Priester den Gläubigen mit dem restlichen Öl kleine Kreuze auf die Stirn, den Hals und die Handgelenke. Darauf folgt die Eucharistiefeier, während der aller Toten gedacht wird, deren Namen die Gläubigen nach vorne zum Altar geben. In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag folgt dann die eigentliche Auferstehungsfeier mit einer feierlichen Prozession durch die ganze Kirche mit der Auferstehungsikone und dem Evangelienbuch. Während der Prozession geht der Chor voran und singt den griechischen Osterhymnus. Darauf folgt die Lesung der vier Evangelienberichte auf koptisch und arabisch. Vor allem in Pfarreikirchen wird vor der Prozession ein richtiges Spektakel mit Verdunkelung der Kirche, Blitz und Donner und dem plötzlichen Aufleuchten des auferstandenen Christus inszeniert. Das Osterfest wird dann zu Hause fortgesetzt mit einer festlichen Tafel, auf der nach der langen Fastenzeit verschiedenste Arten Fleisch vorherrschen. An Ostern und den folgenden Tagen pflegen die Kopten Verwandte zu besuchen.
Der Ostermontag, bekannt als Scham el-Nessim (Riechen des Lüftchens), wird von allen Ägyptern gefeiert, ob Christ oder Muslim. An diesem Tag geht man raus in die Gärten und auf die Felder und genießt beim Picknick die jungen Zwiebeln und die Frühlingssonne. Hartgekochte Eier und gepökelter Fisch (fessich) dürfen dabei vor allem für die Christen nicht fehlen. Denn der Fisch ist ein urchristliches Symbol für Christus, da das griechische Wort für Fisch aus den Anfangsbuchstaben des Bekenntnisses "Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter" zusammengesetzt ist. Jesus Christus aß selber nach der Auferstehung Fisch als erste Mahlzeit. Und das Ei ist ein altes Symbol für die Auferstehung, denn was von außen wie ein Stein also tot aussieht, ist innen von neuem Leben erfüllt. In der alten Kirche hatte der Patriarch von Alexandrien die Aufgabe, das Osterdatum bekannt zu geben. Davon zeugen die Osterfestbriefe des hochverehrten Patriarchen Athanasios, der noch als Diakon am Konzil von Nicäa (325) teilgenommen und am Glaubensbekenntnis mitgeschrieben hat. Er war infolge der Auseinandersetzungen mit dem Alexandriner Stadtpriester Arius und dessen Protektion durch den Kaiser auch einige Jahre in Trier und kurze Zeit in Rom in der Verbannung.
Das Osterdatum ist definiert als der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche. Im Osten des römischen Reiches kam dann noch die Regel dazu, daß falls dieses Datum mit dem jüdischen Pässach-Fest zusammenfallen sollte, Ostern eine Woche später gefeiert wird. Wie kommt es nun aber zu den oft recht großen Abständen zwischen dem westlichen Osterdatum und dem östlichen? Der Frühlingsanfang wird eben nach dem Kalender und nicht astronomisch berechnet. In der koptischen Kirche verwendet man den alten pharaonischen Kalender mit zwölf Monaten zu dreißig Tagen und einem kleinen Monat mit fünf bzw. sechs Tagen. Der koptische Kalender hat die gleichen Schaltregeln wie der von Julius Cäsar 45 v.Chr. eingeführte Kalender. Die meisten Ostkirchen feiern ihre Feste nach dem julianischen Kalender. In der Gegenreformation erneuerte Papst Gregor XIII. 1582 den Kalender der katholischen Kirche, weil genauere astronomische Beobachtungen ergeben hatten, daß der julianische Kalender im Vergleich zum astronomischen Sonnenjahr in vier Jahrhunderten drei Schalttage zu viel macht. Der neue gregorianische Kalender setzte sich nur langsam durch, ist heute jedoch als bürgerlicher Kalender weltweit verbreitet. Der koptische wie auch der julianische Kalender gehen mittlerweile dreizehn Tage hintennach. Die Differenz von dreizehn Tagen für die Berechnung des Frühlingsanfangs führt nun zusammen mit den Osterdatumsregeln dazu, daß das östliche Osterfest entweder auf das gleiche Datum wie das westliche fällt oder eine, vier oder fünf Wochen später gefeiert wird.
Das jährliche Osterfest hat seine kleine Entsprechung in der wöchentlichen Auferstehungsfeier am Sonntag. Die Sonntagseucharistie wird vorbereitet durch den feierlichen Abend- und Morgen-Weihrauchgottesdienst. In der koptisch-orthodoxen Kirche muß der Gläubige, wenn er während der Eucharistiefeier an der Heiligen Kommunion teilnehmen will, neun Stunden zuvor total fasten. Der Aufbau der Eucharistiefeier entspricht in großen Zügen demjenigen der römisch-katholischen Messe. Die Kommunion wird jedoch vom Priester immer in beiden Gestalten gereicht: Zuerst legt er dem Gläubigen ein Stückchen Brot in den Mund und danach reicht er ihm in einem goldenen Löffelchen ein Schlückchen Wein. Am Ende der Liturgie sprengt der Priester Wasser auf die Gläubigen. Alle, auch Angehörige anderer Konfessionen, können ein Stückchen gesegnetes Brot bekommen. Solche gesegnete Brote (qurban), die die gleiche Form wie das eucharistische Brot haben, nehmen die Gläubigen meist auch mit nach Hause. In Erinnerung an den Tag des Verrates durch Judas und an die Kreuzigung fastet die koptisch-orthodoxe Kirche am Mittwoch und Freitag.
Viele Gläubige beten mindestens teilweise die sieben Tagzeiten des Stundengebetes (Agpeya): l. (Morgen), 3., 6. (Mittag), 9., 11. (Abend) und 12. Stunde (Komplet) sowie Mitternachtsgebet. Die verschiedenen Horen meditieren die Leidensgeschichte und die Auferstehung Christi. In den Klöstern singen die Mönche zusätzlich noch die nächtlichen Psalmen. Meist werden mehrere Tagzeiten zusammengenommen. Eine Besonderheit des koptischen Stundengebetes ist, daß sozusagen alle Psalmen während eines Tages gebetet werden. Praktisch geht das dann jeweils so, daß ein Mönch oder in der Pfarrkirche ein Diakon nach der Stundeneinleitung bei den Betenden vorbeigeht und ihnen die Anfänge der Psalmen zuruft, die sie für sich leise beten sollen. Die Lesung aus dem Evangelium sowie die folgenden Gebete werden dann wieder laut vorgetragen.
Der geschichtlich erst im 5. Jahrhundert sich durchsetzende Weihnachtsfestkreis ist ein zweiter Höhepunkt des koptischen Kirchenjahres. Im Gegensatz zum Osterfestkreis, der historisch klare Anknüpfungspunkte im jüdischen Festkalender hat, entstand der Weihnachtsfestkreis als Verchristlichung von römischen und hellenistischen Götterfesten. In Alexandrien begann man im 3. Jahrhundert am 6. Januar, dem Fest der Geburt des neuen Aion, ein Weihnachtsfest zu feiern. In Rom dauerte es fast hundert Jahre länger, bis die Kirche das Geburtsfest der unbesiegten Sonne (Sol invictus) am 25. Dezember als Geburtstag Christi beging. Der 25. Dezember war auch das Hauptfest im Mithraskult. Im vierten und fünften Jahrhundert findet dann ein Austausch der beiden Daten zwischen Ost und West statt. Der 25. Dezember wird als das eigentliche Geburtsfest ('aid almilad) gefeiert, der 6. Januar dann als Epiphanie ('aid al-ghaTas), d.h. Aufscheinen der Dreieinigkeit Gottes. Im Westen erhält das Fest der Epiphanie später im Brauchtum einen Akzent auf der Verehrung des Jesuskindes durch die drei Könige, im Osten wird der Epiphanie-Charakter deutlicher bewahrt, indem neben der Verehrung durch die drei Magier vor allem die Taufe Christi im Jordan gefeiert wird. Das englische Wort "Christmas" soll übrigens auf den koptischen Ausdruck "Christ ist geboren" zurückgehen, "mas" ist im Koptischen das Perfekt von "geboren werden".
In der koptisch-orthodoxen Kirche kennt man das sich gegenseitig Beschenken zu Weihnachten erst seit kurzer Zeit. Auch im Westen hatte ja auch früher am 6. Dezember der Nikolaus (der heilige Bischof Nikolaus aus Myra in Kleinasien) Geschenke gebracht. Erst Martin Luther ließ dann zur Abwehr der Heiligenverehrung die Geschenke vom Christkind bringen. Doch die Verkaufsstrategen der Adventszeit haben den Heiligen Nikolaus als Weihnachtsmann wieder zurückgebracht. In Ägypten wurde er erst in jüngster Zeit in dieser Funktion bekannt. Das im koptischen Heiligenkalender gefeierte Fest des Heiligen Nikolaus hat kein Brauchtum an sich gezogen. Wie auch zu Ostern kauft man sich oder eben die Eltern den Kindern auch zu Weihnachten neue Kleider, die dann im Festgottesdienst das erste Mal getragen werden. Vorbereitet wird das Weihnachtsfest von einer 43 Tage dauernden Fastenzeit. Die ersten drei Tage erinnern an das dreitägige Fasten der koptischen Kirche unter Papst Abraam I. im 10. Jahrhundert, wo durch inständiges Gebet auf Geheiß des Fatimidenherrschers el-Mo'ez der Mokattamberg von der islamischen Altstadt weg versetzt wurde. Die 40 folgenden Tage nehmen wieder das 40-tägige Fasten Jesu und das 40-tägige Fasten von Moses auf, bevor er die Gesetzestafeln des Alten Bundes empfing. Während dieser Fastenzeit ist es außer am Mittwoch und Freitag erlaubt, Fisch zu essen. Es gibt auch keine allgemeine Regel der vollständigen Abstinenz wie für die große Fastenzeit.
Die 13-tägige Verspätung des koptischen Kalenders bringt es nun mit sich, daß das koptische Weihnachtsfest auf den 7. Januar und das Epiphaniefest auf den 19. Januar fällt. Beide Feste werden mit feierlichen Prozessionen und Eucharistiefeiern in der Nacht begangen. Vor dem Epiphaniefest wird ein strenger Fastentag eingeschaltet. Am Epiphaniefest wird eine feierliche Wasserweihe vorgenommen und der Priester zeichnet mit dem geweihten Wasser kleine Kreuze auf die Stirn und Handgelenke der Gläubigen zur Erinnerung an die Taufe. Im Kloster wäscht der Abt den Mönchen die Füße. Das dazu im Kirchenschiff eingelassene Marmorbecken kann man in vielen Klosterkirchen besichtigen. Es wird auch für die Fußwaschung am Gründonnerstag und am Fest der Apostelfürsten Peter und Paul benutzt. Als besondere Spezialität ißt man am Epiphaniefest die ägyptische Zehrwurzel (qolqas) mit einer grünen Sauce aus den beiden Kräutern (Selq Blätter einer Art Runkelrübe) und Koriander (kosbara) und dazu Siedfleisch.
Zu den beiden Festkreisen um Weihnachten und Ostern kommen bald weitere Herren- und vor allem Marienfeste. Sieben große Herrenfeste werden im koptischen Kalender angeführt: Verkündigung ('aid al-bischara 7. April), Geburt Christi (7. Januar), Epiphanie oder Taufe Christi (19. Januar), Palmsonntag, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten. Dazu gibt es sieben kleinere Herrenfeste: Beschneidung Christi ('aid al-chatan 14. Januar), Eintritt des Herrn in den Tempel (duchul al-sayid al-masiaH al-haikal 15. Februar), Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ('aid duchul al-sayid masiaH arD miSr 1. Juni), das erste Wunder Christi in Kanaan ('urs qana al-galil 21. Januar), Verklärung Christi ('aid at-tagalli 19. August), Gründonnerstag der Karwoche und der Thomassonntag (Sonntag nach Ostern). Zum Fest der Beschneidung bleibt noch anzumerken, daß die in Ägypten bei Knaben und zum Teil auch bei Mädchen in den ersten Wochen vorgenommene Beschneidung bzw. Ausschneidung von der Kirche nicht als religiöser Akt angesehen wird und auch keine liturgische Begleitung erfährt. Jesus war zwar ein Jude und daher der jüdischen Vorschrift der Beschneidung am achten Tag unterworfen. Er gab uns jedoch die Vollmacht, das Gesetz geistlich zu erfüllen. Daher spricht die koptische Kirche von der Beschneidung des Geistes und des Herzens anstelle der buchstäblichen Beschneidung des Fleisches.
Die hauptsächlichen Marienfeste sind die Ankündigung ihrer Geburt (13. August), ihre Geburt (milad al-adhra mariam 9. Mai), ihre Einführung in den Tempel (12. Dezember), ihre Entschlafung (niaHa al-sayida al-'adhra 29. Januar), die Aufnahme ihres Leibes in den Himmel (28. Juni), die Erscheinung ihres Leibes vor den Aposteln ('aid Su'ud gasad al-sayida al-'adhra 22. August) und die Erscheinung über der Kirche von Zeitoun (2. April), wo im April 1968 Tausende die Jungfrau Maria gesehen haben. Dem Fest am 22. August geht ein 15-tägiges Fasten voraus, das daran erinnert, daß die Apostel die Gottesgebärerin sahen, nachdem sie 15 Tage gefastet hatten. Viele Muslime nehmen am Marienfasten teil. Die koptische Kirche bekräftigt mit Emphase den Titel Theotokos (wörtlich: Gottesgebärerin), der der Jungfrau Maria (al-'adhra) auf dem Konzil von Ephesus 431 feierlich verliehen wurde. Im Gegensatz zur katholischen Kirche bekennt die koptisch-orthodoxe Kirche jedoch nicht die unbefleckte Empfängnis Mariens durch ihre Eltern. Sie sei genau so der Erbschuld Adams unterworfen, wie alle Menschen. In der Verkündigung durch den Zuspruch des Engels Gabriel habe sie die Erlösung von der Erbsünde erfahren und sei so zum reinen Gefäß bereitet worden, um das Wort Gottes aufzunehmen und den Sohn Gottes zu gebären.
Ein weiteres großes Fest wird von einer Fastenzeit vorbereitet, das Fest der Apostelfürsten Peter und Paul. Diese Fastenzeit hat eine variable Länge, da sie am Montag nach dem Pfingstfest beginnt und bis zum Fest am 12. Juli dauert. Am Fest wird auch eine Wasserweihe vorgenommen, und es findet eine Fußwaschung in der Kirche statt in Erinnerung an die Fußwaschung, die Jesus seinen Jüngern machte. Zu den schon genannten Fastenzeiten und Fastentagen kommen noch die drei Tage des Ninive-Fastens, das am Montag zwei Wochen vor der großen Fastenzeit beginnt. Es bezieht sich auf das Fasten des Jonas im Leib des Walfischs. Zwei Feste sind besonders dem Kreuz gewidmet. Das erste am 27. September erinnert an die Weihe der Kreuzeskirche in Jerusalem, die von Helena, der Mutter von Kaiser Konstantin dem Großen, gebaut wurde. Das zweite Fest am 19. März hat die Entdeckung des Kreuzes durch Helena im Jahr 326 zum Anlaß. An beiden Festtagen wird eine ähnliche Prozession durch die Kirche gemacht wie an Palmsonntag und mit denselben Gesängen.
Das koptische Neujahrsfest Nayrouz wird am 11. September gefeiert. Der Begriff selber ist persisch und heißt "Jahresbeginn". Der koptische Kalender beginnt mit der Thronbesteigung Kaiser Diocletians 284, der die größte Christenverfolgung losgetreten hat, der Tausende von ägyptischen Christen zum Opfer fielen. Die zwölf Monate zu 30 Tagen sind: Touth, Baba, Hathour, Kiahk, Tuba, Amschir, Baramhat, Barmouda, Baschans, Baouna, Abib und Misra, und der Kurzmonat zu 5 oder 6 Tagen heißt Nisi. Am Neujahrsfest essen die Kopten Datteln, Guaven und Zuckerrohr. Die Datteln werden als Symbol für die Märtyrer und alle Heiligen verstanden, denn außen sind sie rot wie das Blut der Märtyrer, ihr Fleisch ist so weiß wie das Herz der Heiligen rein ist, und ihr Kern ist so hart wie der Glaube stark ist.
Sozusagen jeder Tag des koptischen Kalenders hat ein oder mehrere Heiligengedächtnisse. In erster Linie sind das Märtyrer aus der Zeit vor der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion, doch auch bedeutende Mönche und Frauen, Patriarchen und Bischöfe wurden in den Kalender aufgenommen. Im Gottesdienst werden ihre Viten nach der Apostelgeschichte und vor dem Evangelium aus dem Synaxarion gelesen. Besondere Feierlichkeit hat der Festtag eines Heiligen in den Kirchen, die ihm geweiht sind oder die bedeutende Reliquien aufbewahren. Die Reliquiengefäße werden feierlich mit wohlriechenden Essenzen während des Abendweihrauchgottesdienstes (ascheja) vor dem Festtag eingerieben und dann in neue Samtbezüge eingeschlagen, die Kreuze und den Namen des Heiligen aufgesteckt haben. Die Essenzen (chunut) werden darauf in kleine Säckchen mit dem Bild des Heiligen gefüllt oder mit Tesafilm hinten auf die Bildchen geklebt und den Pilgern auch unter dem Jahr als Segenszeichen mitgegeben. Gefeiert wird meistens der Tag des Martyriums, also des Eingangs in die göttliche Herrlichkeit als Tag der höchsten Freude. Doch zuweilen wird auch am Tag der Überführung der Reliquien oder am Tag der Kirchweihe ein Fest gefeiert.
Sehr beliebt ist die Pilgerfahrt nach Miet Damsis in der Provinz Dakahlia im Delta, wo die erste Kirche zu Ehren des Heiligen Georg (Mare Girgis) errichtet worden sein soll. Zum Fest der Kirchweih am 28. August strömen Pilger mit Autos, Bussen und Eselskarren in das kleine Dorf. Beliebt ist das Moulid des Heiligen Georg jedoch nicht nur wegen seiner großen Verehrung in Ägypten, sondern auch weil es dann dort frische Kichererbsen (HommoS) zu kaufen gibt. Der Heilige Georg war ein tapferer Offizier im römischen Heer, der gegen die Verleumdung der Christen in Alexandrien im 3. Jh. mutig auftrat und schließlich als erster Märtyrer unter Diocletian enthauptet wurde. Für seine Ikone griff man auf pharaonische Ausdrucksmittel zurück: Wie Horus als Reiter wird der Heilige Georg als christlicher Kämpfer gegen die Mächte der Finsternis dargestellt. Die Heilige Demiana und die 40 Jungfrauen, die sie als Gouverneurstochter in die klösterliche Abgeschiedenheit begleiteten, erlitten in der diocletianischen Verfolgung das Martyrium. Am Ort des Martyriums bei Belqas el-Barai, Provinz Kafr el-Scheich im Delta, steht heute ein großes Nonnenkloster. Ihr Fest ist am 21. Januar. Die Reliquie der Heiligen Marina in der Marienkirche im Haret el-Rum (zwischen Khan el-Khalili und Bab Zuweila) wird an ihren beiden Festen am 21. August (Martyrium) und 2. Dezember den Pilgern zur Verehrung aufgestellt, es ist ihre Hand. In einem Nebenraum kann man die Rollstühle und Krücken von Leuten sehen, die dort in den letzten Jahren geheilt wurden.
Der Heilige Menas (Mare Mina) fand den Märtyrertod am 24. November. Vom fünften bis zehnten Jahrhundert gab es am Ort seiner Grabstätte in der Wüste bei Mariout (westlich von Alexandrien) eine im ganzen christlichen Osten bekannte Pilgerstadt mit der damals größten Basilika und zwei Thermen (Ausgrabung des Deutschen Archäologischen Instituts). Papst Kyrillos Vl. hat daneben ein modernes Kloster zu Ehren des Menas gegründet und ist dort auch begraben. Dieses Kloster ist ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge von Pfarreien und Jugendgruppen. Das Fest des Mönchsvaters Anba Antonios ist am 30. Januar und wird besonders feierlich in seinem Kloster am Roten Meer begangen. Anba Bischoy, der wundertätige Mönch, der seinem Kloster im Wadi Natroun den Namen gab, hat sein Fest am 14. Juli. Seine Zelle wurde in die Marienkirche des Syrerklosters integriert. Sein ganz erhaltener Körper wird in der Hauptkirche des Klosters Anba Bischoy aufbewahrt. Neben den Essenzen vom Fest des Heiligen (chunut) fragen die Pilger in Klöstern meist auch nach Öl als Segenszeichen. Das Öl der Lampen in der Kirche wird dazu in kleine Ampullen abgefüllt. Die Leute verwenden es zum Beispiel bei Krankheit, um mit dem Öl ein kleines Kreuzchen auf die erkrankte Stelle zu machen.
Kein Fronleichnamsfest Die koptisch-orthodoxe Kirche kennt keine sogenannten Ideenfeste, wie sie sich in der katholischen Kirche entwickelt haben, z.B. Christkönig, Fronleichnam etc. Fronleichnam als Fest der Verehrung des eucharistischen Brotes ist in der koptischen Kirche schon allein deshalb undenkbar, da sie keine Aufbewahrung des Leibes und Blutes Christi kennt. Alles wird während der Liturgie gegessen und getrunken, und die Altargefäße werden gründlichst gereinigt. Nur für alte und kranke Gläubige kann ein Priester am Ende der Liturgie ein Stückchen konsekriertes Brot zur Kommunion nach Hause bringen. Darum gibt es in koptischen Kirchen auch keinen Tabernakel. Ebenfalls unbekannt ist die Fastnacht mit ihrem bunten Treiben vor dem Beginn der österlichen Fastenzeit. Sie ist ja auch in Europa eher eine von der Kirche geduldete Einrichtung als ein kirchliches Fest. Auch vertragen sich die damit verbundenen Ausschweifungen schlecht mit dem spirituellen Grundtenor der freudigen Askese der koptischen Kirche. Am 13. November 1971 wurde Papst Schenuda III., der koptisch-orthodoxe Patriarch von Alexandrien, geweiht und in sein Amt eingesetzt. Dieses Datum wird von vielen Gläubigen mitgefeiert. Die christliche Wochenzeitung Watani (Vaterland) ist auf dieses Datum hin jeweils voll von Glückwünschen. Neben dem Tages-, Wochen- und Jahreszyklus gibt es im koptischen Ritus auch einen schwach ausgebauten Monatszyklus. Am 12. jedes koptischen Monats feiert man den Erzengel Michael, am 21. die Jungfrau Maria und am 29. die Verkündigung, Geburt und Auferstehung Christi.
Ausdrucksvolle Riten und freudige Feste sind auch mit den liturgischen Handlungen verbunden, mit denen die koptische Kirche wichtige Lebensstationen markiert. Die erste Feier ist das Gebet über den (Bade)zuber (Salat et-ischt), das der Priester am siebten Tag nach der Geburt im Haus des Neugeborenen vollzieht. Der Priester badet dabei das Kind. Nachher stoßen Frauen nahe beim Ohr des Kindes den Mörser (ägypt. Hon, arab. gorn) in sein Messingbecken, daß es nur so klingt, und sieben verschiedene Körner werden in die Luft geworfen. Schon bei der Geburt oder jetzt nach dem Zubergebet erhalten Verwandte, Nachbarn und Freunde ein "Milabbis", ein Schäfchen, gefüllt mit einer Praline und mit Zuckerguß überzogenen Mandeln und eingeschlagen in ein Stückchen Tüll. Es ist versehen mit einem Schildchen mit dem Namen des Kindes und dem Geburtstag.
Die nächste große Festgelegenheit ist die Taufe in der Kirche. Die Mutter darf gemäß alttestamentlichen Vorschriften nicht vor 40 Tagen nach der Geburt eines Jungen und nicht vor 80 Tagen nach der Geburt eines Mädchens in die Kirche gehen. Die Taufe kann zwar schon vorher stattfinden, aber meist warten die Eltern, damit die Mutter selber Patin für das Kind sein kann. Der Priester taucht das Kind bei der Taufe dreimal ins Taufbecken und darauf folgt sofort die Firmung, wobei mit dem vom Patriarchen geweihten Myronöl 36 Kreuzchen über den ganzen Körper gemacht werden. Dann wird der Täufling in weiße Kleider gepackt und erhält in der Eucharistiefeier sogleich das erste Mal die Kommunion. Der Priester gibt ihm mit dem Finger einen Tropfen Wein. Nach der Eucharistiefeier ziehen der Kirchensänger mit den Zimbeln, einige Diakone und die Mütter mit den Täuflingen dreimal rund um das Kirchenschiff und singen den Taufhymnus. Zu Hause geht das Fest dann weiter. Und wieder bekommen alle ein "Milabbis".
Auch die Verlobung wird meist mit einem großen Fest begangen, kann aber ohne weiteres auch zu Hause gefeiert werden. Der Priester betet über die beiden Heiratswilligen, und der Bräutigam schmückt die Braut mit dem ganzen Brautschmuck, den er als Verlobungsgeschenk mitgebracht hat. Die Verlobung wird in den kirchlichen Büchern am Bischofssitz festgehalten. Der Verlobungsring wird von beiden am rechten Ringfinger getragen. Die Hochzeit braucht schon etwas mehr Papierarbeit, weil sie vom Staat auch als Eheschließung anerkannt wird. Sie wird auch immer in der Kirche gefeiert und enthält sehr schöne Riten. Die Brautleute werden vom Priester mit einer Krone bekränzt, was in der Ostkirche als Zeichen des Sakramentes gilt. Er gibt jedem auch noch gute Ratschläge auf den Weg. Am Ausgang der Kirche stellen sich die Brautleute mit ihren Eltern auf, und alle Leute kommen vorbei, um sie zu beglückwünschen. Jeder erhält auch wieder ein "Milabbis", meist schon am Eingang der Kirche. Je nach Geldbörse feiert man in einem Hotel, im Club, in einem Kirchensaal oder zu Hause das Hochzeitsfest mit Musik, Tafel und Tanz noch weiter. Nach alter Tradition sollen die Brautleute die ersten drei Tage Gott weihen. Wenn sie dann von ihrer Hochzeitsreise zurückgekehrt sind, kommen reihum die Verwandten, Nachbarn und Freunde, um sie in ihrer neuen Wohnung zu besuchen, Geschenke mitzubringen und Tee und Kuchen der jungen Ehefrau zu kosten.
Auch die anderen Sakramente, wie Weihe eines Knaben zum Sänger, Lektor und Subdiakon, die Priesterweihe etc. sind Anlaß zu einem Fest. Feste, die mit dem Anschwellen des Nils oder landwirtschaftlichen Ereignissen zu tun haben, haben an Verbreitung verloren, seit der Assuanstaudamm die jährliche Überschwemmung verhindert und die Agrarbevölkerung prozentual abgenommen hat. Die liturgischen Gebete richten sich aber immer noch nach diesen Naturereignissen. Das Begräbnis ist zwar in der koptisch-orthodoxen Kirche kein Festanlaß, aber mit verschiedenen Gebräuchen verbunden. Der Tote wird möglichst am Todestag selber im geschlossenen Sarg in die Kirche gebracht und der Totengottesdienst gehalten. Verwandte und Freunde besuchen die Trauerfamilie am dritten, siebten und fünfzehnten Tag. Männer und Frauen sitzen dabei in verschiedenen Zimmern und trinken Kaffee. Die Frauen tragen schwarze Kleider, die Witwe und meist auch die Töchter tragen ein ganzes Jahr lang schwarz. Am vierzigsten Todestag wird der Name des Verstorbenen in der Eucharistiefeier ins Hochgebet aufgenommen, und die Verwandten nehmen am Gottesdienst teil. Weitere Gedächtnisse sind dann nach einem Jahr, zwei Jahren usw., solange wie jemand von der Familie den Namen auf einem Zettelchen auf den Altar legt. Anmerkung zur Umschrift der arabischen Wörter:
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