Tourismus an den Pyramiden
    Inhalt:
    Tip des Monats: Auf die Pyramide kraxeln?
    Eintrittsgeld zum Schutz der Pyramiden
    Die Pyramiden von Gizeh – ein Freilichtmuseum?
    4.500 Jahre Geschichte am Ende?
    Plapperonymus zur Herkunft der Pyramiden (Glosse)

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Tip des Monats: Auf die Pyramide kraxeln?
von Walter Pape

Papyrus-Logo Nr. 2/86, p. 73

Der "Große Polyglott" empfiehlt es und rühmt den Rundblick als eines der intensivsten Erlebnisse, die man in Ägypten haben kann. PAPYRUS bewundert den kletternden Michael Groß. Dennoch: Der Autor des "Tips" rät dringend ab. Er kennt Familien, die ein Mitglied auf diese Weise verloren haben. Er kennt auch eine junge Dame, die den Sturz aus 80 Metern Höhe überlebte – aber nur mit riesigem Glück und nach mühevoller Arbeit der Ärzte im Anglo-American-Hospital. Und selbst wenn Sie (wie Michael Groß) den Auf- und Abstieg über vom Sand schlüpfrige, 1 m hohe, schmale Stufen geschafft haben, vielleicht erwartet Sie unten die Polizei und kassiert LE 200 ab. Das ist nämlich der Tarif für diesen lebensgefährlichen und verbotenen Leichtsinn. Ihr Führer, der Sie überredet hat, ist dann schon über alle Berge.

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Eintrittsgeld zum Schutz der Pyramiden
aus: "MEN"
übersetzt von Ann von Plüskow

Papyrus-Logo Nr. 2/90, p. 51

Der erstmalige Versuch, das Gebiet um die Pyramiden einzugrenzen und ein Eintrittsgeld zu verlangen, fand bei Einheimischen wie bei Fremden große Zustimmung, schrieb "Al Akhbar", so lange sichergestellt ist, daß die Einnahmen tatsächlich zur Erhaltung der Sehenswürdigkeiten verwendet werden.
Auch die Anlage eines Parkplatzes und die damit verbundene Regelung des Verkehrs wurde positiv eingestuft.
Dr. Zaki Hawas, Direktor der Altertümerverwaltung für die Pyramiden, sagte dazu, daß trotz der Besichtigungsgebühren, die allein während der Sommermonate 7 Mill. LE erreichten, die Zahl der Besucher sich nicht verringert habe, sondern im Gegenteil um das Dreifache gestiegen sei.

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Die Pyramiden von Gizeh – ein Freilichtmuseum?
von Norbert Hoyer

Papyrus-Logo Nr. 1/90, pp. 34—37

Selbst wer in Vollmond-Nächten kam, um die Pyramiden von Giza am Kairoer Stadtrand in ungewohntem Lichte zu genießen, wurde im letzten Sommer zur Kasse gebeten. Seit einigen Monaten wird strikt bei allen Besuchern "abkassiert" – eine Maßnahme, um das ehrgeizige Vorhaben zu verwirklichen, aus dem Pyramiden-Plateau ein Freilicht-Museum zu machen. Mehrfach war es in der Vergangenheit schon angekündigt worden, doch wenig hatte sich geändert.

Das soll nun anders werden. Erster Schritt ist die Erhebung eines Eintritts: Drei Pfund bei Ausländern, 1,50 Pfund für Kinder, ein Pfund für Ägypter (damit diese nicht vom Besuch der historischen Stätten ihres Landes abgeschreckt werden). Zum 1. Januar 1990 war sogar eine Anhebung des Eintrittspreises für Ausländer auf acht Pfund angekündigt in der Gewißheit, daß kein ausländischer Tourist, der an den Nil gekommen ist, um das pharaonische Erbe zu erkunden, wegen eines Eintritts von etwa 5,70 DM dieses Weltwunder meiden wird.

"Niemand beklagt sich", versichert Zahi Hawas jedenfalls, der Chef der Pyramiden-Verwaltung. Er betont, daß die Einnahmen ausschließlich der Erhaltung der Pyramiden dienen und nicht etwa in die große Kasse der Altertums-Behörde oder der Regierung wandern. Für ihn ist vor allem wichtig, daß er sein Vorhaben, "aus einem Zoo ein Museum" zu machen, in Angriff nehmen kann und nicht mangels Geld Verbesserungspläne weiter zurückstellen muß.

Daß etwas geschieht, merkt der Besucher zunächst daran, daß er nur noch vom MENA-Haus her das Plateau betreten kann. Dort wurde ein Parkplatz angelegt, dort wird kassiert. (Seit dem Herbst allerdings nur noch bis zum Abend, dann soll das Plateau für Besucher gesperrt sein. Kein Mondschein-Picknick mehr bei den Pyramiden!) Nachdem das Ticket gelöst ist, wird der Besucher bald eine andere Veränderung registrieren können, wenn er schon einmal früher hier gewesen ist. Das Plateau ist wirklich sauberer geworden. Zahi Hawas hat ein Reinigungsunternehmen angestellt, um die Fläche ständig von den Hinterlassenschaften des Massen-Tourismus zu säubern. Brav sind die Männer in ihren blauen Overalls bemüht, selbst die Pferdeäpfel der unzähligen Reittiere aufzusammeln.

Auf 370.000 Pfund bezifferte Zahi Hawas im September 89 die monatlichen Einnahmen nach der Neuregelung, während es früher, als man den Zugang nicht so strikt kontrolliert habe, nur 70.000 Pfund im Jahr gewesen seien. Ein drastischer Anstieg der Einnahmen wurde mit der Hochsaison im Winter erwartet, wenn die Ausländer an den Nil strömen Auf mehrere Millionen Pfunde wurde der Erlös jüngst in "al Akhbar" hochgerechnet.

20 Millionen Pfund soll aber laut Zahi Hawas auch die Umwandlung in das Freilicht-Museum kosten, wobei sich vermutlich angesichts neuer heftiger Diskussionen im Herbst über das Konzept die endgültige Summe kaum absehen läßt. Das Prinzip ist klar – zumindest für Zahi Hawas und die Altertums-Verwaltung: Die Besucher aus aller Welt sollen sich in Ruhe dem einmaligen Eindruck hingeben können. Ein paar zusätzliche Mühen sollen ihnen dabei aufgebürdet werden, denn im Interesse der Erhaltung der Pyramiden sollen in absehbarer Zukunft alle Fahrzeuge vom Plateau verbannt werden. Selbst die Straße, die nun gegen eine Sondergebühr von zwei Pfund noch (aber nur in Einbahnrichtung vom MENA-Haus zur Sphinx) befahren werden darf, soll dann beseitigt werden. Gepflasterte Wege sollen zum Bummel einladen, für ältere Menschen und Behinderte sollen Elektrofahrzeuge eingesetzt werden.

Parkplätze werden weiter weg errichtet. Die Zeiten, da die vielen Touristenbusse, um ihre Klimaanlagen in Betrieb zu halten, stundenlang direkt neben den ohnehin von der Luftverschmutzung geschädigten Pyramiden ihre Auspuffgase hinauspusteten, sollen damit beendet werden. Eigentlich sollen dann auch die vielen Kameltreiber und diejenigen, die Pferde anbieten, Getränke verkaufen, angeblich Antikes versilbern oder Andenken loswerden wollen, dorthin verbannt werden. Nach den Vorstellungen von Zahi Hawas hätten vor allem die Kamele und Pferde schon jetzt nichts mehr auf dem Plateau zu suchen. Den Verdienst will er seinen Landsleuten gar nicht nehmen, aber das Geschäft soll in die Weite der Wüste abwandern.

Der Widerstand der Kamel- und Pferdebesitzer, die die Klagen vieler Touristen über ihre Aufdringlichkeit ("Do you want a camel? – Do you want a horse?") gar nicht verstehen können, ist eines der Probleme, mit denen Zahi Hawas zu kämpfen hat. Bislang ist es ihnen noch immer gelungen, auf das Plateau vorzudringen. Notfalls mit Hilfe eines Bakschischs an der richtigen Stelle, wie einer verrät. Die meisten von ihnen kommen aus dem Dorf Nazlet El-Seman bei der Sphinx, das längst ein Viertel dieser riesigen Metropole Kairo geworden ist und sich immer näher an die Altertümer heranschiebt. Dort ist Zahi Hawas nicht gerade beliebt, und auch manch anderer aus der Altertümer-Verwaltung hat dort keine Freunde.

"Die wollen uns weit weg in die Wüste haben, wo es keine Pyramiden, keine Gräber und damit keine Touristen, kein Geschäft gibt", klagt einer, der mehrere Kamele bei den Pyramiden "im Einsatz" hat. Doch die Pläne, das Dorf – viele Bauten sollen ohne Genehmigung errichtet worden sein – zu verlegen, seien nicht aktuell, versichert man im Kultusministerium. Selbst die Idee, wenigstens einen Teil des Dorfes in unmittelbarer Nähe der Sphinx wieder zur Freifläche zu machen, seien nicht spruchreif, erklärt Professor Fikry Hassan, Berater von Kultusminister Faruk Hosni in archäologischen Fragen.

Faruk Hosni war im Herbst wegen des Konzeptes für die Neugestaltung des Pyramiden-Plateaus in die politische Schußlinie geraten. Es machte Schlagzeilen in der Presse, es gab heftige Kontroversen. Der Minister mußte es Staatschef Hosni Mubarak vorlegen, der sich eingeschaltet hatte. Die "Mauer vor der Sphinx" erzürnte die Bewohner von Nazlet El-Seman, löste aber insbesondere einen Aufschrei von Experten aus – allen voran Niamat Fuad, eine Expertin für islamische Literatur, die lieber das Dorf entfernt als dort eine "Mauer" gebaut sähe.

Gedacht ist, wie Professor Fikry Hassan erläutert, nicht an eine Mauer um das ganze Plateau, sondern an eine "Barriere" zwischen Sphinx und dem orientalisch-trubeligen Treiben in Nazlet El-Seman. Aus der Idee der "Barriere" war aber da schon das Konzept eines zwei Meter hohen Bauwerkes geworden, in das auch das jetzige Gebäude für die Sound-and-Light-Show aufgehen soll. Die "Mauer", zum Dorf hin in alt-ägyptischer Architektur gestaltet, ein Portal zum Pyramiden-Plateau überragend, soll zur Sphinx hin wie ein Amphitheater abfallen. Circa 4.000 Besucher sollen dort einmal Platz finden, um der (ebenfalls neu gestalteten) Geschichte dieser Königsgräber lauschen zu können. In diesem Bauwerk sollen dann auch eine Cafeteria, Toiletten und ein paar Verkaufsstände für Souvenirs integriert werden. Nicht infrage kämen aber Boutiquen oder etwa ein Touristen-Markt vor dem Bau, antwortet der Professor aus dem Kultusministerium den Kritikern, die zusätzlichen Trubel und damit zusätzliche Risiken für die Pyramiden fürchten.

Ohnehin sei nichts entschieden, alles werde noch geprüft, erklärt er. Dabei wird es auch um den Einwand gehen, durch ein solches Bauwerk würden der Wind und damit die klimatischen Bedingungen verändert, was hauptsächlich die ohnehin schon zerbröselnde Sphinx zusätzlich bedrohte. Diese Fragen sollen nun die Experten klären. Messungen bei der Sphinx erfolgen bereits. Professor Fikry Hassan ist sich aber sicher, daß das Konzept nicht völlig in den Schubladen verschwindet. Auch Mubarak, so sagt er, habe es nicht pauschal abgelehnt, sondern nur schnelle ergänzende Studien verlangt.

Der fragwürdigste Punkt erscheint den Kritikern die Idee zu sein, auch das Museum mit dem Sonnenboot von der Cheops-Pyramide zum Bestandteil dieses Baues zu machen. Das werde das Boot, 1954 aufgedeckt, bald 5.000 Jahre alt, nicht überleben, glauben sie. Professor Fikry Hassan dagegen hält den Museums-Bau für einen "Schandfleck" und verweist auf die Gefährdungen, denen das Boot schon jetzt durch den Besucherstrom ausgesetzt sei. Völlig falsch sei es beispielsweise gewesen, dieses Museum mit riesigen Fenstern zu gestalten und so die Wärme, die auch der Besucherstrom mit sich bringt, noch zu erhöhen. Etwas Neues sei unbedingt erforderlich.

Die Touristen, die jetzt über das Plateau strömen, für viele ist es ja nur eine kurze Etappe auf der Bildungsreise, mag dies alles wenig kümmern. Für sie wird wichtiger sein, daß sie jetzt wieder ins Innere der Pyramiden klettern können. Im Sommer waren die Grabkammern der Cheops-Pyramide und die der nur wenig kleineren Chephren-Pyramide wieder geöffnet worden, eigentlich sollte auch die der Mykerinos-Pyramide schon im November wieder zugänglich sein. Das aber verzögerte sich – wie üblich – etwas, war aber abzusehen. Zunächst in den Gängen der beiden großen Pyramiden, dann in denen der Mykerinos-Pyramide war die Salzverkrustung entfernt worden, wurde neues Licht installiert und auch ein Video-Überwachungssystem eingebaut. Gleichzeitig waren die Graffiti beseitigt worden, mit denen sich viele Besucher dort verewigt hatten.

Ganz sei die Salzverkrustung in den Pyramiden nie zu stoppen, sagt Zahi Hawas. Solche Instandsetzungsarbeiten müßten deshalb in bestimmten Abständen immer wieder vorgenommen werden. Jedes Jahr soll deshalb abwechselnd eine der drei Pyramiden für ein bis zwei Monate geschlossen werden. Natürlich leiden die Pyramiden auch von außen, verwittern unter Wind und Regen, selbst wenn dieser nur selten fällt. Hier aber ist die Restaurierung nicht so einfach, und ist deshalb auch erst einmal zurückgestellt worden. Sie muß wissenschaftlich abgesichert werden, neues Gerät sei notwendig. Erste Arbeiten an der Südseite der großen Pyramide wurden abgebrochen, um der Restaurierung im Innern den Vorrang zu geben.

Nicht mehr so lange warten kann man bei der Sphinx, diesem geheimnisvollen Wächter des Plateaus, der (oder: die – die Experten sind sich uneins) es noch sehr viel besser ging, als sie noch von Sand bedeckt war. Bei früheren Restaurierungen sei viel Pfusch geschehen, erläutert Zahi Hawas. Jetzt steht zwar offensichtlich immer noch das Patentrezept aus, doch soll wenigstens an einigen Stellen mit natürlichen Methoden eine Erhaltung versucht werden. Seit langem ziert ein Gerüst das Monument, wird an der Sphinx gearbeitet. Wer die neuen Steine an den Tatzen sieht, kann allerdings zu dem Schluß kommen, daß letztlich die Restaurierung in einer neuen "Haut" enden wird – einer neuen Sphinx.

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4.500 Jahre Geschichte am Ende?
von Cilja Harders

Papyrus-Logo Nr. 1—2/91, pp. 47—50

Cheops würde sich wohl im Sarkophag umdrehen, wenn er wüßte, wie es um seine und die zwei anderen Pyramiden auf dem Giza-Plateau in Ägypten bestellt ist. Der Zahn der Zivilisation nagt an den über 4.500 Jahre alten Bauwerken: Luftverschmutzung und Vibrationen durch Sprengungen und Autoverkehr rund um die berühmtesten Gräber der Welt greifen die Bausubstanz an. Einige Teile des Urgesteins der Sphinx "sind in einem derart zerrütteten Zustand, daß sie schon bei der leisesten Berührung zu Staub zerfallen würden", beklagt ein ägyptischer Chemiker. Auf dem Gebiet des erst kürzlich wiederentdeckten Taltempels des Cheops leben heute 70.000 Menschen in der Nazlet Essiman-Siedlung. Ihre Haushalts- und Industrieemissionen erreichen ein Dreifaches der erlaubten Werte. Die häßlichen Vororte der 13 Millionen-Metropole Kairo umschließen das Plateau mit modernen Hochhäusern. Der ungestörte Blick über die Weiten des Niltals, der einst Napoleon beeindruckte, ist schon lange nicht mehr möglich. Selbst zwischen den Pyramiden stehen moderne Gebäude, Stromkabel ziehen sich durch das Gelände und der Müll, den die Touristen hinterlassen, lockt streunende Hunde und Katzen an. Zudem haben die Besucherströme – vor der Golfkrise kamen bis zu 3.000 Touristen täglich – die Luftfeuchtigkeit in den Grabkammern erheblich ansteigen lassen, allein in der Cheopspyramide liegt sie bei 95%. Deshalb mußten in den vergangenen Jahren die Grabkammern aller Pyramiden reihum geschlossen und in mühevoller Kleinarbeit von zentimeterdicken Salzkrusten befreit werden. Eine Arbeit, die für Restauratoren pro Grabkammer mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nimmt und wahrscheinlich alle zwei Jahre wiederholt werden muß. Derzeit sind seit langer Zeit wieder alle drei pharaonischen Denkmäler für Besucher geöffnet, und im Mai wird zum ersten Mal die Pyramide der Königinnen von ihnen bewundert werden können.

Während Golfkrisen-geschädigte Kameltreiber die wenigen Touristen umlagern, werden in den Büros der ägyptischen Kulturbehörde Pläne zur Rettung der Pyramiden entwickelt. Dr. Zahi Hawaz, Chef des Giza-Plateaus und einer der führenden Köpfe im Planungskomitee, träumt von einem "Freilichtmuseum der Pyramiden" und veranschlagt mindestens 20 Millionen DM, um nur die nötigsten Maßnahmen durchzusetzen. Die vielen fliegenden Händler, die auf das gute Geschäft mit den Touristen setzten, wurden bereits radikal vom Pyramidenbezirk verbannt. "Noch vor zwei Jahren war Giza ein einziger Basar, laut und dreckig. Heute können die Besucher ungestört die Einmaligkeit der Pyramiden genießen", erklärt Dr. Hawaz stolz. In den nächsten zwei Jahren sollen alle modernen Gebäude innerhalb des Pyramidenbezirks abgerissen werden. Auch die Asphaltstraße, auf der jetzt noch Touristenbusse zwischen den pharaonischen Gräbern hindurchdonnern, wird den Baggern zum Opfer fallen. Autoverkehr wird regulär verboten: "Wer sehen will, muß eben gehen", meint Dr. Hawaz. Die Bewohner und Bewohnerinnen der Nazlet Essiman-Siedlung, nur 200 Meter von der Sphinx entfernt, dürfen laut Präsidentendekret keine neuen Häuser bauen. Sie sollen ohnehin an die Straße nach Fayoum umgesiedelt werden, um die steigende ortsnahe Umweltverschmutzung in den Griff zu bekommen. Doch davon sind die Einwohner des "Pyramidenortes" weniger begeistert, denn sie müssen alle entstehenden Kosten, außer einem von der Regierung zur Verfügung gestellten Stück Land, selbst tragen.

"Wir können natürlich nicht 70.000 Menschen einfach auf die Straße setzen, deshalb wird es wohl auch noch 20 oder 50 Jahre dauern, bis das Dorf verschwunden ist. Aber es muß einfach etwas geschehen", erklärt der Chef des Giza-Plateaus grimmig. Darin sind sich alle Beteiligten auch noch einig, aber ein weitergehender Vorschlag von Ägyptens Kultusminister Farouk Hosni hat erbitterte Kontroversen in Archäologenkreisen ausgelöst.

Farouk Hosni plant eine Art monumentales Amphitheater rund um den Sphinx, um das Giza-Plateau endgültig vor weiteren Zugriffen zu schützen. Die "Mauer", wie Hosni sein Projekt selbst bezeichnet, soll 6 m hoch und 145 m lang werden und mehr als 4.000 Zuschauern Platz bieten.

Er plant ein multifunktionales Monumentalgebäude, das die Pyramidenverwaltung, die Souvenirshops, Restaurants und andere Läden aufnehmen soll, die heute zu Füßen des Sphinx stehen. Über die Kosten mag heute noch niemand sprechen. Die Gegner des gigantischen Projekts würden das Geld lieber in die beschleunigte Umsiedlung des Dorfes nahe bei dem Sphinx investieren und befürchten außerdem, daß unentdeckte Gräber von der "Mauer" endgültig zerstört würden. Kultusminister Farouk Hosni hält dagegen, daß ein Amphitheater wirtschaftliche und ästhetische Problem aufs Beste verbinde und verspricht äußerste Sorgfalt bei der Ausführung.

In einem Interview im "Cairo Today" im November meinte Hosni: "Weil ich ein Künstler bin, ein Maler, betrachte ich zuerst den künstlerischen Wert eines Ortes und dann sehe ich das Ganze als ein archäologisches Monument. Die Pyramiden sind vollkommene Kunst. Das Gebäude, das wir hier bauen werden, wird aus künstlerischer Sicht gestaltet, so daß es sich in die Landschaft einfügen wird." Dennoch soll die "Mauer" kein Gebäude für die Ewigkeit werden, wie Dr. Ali Hassan von der "Egyptian Antiquities Organization" (EAO) betont. Die Mauer ist als provisorisches Projekt zum Schutze der Sphinx vor der Siedlung gedacht, bis die Bewohner Nazlet Essiman verlassen haben werden. Offen bleibt allerdings, wie lange es letztendlich dauern wird, bis die letzten Menschen das Giza-Plateau endgültig verlassen.

Architekt Rafik el-Bably stellt sich die Sache noch etwas anders vor: "Die 'Mauer' soll nach seinen Entwürfen aus Einzelteilen bestehen, die leicht getrennt und verschoben werden können. Immer, wenn wir einen Teil von Nazlet Essiman abreißen, wird die Mauer entsprechend zurückgesetzt. Wenn das Dorf vollständig beseitigt ist, wird auch die Mauer am Mansoureya-Kanal komplett verschwunden sein."

Von diesen Plänen sind die Gegner allerdings wenig überzeugt. Eines ist sicher: ein weiteres Gebäude auf dem Pyramidenplateau würde ohne gesetzliche Grundlage entstehen. Das ägyptische Antiquitätengesetz von 1983 verbietet jegliche Bebauung archäologischer Fundstellen. Die Tatsache, daß schon ein Gebäude illegalerweise auf dem Giza-Plateau stünde, wäre kein Grund für ein weiteres, meinen die Gegner. Außerdem befürchten sie, daß eine Mauer die Bewohner von Nazlet Essiman erst recht ermutigen würde, einfaches zu bleiben, wo sie schon seit Generationen leben. "Sie werden denken, daß sie bleiben dürfen, weil eine Mauer das Plateau schützt. Die Mauer wird ihre Ausrede dafür sein, das Plateau niemals zu verlassen", betont Dr. Ali Radwan, Dekan der Kunst-Fakultät an der Kairo-Universität.

Selbst wenn die Umsiedlung schnell vonstatten ginge, also innerhalb der nächsten 20 Jahre, ist damit das Problem der Haushaltsemissionen noch nicht gelöst. Nach Ansicht von Chemikern ist für den Schutz der Sphinx keine 20 Jahre Zeit mehr.

Außerdem bezweifeln die Gegner, daß eine Mauer das häßliche Dorf wirklich verstecken und damit den Blick vom Plateau verschönern kann. "Er (Farouk Hosni) kann das Dorf nur verstecken, wenn er ein Zelt darüber spannt – das ist die einzige Möglichkeit", schimpft Dr. Mahmoud Yacoub, der ehemalige Direktor der "Egyptian Antiquities Organization" in einem "Cairo Today"-Interview. Ob der optische Eindruck durch ein 145 m langes Amphitheater wirklich verbessert würde, das wagen die Gegner zu bezweifeln. Im Gegenteil, "der Gegensatz zwischen einem modernen Gebäude und den 5.000 Jahre alten Pyramiden wäre häßlich", meint Dr. Abdel Halim Nureldin, der stellvertretende Dekan der Archäologischen Fakultät der Kairo-Universität.

Außerdem bezweifeln die Gegner, daß die Regierung wirklich Millionenbeträge für ein vorübergehendes Bauwerk ausgeben will und plädieren dafür, das Geld in die Umsiedlung der Leute von Nazlet Essiman zu stecken, weil diese Ansiedlung ihrer Meinung nach die Hauptursache des "Pyramiden-Problems" darstellt. Dadurch würden sich auch alle weiteren Ideen um die "Mauer" erübrigen, und man könnte sich weitergehenden Schritten zuwenden.

Derartige ketzerische Ansichten haben schon einige Leute auf die andere Seite der Mauer gebracht. Dr. Omar el-Arini, Ex-Vorsitzender der Forschungsabteilung der EAO, hat bereits im Mai das Spezialkomitee Farouk Hosnis verlassen, weil er die ewigen "unwissenschaftlichen Rangeleien" um das Mauer-Projekt unerträglich fand. Andere Gegner, die sich etwas lautstärker äußerten, sind mittlerweile mehr oder minder freiwillig aus den Planungskomitees ausgeschieden.

Die Wellen dieser Kontroverse zogen internationale Kreise: im Juni lehnte ein 4.000-köpfiger Architektenkongreß das Projekt als unangemessen ab. Farouk Hosni hat dieses Votum nicht völlig ignoriert: Die ursprünglich geplante Höhe des Amphitheaters ist von 12 m auf 6 m gesenkt worden.

Der Chef des Giza-Plateaus, Dr. Hawaz, plädiert erst mal für Vernunft, "Wir sollten mit den Maßnahmen beginnen, über die sich alle einig sind, d.h. das Verbot von Autoverkehr und eine Umsiedlung. Das 'Mauer-Projekt' wird nicht entschieden, bevor ein Generalplan für den Pyramidenbezirk vorliegt, und das dauert noch mindestens zwei Jahre. Ohne diese Daten wird hier nichts geschehen." Ganz abgesehen davon, ob die "Mauer" jetzt gebaut wird oder nicht, hält Hawaz noch viel radikalere Maßnahmen für nötig: "Das einzige, was die Pyramiden und alle anderen Bauwerke auf der Welt retten kann, ist eine 10 km 'Anti-Verschmutzungszone' um sie herum, sonst werden wir bald keine Freude mehr daran haben."

Karikatur

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Plapperonymus zur Herkunft der Pyramiden:
Alte Rätsel neu gelöst

(Glosse)

Papyrus-Logo Nr. 3—4/94, p. 84

Es ist einem Schweizer wie Däniken vorbehalten, die Entstehung der Pyramiden zu erklären: Da gab es – wohl von fremden Sternen – ein Pülverchen, das unter Zutun von Wasser steinhart wurde und sich so bestens zum Pyramidenbau eignete. Just add water!

Um das Rätsel der Pyramiden zu lösen, bedarf es der korrekten wissenschaftlichen Frage mit der dazu passenden Deduktion. Weiß man wozu die Dinger gebaut wurden, kann man daraus auch sicher auf das wie schließen.

Mehrere Theorien sind zu sichten. Orthodoxe Ägyptologen behaupten, es handele sich um Grabmäler, Wohnstätten auf dem Weg durchs Jenseits. Aber vielleicht waren sie darum aus Stein, damit die Pharaonen, die dorthin begeben wurden, nicht mehr zurückkonnten. Das Mumifizieren scheint das zu bestätigen: Wie soll sich einer durchs spätere Leben bewegen, wenn ihm Hände und Füße gebunden sind? Wie soll man sich da mit seinen Mitpharaonen unterhalten? Man geht ja jeglicher Freude verlustig; das nennen Sie Leben? Nebbich.

Ich bin der Meinung, daß hier etwas ganz anderes vorlag. Ursprünglich waren die Pyramiden als Würfel konzipiert. Tja, und dann geschah eben die Geschichte mit den Blaupausen. (Waren es Entsandte, die sabotierten? Man denkt da an Joseph & Brothers, Non-Arab Contractors.)

Andere wiederum sind der Meinung, der ursprüngliche Zweck der Pyramiden sei es, als Wasserbehälter zu dienen. Genaugenommen ist diese Theorie aber nur eine Variante der vorgenannten. Und: Es könnte ja auch Wein gewesen sein – alter Wein in neuen Pyramiden, sozusagen. Daß diese Bauwerke innerlich nicht hohl sind, wie es sich eigentlich für Leergut ziemt, könnte vielleicht durch den Däniken'schen Ansatz erklärt werden.

Bleibt die dritte Theorie: Es handelt sich bei den drei großen Pyramiden um den Prototyp des Hütchenspiels ("Unter welchem Hütchen liegt das Schweinderl?") Die immense Größe der zu bewegenden Hütchen ihrerseits läßt Schlüsse auf die Entstehungszeit der Steinklötze zu. Sie sind viel älter, als man bisher angenommen hat. Wann anders sind so riesige Dinge entstanden als zur Saurierzeit?

Stimmt diese Theorie, läßt sich unschwer daraus ableiten, daß der eigentliche, der echte und genuine Jurassic Parc nicht aus Hollywood kommt, sondern unweit der Faisalstraße zu finden ist.

Quod esset demonstrandum.

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