Tourismus allgemein
Tourismus in Ägypten: Hoffnung oder Enttäuschung?
Nr. 1/83, pp. 27 Schlachtet man das Huhn, das goldene Eier legt? Wie lange gibt es wohl Tourismus in diesem Lande?
Nicht viele Länder dieser Erde bieten dem Touristen eine solche Vielfalt der Kulturen und Landschaften. Auf 5000 Jahre Hochkultur blickt Ägypten zurück. Die pharaonische Zeit lockt mit Giza und Sakkara, Luxor, Assuan und Abu Simbel; islamische Baudenkmäler aus vielen Epochen und Stilen bietet Kairo. Drei Museen reizen zum Besuch, das koptische, das islamische und das bekannteste, das ägyptische. Die Brücke zu Griechenland finden wir in Alexandria. Wüsten mit ihren Oasen, das Niltal, die Mittelmeerküste, das Delta, der Sinai, das Rote Meer alles erfahrbar, erlebbar, erreichbar auch bei kurzen Reisen. Wieviele kleine Schönheiten am Rande der großen Routen liegen, wissen wir alle. Und auch sie erschließen sich dem Besucher, wenn er kleine oder größere Mühen auf sich nimmt: Straßen, Reiseunternehmen, Fluglinien, Schiffe, Pisten stehen dem ausländischen Gast zur Verfügung. Die Zahl der Reiseführer ist Legion, fast jedes Jahr eine neue Landkarte. Hotels und Übernachtungsmöglichkeiten fast an allen wichtigen Orten. Dazu eine sichere Wetterlage mit angenehmen Temperaturen im Winter; und die Furcht des Westeuropäers vor verregneten Sommerurlaubstagen ist unbegründet. Ein Paradies des Tourismus, ungetrübt wie das bunte Leben in den Riffen vor Safaga, beständig in der Bewegung wie die Dünenkämme bei Kharga. Dazu kommen die innenpolitische Ruhe, eine freundliche Bevölkerung, geringe Eigentumskriminalität, eine liberale Versorgung mit den gewohnten Importgütern. Die Politik des Landes wird als freundlich, friedliebend, westlich orientiert, also mit einem Wort als touristenfreundlich empfunden.
Das Zusammentreffen all dieser Umstände führte zu einem immensen Anstieg des Tourismus in diesem Land, der die Infrastruktur überforderte. Trotzdem weckten die steigenden Zahlen in Ägypten große Erwartungen und führten zu immer optimistischeren Prognosen für die kommenden Jahre. Die Ermordung Präsident Sadats vor über einem Jahr brachte die Tourismusindustrie jedoch ins Trudeln. Hotelbuchungen, Pauschalreisen, Einzelreisen wurden storniert, Unsicherheit breitete sich aus. Sie hätte sich allerdings binnen kurzem legen müssen, als klar wurde, daß Präsident Mubarak die Entwicklung unter Kontrolle hatte und in wesentlichen die Politik seines Vorgängers weiterführte. Er ergänzte die Friedenspolitik gegenüber Israel durch eine vorsichtige Öffnung gegenüber den arabischen Staaten. Trotzdem zeigt ein Blick auf die Busparkplätze in Sakkara deutlich, um wieviel der Touristenstrom abgenommen hat. Zu langsam erholt man sich von diesem Schlag; auch die Hoffnungen, geknüpft an die Wiedergewinnung des Sinai, erfüllen sich nur schleppend. Der Middle East Economic Digest berichtete im September 82, daß im März und Mai des Jahres zwar ein leichtes Plus zu verzeichnen gewesen sei, das zweite Vierteljahr aber mit einem Minus von 1,6% abgeschlossen habe, davon allein im Juli ein Minus von 5,6%. Dafür meldete die Gazette am 27.11.82, daß im fiskalischen Jahr 81/82 die Zahl der Touristen um 2,l% gestiegen sei. Die Hoffnungen im ägyptischen Tourismusministerium reichen höher: Die Zuwachsrate bei den Einnahmen soll 11,8% betragen, 6% mehr als frühere Erwartungen. Sieht man auf die Deviseneinnahmen, so wird klar, weshalb man auf höhere Einnahmen angewiesen ist. Nach dem Öl und hier sind die Prognosen weltweit für die Produzenten nicht so günstig , den Gastarbeiterüberweisungen und den Kanalgebühren bringt der Tourismus das meiste Geld. Nach MEED Nov. 82 brachte 1981 ca. 380 Mio. US-Dollar, in den ersten 9 Monaten des Jahres 1982 ergaben sich 275 Millionen; Zahlen, die auf dem offiziellen Devisenumtausch beruhen, mögliche Schwarzmarktaktivitäten der Touristen noch nicht einmal erfassen. Schon ein Blick auf die jüngst veröffentlichte Statistik der Zentralbank zeigt, daß die Steigerungsrate von 2,1% auf einen Zuwachs von 10% bei den arabischen Touristen zurückzuführen ist; ihr steht ein Absinken bei den europäischen Touristen um 4,5% gegenüber. CPR meldete am 25.8.81, daß knapp 48% der Touristen aus Europa und den USA kämen, ca. 43% aus den arabischen Ländern. In seinem Interview mit der Gazette vom 11.10. erklärte der Minister für Tourismus, Tawfiq Abdu Ismail, die arabischen Touristen stellten etwa 60%. Die Differenz der Zahlen und das Fehlen von Vergleichsmaterial erschweren eine Analyse, obwohl sie gerade hier wichtig wäre, weil wir Touristengruppen mit völlig unterschiedlicher Interessenlage vor uns haben, von der Finanzkraft gar nicht zu reden. Der Boom beim Bau von privaten Luxuskrankenhäusern und Hotels der obersten Preiskategorie deutet darauf hin, daß man stärker mit der arabischen Seite kalkuliert; die Tendenz bei den Preisen, die den Touristen betreffen, unterstützt diese These: Gebühren, Eintrittspreise (selbst fürs Parken an der Maidum-Pyramide wurde neulich 1,0 LE mit Ticket! gefordert im Jahre 1983 Anm. KFN ), Flugpreise, Getränke steigen beharrlich; Mieten und Abgaben der Ladenbesitzer in Hotels und staatlichen Institutionen erreichen astronomische Höhen. Nur nebenbei sei bemerkt, daß es für unterschiedliche Preise für Einheimische und Ausländer zwar ehrenwerte Gründe geben mag, daß dies aber dem Touristen das Gefühl gibt, eine Milchkuh zu sein und kein Gast. Die Tendenz, nur das finanzkräftigste Publikum im Blick zu haben, hat aber bereits zu erheblichen Fehlentwicklungen geführt! "Cairo Today" weist in einem aufschlußreichen Bericht über die Hotelsituation in Kairo (Nov. 82) auf die Überkapazität bei Luxushotels hin, die schon besteht und sich mit der endgültigen Fertigstellung des Marriott, des Gezira-Sheratons und anderer Projekte noch verschärfen wird. Die finanzielle Fehlkalkulation des El-Salam-Hospitals ist schon Stadtgespräch, andere Fast-Pleiten könnten folgen. Nachdem immer mehr Länder der Dritten Welt in Zahlungsschwierigkeiten geraten, die Ölpreisentwicklung und die unklare Situation im iranisch-irakischen Raum sich mit einer weltweiten Rezession zu verbinden scheinen, dürfte die arabische Karte allein nicht mehr den erhofften Gewinn bringen. Wenden wir uns den Touristen aus den westlichen Industrieländern zu, die nicht aus gesundheitlichen, geschäftlichen oder religiösen Gründen nach Ägypten kommen. Der Gast mit gezieltem Interesse an der pharaonischen oder islamischen Kultur soll uns hier weniger interessieren, er kam schon seit Jahrhunderten allen Unbilden des Landes zum Trotz. Nein, es geht um den Gruppentourismus, der Ägypten entdeckt hat. Auch wenn dieser Tourist nur einmal kommt, so bestimmen doch seine Erfahrungen die weitere Entwicklung. Seine Wünsche und Vorstellungen müssen mit der Realität des Landes verglichen werden. Er will für sein Geld gute Unterkunft, d. h. saubere Zimmer, funktionierende sanitäre Einrichtungen, mäßigen Komfort, zuverlässige Reservierungen; gute Bedienung, wenn möglich in der eigenen Sprache, höflich, perfekt; gutes Essen, wenn möglich in heimatlich gewohntem Rahmen, zumindest aber hygienisch einwandfrei, warm und schnell serviert zu erschwinglichen Preisen; er möchte Kultur, bequem auf guten Straßen erreichbar, informierte, sprachlich versierte Führer, ein gutes Souvenirsortiment. Er erwartet ein Freizeitangebot, folkloristisch gefärbt, ohne daß es zuviel eigene Aktivitäten erfordert. Er will aber auch Erholung am Strand, doch mit funktionierenden Duschen und ohne Teer, Plastikfetzen und Müll. Er will sich frei und ohne Belästigungen bewegen können und nur gemäßigt übers Ohr gehauen werden. Kurz, er erwartet Anregung, Bequemlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit. Seine finanziellen Möglichkeiten sind nicht unerheblich, aber auch nicht unbegrenzt. Werden diese Grenzen überschritten, wird die Relation von Leistung und Preis zu ungünstig, bleibt er aus, wie Spanien und Italien, wie jüngst Griechenland erfahren mußten. Das Huhn, das goldene Eier legen kann und soll, darf nicht geschlachtet werden, vor allem nicht, wenn man in die Aufzucht eines Wunderwesens Gold und Kraft investiert hat und man seine Produkte dringend benötigt. Ein Beispiel: Hunderttausende besuchten nach einem Bericht der International Herald Tribune vom 8.10.81 früher Sharm el-Sheikh und seine Wassersporteinrichtungen. Nun sind es 10 pro Tag, manchmal keiner. 40 bis 50 Millionen Dollar hat Ägypten den Israelis für deren Investitionen auf dem Sinai bezahlt. Diese Summe kann nur dann einen Sinn haben, wenn die Anziehungskraft dieser Orte durch die ägyptischen Behörden wieder gestärkt wird. Hierzu gehören, wie Carl Buchalla in der Süddeutschen Zeitung schrieb, eine bessere Verbindung über den Kanal, Abbau der Bürokratie, Zurückhaltung bei den Preisen, aber auch Anstrengungen, die von den Israelis vor der Übergabe angerichteten Zerstörungen zu beseitigen. Es wäre zu wünschen, daß es Ägypten gelingt, die Stagnation auf dem
Gebiet des Tourismus zu überwinden. Es gibt Ansätze zu dieser Hoffnung, kleine
und große grüne Pflänzchen:
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Egypt Air flies dry
Nr. 4/84, p. 62 EGYPTAIR, the national flag carrier, has decided to abstain from serving all
kinds of liquor on board its planes according to the directives of the Chairman,
Mr. Mohamed Fahim Rayan.
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Touristinnen in Ägypten...
Nr. 9/83, p. 17 Touristinnen in Ägypten werden künftig einen Umhang und ein Kopftuch erhalten, wenn sie Moscheen besuchen wollen. So beschlossen es das Ministerium für religiöse Stiftungen und die Tourismuskammer in Kairo. Damit solle dem "unangemessen und beschämenden" Aufzug einiger Besucherinnen begegnet werden, hieß es. Diese Touristinnen verletzten die Heiligkeit der Moscheen. Bislang wurden Touristinnen lediglich gebeten, ihren Kopf zu bedecken. (dpa)
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Gesellschaft der Touristenfreunde
Nr. 10/88, p. 57 Mancher Tourist besonders als Einzelreisender klagt über Belästigungen durch Kameltreiber an den Pyramiden, das Abgeschlepptwerden in Parfümerieläden in Kairos Innenstadt und überhöhte Preise in Taxis. Die Tourist Friends Association ist eine Gruppe von Ägyptern sie zählt 10.000 Mitglieder die u.a. darauf hinarbeitet, daß Ausländern diese Unannehmlichkeiten erspart bleiben. Wie? Ihre Mitglieder greifen ein, wenn sie sehen, daß Touristen belästigt werden. Sie sprechen mit den Ägyptern, erklären ihnen die Unangemessenheit ihres Verhaltens und die Bedeutung des Tourismus für Ägypten. Wann immer sie Taxi fahren, versuchen sie, den Taxifahrern klar zu machen, daß für Ausländer dieselben Preise zu gelten haben wie für Einheimische. An den Pyramiden sprechen sie mit den Kameltreibern und der Touristenpolizei und verteilen Urkunden an diejenigen, die von Touristen gelobt bzw. über die bei der Polizei keine Klagen eingehen. "Das macht sie stolz", erklärt der Generalsekretär der Organisation, Dessouki Said. Hat die Gruppe schon etwas erreichen können? "Das ist nicht einfach und braucht viel Zeit." Aber allein dadurch, daß jedes Mitglied in seiner Großfamilie um Verständnis für den Touristen und den richtigen Umgang mit ihm wirbt, hofft man etwas zu erreichen. Andererseits bieten die Mitglieder Touristen die Gelegenheit, mit in ihre Familien zu kommen und Ägypten einmal anders kennenzulernen als nur durch seine Sehenswürdigkeiten. Die "Gesellschaft der Touristenfreunde" wurde 1969 von dem General Mohamed Fouly und dem früheren Touristenminister Adel Taher anläßlich einer internationalen Konferenz gegründet, für die Ägypter mit Sprachkenntnissen zur Betreuung der ausländischen Gäste gesucht wurden. Mitglieder der Gesellschaft, die eng mit dem Touristenministerium zusammenarbeitet und von diesem auch subventioniert wird, sind "gebildete Männer und Frauen, die Fremdsprachen beherrschen und immer fähig sind, genaue Auskunft über Zivilisation, Kultur, Kunst und Lebensart zu erteilen", heißt es in der kleinen Broschüre, die in vier Sprachen die Tourist Friends Association vorstellt und auch ihr Ziel definiert: "Herstellung von Verbindungen zwischen den Menschen, die in verschiedenen Ländern leben und verschiedene Sprachen sprechen... Verstärkung der Freundschaftsbande zwischen Ägyptern und Ausländern ... (denn) wir wünschen, daß alle Menschen neben und miteinander friedlich und glücklich leben." Mitglieder, die alle einen Ausweis haben, können sich täglich außer freitags in der Kasr El Nil St. 33, 9. Stock, 18 bis 21 Uhr treffen. Hier werden auch Vorträge über Archäologie, Reisen, Kunst und Theater gehalten und Ausflüge organisiert. Gäste sind immer willkommen. Herr Dessouki Said, der dem PAPYRUS über seine Organisation berichtete, spricht deutsch und ist jederzeit zu Auskünften bereit.
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Der Einfluß des Tourismus auf "Land und Leute"
Nr. 56/87, pp. 2021 Was erwartet Ägypten außer Devisen vom Tourismus, welche Nebenwirkungen hat er auf die Bevölkerung? Diesen Fragen versuchten wir nachzugehen und fanden in Dr. Said Moussa aus dem Ministerium für Tourismus einen bereitwilligen Gesprächspartner. Im folgenden geben wir seine wichtigsten Aussagen wieder: Mit Hilfe des Tourismus hofft Ägypten, Freunde in aller Welt zu finden und so ein positives Ägyptenbild aufzubauen. Aber wie jede Aktivität, so beinhaltet auch der Tourismus negative Seiten, welche sich manchmal nicht vermeiden lassen. Die Ägypter sind ein konservatives Volk, und so möchte Dr. Moussa um ein extremes Beispiel zu nennen keinen Nudismus von Touristen importiert sehen, der gegen die ägyptischen Sitten und Traditionen verstößt. Beide Seiten, die einheimische Bevölkerung und die Besucher aus anderen Ländern, müssen Konzessionen machen. Auch die ägyptische Gesellschaft ist in einem Wandel begriffen, aber die Änderung braucht Zeit sie sollte nicht durch einen Schock geschehen. Es ist keine kluge Politik, nur um des Gewinnes willen die Integrität des Volkes zu verletzen, oder seine soziale Stabilität zu opfern. Das Tourismus-Ministerium führt Untersuchungen durch, um die Wirkungen des Tourismus auf die Bevölkerung zu testen. Diese Untersuchungen beziehen sich hauptsächlich auf die weniger bevölkerten Gegenden in Ägypten, denn negative Folgen sind stärker zu bemerken, wenn die Zahl der Touristen die der Einheimischen übersteigt. Zu diesen "gefährdeten Plätzen" zählen die nordwestliche Mittelmeerküste von Alexandria bis Saloum, der Süd- und Nord-Sinai, die Küste des Roten Meeres sowie die Oasen. Die Erschließung dieser speziellen Orte sollte nicht nur unter dem wirtschaftlichen Aspekt verfolgt werden, sondern den Einfluß des Zusammentreffens sozialer Gegensätze berücksichtigen. Die Menschen in diesen Gebieten haben ihre eigenen Traditionen, die sich von denen des Niltals weitgehend unterscheiden. Negative Einflüsse könnten die Spontaneität und die Freundlichkeit der Personen ändern, ihre Bräuche und Traditionen zerstören. Um in den Oasen eine Überlagerung zu vermeiden, sollte man nicht zu viele Unterbringungsmöglichkeiten anbieten. Eine Limitierung kann ebenfalls durch geringe Transportmöglichkeiten und mangelnde Dienstleistungen erreicht werden. Man darf niemals vergessen, daß die Aufnahme-Kapazität immer abhängig ist von der Infrastruktur des Landes, der lokalen Produktion und der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte. Hat man mehr Verkehr, als die Infrastruktur aufnehmen kann, so wird dies einen zerstörenden Einfluß haben. Läßt man mehr Menschen ins Land, als man gut versorgen kann, so bedeutet dies ein Absinken des Standards der Dienstleistungen, und dies wäre keine gute Reklame für ein Land. Eine regionale Überfremdung durch Touristen gibt es bisher praktisch nur, wenn z.B. im Sommer die Niltalbewohner nach Marsa Matrouh strömen, aber da dies nur drei Monate dauert, sind die Auswirkungen nicht sehr groß. Im Sinai könnte diese Situation eher eintreffen, besonders, da dort die Saison 10 Monate dauert. Betrachtet man die geographischen Gegebenheiten, so muß man feststellen, daß trotzdem negative Einflüsse auszuschließen sind, da weite Teile unbewohnt sind. Die Touristen-Zentren sind importiert, die Arbeitskräfte sind importiert und natürlich die Besucher, dort finden wir eine importierte Gesellschaft eine Touristik-Gesellschaft. Wenn es für Ägypter einträgliche Arbeitsmöglichkeiten gibt, so werden mehr und mehr Leute ansässig werden und eine stabile Gesellschaftsform aufbauen. Die Begegnung mit Einheimischen und ausländischen Gästen könnte eine Gemeinschaft bilden, welche keine Veränderungen oder zerstörerischen Einflüsse bewirken wird, denn es ist eine Society, die vom Tourismus geformt wird. Auf unseren Einwand, daß die Sauberkeit und die Versorgung im Sinai, speziell im Süden, zu wünschen übrig lasse, erklärte uns Dr. Moussa, daß dies nur an einem Mißmanagement liegen könne. Da die Führung der Hotels und Campingplätze an private Unternehmer abgegeben wurde, so könne dies nur an der schlechten Leitung liegen und diesbezüglich müßten mehr Kontrollen und falls möglich Sanktionen verordnet werden. Die für manche störende Anwesenheit von Militärangehörigen kennt man im Touristen-Ministerium. Diesbezüglich sind Verhandlungen mit anderen Ministerien im Gange, um die nötigen Sicherheits- und Verteidigungsmaßnahmen, hauptsächlich in Touristen-Gegenden, auf ein Minimum zu beschränken. Allgemein kann man sagen, daß das Zusammentreffen mit Ausländern für Ägypter nie ein Problem war; Tourismus gibt es hier seit Jahrhunderten. Nur in Krisenzeiten, besonders bei wirtschaftlichen Problemen oder wenn die Gesellschaft einem Wandel unterzogen ist, können gewisse bedenkliche Einflüsse nicht untersagt werden. Dies bedarf Geduld, Verständnis und einiger Maßnahmen. Ägypten kann sich kein zweites Mal Vorkommnisse leisten wie sie sich 1986 in der Pyramiden-Straße ereigneten. Man muß versuchen, die Konfliktmöglichkeiten so gering wie möglich zu halten und die Plätze, an denen man Touristen-Attraktionen aufbauen will, sorgfältig auswählen. Die Umgebung der Pyramid Road wurde in den letzten Jahren zu einem Wohnbezirk der Mittelklasse; in dieser Gegend kann man keine Nacht-Clubs dulden, sie bringen dort Konfliktsituationen. Bei allen Überlegungen sollte man nicht vergessen, daß Ägypten auch ein arabisches und islamisches Land ist und es einen guten Weg suchen sollte, den Touristen zu gefallen und den einheimischen Traditionen nicht entgegenzuarbeiten. Man kann die Touristen nicht separieren, denn gerade die positive Begegnung mit der Bevölkerung ist eine der besten Attraktionen, die ein Land bieten kann.
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Tourismus in Ägypten
Nr. 10/89, pp. 4647
"Ich hab' halt von vornherein Abstriche gemacht und mich darauf eingestellt, daß hier die Situation 'ne andere ist als in Deutschland und bin eigentlich recht zufrieden im Großen und Ganzen." Diese Meinung über Urlaub in Ägypten, geäußert von einem deutschen Medizinstudenten, das ist eher die Ausnahme. Häufiger dagegen reagieren Touristen mit einem Kulturschock, wie etwa eine junge Frau: "Es sieht überall aus wie nach einem Bombenangriff," meinte sie, "überall liegt der Müll und die Menschen, die hausen praktisch im Müll." Sichtlich erschrocken begegnet auch ihr Mann den ägyptischen Verhältnissen. Nach einem Rundgang in einem Vorort von Kairo erzählt er: "Was mich am meisten schockiert hat, das ist, daß es Abstufungen in der Armut gibt. Einmal gibt es die Menschen, die in den für uns vermeintlichen Elendsvierteln leben. Aber darunter gibt es noch Menschen, die quasi auf den Friedhöfen leben." Nach solchen Erfahrungen geschieht oft folgendes: Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme Ägyptens, die einem permanent in die Augen stechen, werden verdrängt. Motto: Wir können da doch beim besten Willen nichts ändern. Man konzentriert dann seine Hilfe lieber auf das großzügige Bakschisch, das Trinkgeld. Den Wissensdurst lehnt man gleichzeitig auf die jahrtausendealte Kultur. Etliche Touristen wählen eine Schiffahrt. Eine beliebte Art zu reisen, eine unübersehbar große Flotte an Kreuzfahrtschiffen schwimmt auf dem geschichtsträchtigen Strom Nil. Vom spöttisch als Kakerlakendampfer betitelten Mittelklasse-Hotelschiff bis hin zum Luxuskreuzer, den ein Tourist aus Frankfurt so beschreibt: "Die Zimmer sind sehr komfortabel, mit Dusche und Klimaanlage. Der Service ist erstklassig und die Betten werden sogar zweimal am Tag gemacht." So erleben aber Tausende von Touristen Ägypten aus der Distanz der klimatisierten Räume, das Land wird reduziert auf ein nicht selten auch noch stressiges Besichtigungsprogramm. Nicht allen Touristen fällt das auf, wie es einer zusammenfaßt: "Ich kann nicht sagen, daß ich Ägypten gesehen habe. Gut, wir sind den Nil abwärts gefahren, haben die Bauern von Deck aus beobachtet, wie sie hart arbeiteten. Doch anhalten war nie drin, auch nicht, als wir jeweils mit dem Bus zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten gefahren wurden. Der einzige Kontakt zur Bevölkerung, der spielte sich an den Souvenirshops ab." Tourismus unter der Glasglocke der gleichzeitig mit Argusaugen die Schwächen der ägyptischen Tourismusindustrie entdeckt. Es existiert, von Fachleuten erstellt, eine 56-Punkte-Mängelliste. Alles Mängel und Probleme, die den Tourismus in Ägypten bremsen. Z.B. Verkehrschaos, unzuverlässige Flugverbindungen, Inflation und Umweltverschmutzung. Die Anstrengungen sind mittlerweile groß, u.a. auch um die Standards landesweit anzuheben, noch mehr Bettenkapazität zu schaffen, um Touristen auch noch ein zweites Mal ins Land zu locken. Dann aber zur Erholung, weniger zur Kulturpflege. Da aber muß den Kanaren- und Keniaverwöhnten Touristen noch mehr geboten werden, als es bisher in Ägypten der Fall ist.
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Ägypten und der Terrorismus
Nr. 12/98, pp. 2224a Es war der weltweit bislang blutigste Terroranschlag auf Touristen
überhaupt. Der 17. November 1997 wird wohl als der Tag gelten, an dem die
Touristenströme nach Ägypten vorerst zum Erliegen gekommen sind.
Das Blutbad von Luxor macht mit einem Schlag der Weltöffentlichkeit klar,
daß entgegen offiziellen ägyptischen Beteuerungen der Terrorismus keinesfalls
besiegt ist. Der Schaden für die Tourismus-Branche konnte nach dem Attentat vor
dem Ägyptischen Museum noch in Grenzen gehalten werden. Damals stimmte nach
tagelanger Konfusion und einer Nachrichtensperre das Auswärtige Amt in Bonn der
verniedlichenden Einzeltäterthese noch zu.
Mit der Doppelstrategie gegenüber islamischen Extremisten ist es nun vorbei.
Mubarak ließ sie stets gewähren, wenn sich ihre Attacken gegen oppositionelle
Intellektuelle richteten und verfolgte sie drakonisch, sobald sie Touristen und
Ferienzentren angriffen.
Zum blutigen Anschlag von Luxor bekannte sich die militante
Terrororganisation "Gamaa Islamij'a" ("Islamische Vereinigung"). Sie
versucht seit Jahren, den ägyptischen Staat mit Waffengewalt zu
destabilisieren. Die von ihr als gottlos bezeichnete Gesellschaft soll streng
islamisch ausgerichtet werden. Die "Gamaa Islamij'a" will die Trennung
von Religion und Politik abschaffen und einen Gottesstaat mit islamischer
Rechtsprechung errichten. Sie finanziert sich durch Spenden aus dem Ausland und
vor allem durch Überfälle auf vermögende christliche Kopten.
Zwei Tage nach seinem Amtantritt reagierte der neue Innenminister Habib Al
Adly ohne Pardon auf das Massaker von Luxor. 21 hohe Sicherheitsbeamte mußten
ihre Sessel räumen, mehr als 50 Polizeioffiziere in Luxor wurden ebenfalls
ihrer Ämter enthoben.
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Besudelt (Glosse)
Nr. 2/88, p. 44 Schadenfreude, so sagt man, sei reine Freude.
Schmutz ist in Kairo nichts Seltenes und meist auch nichts Belustigendes. Selten aber ist Regen in Kairo, und er beschert allenthalben Ausnahmesituationen wie daheim der erste Schnee, der jedes Jahr so aufgenommen wird, als sei er der erste überhaupt. Die Effekte ähneln sich in geradezu lächerlicher Weise. Sie werden verursacht durch Wasser und Schmutz. Feuchter Schmutz scheint lebendig zu werden. Wie ein großer Krake beginnt er sich über die Straßen zu stülpen. Er sät sich durch Spritzer aus, beginnt Dinge einzuhüllen. Ein Auto, am Straßenrand geparkt, ist kaum wiederzuerkennen. Auf Menschen, auch auf solchen aus dem Ei gepellt, reist der Schmutz: an Schuhen, Hosenbeinen, Rocksäumen. Hier spätestens beginnen sich auch manche reinen Gemüter zu beflecken: mit Schadenfreude und Spott. Etwa über die Hilflosigkeit, mit der jene Erscheinungsformen ägyptischer Weiblichkeit sich fortzubewegen beginnt, deren ausschließlicher Daseinszweck es ist, schön zu sein, und die als einzig erträgliche Tätigkeit das Auflegen immer neuer kosmetischer Schichten auf die Haut ansieht. Telefone und Registrierkassen sind für sie die beständige Ursache schändlicher Unterbrechungen ihres Strebens nach Höherem. Schmutz also auf jenen unsäglichen Kniestrümpfen, mit denen Kairos Damen alle ihre erotischen Signale völlig entwerten. Geradezu erzieherisch wirkte Kairos Schmutz kürzlich um Weihnachten als er ein versprengtes Exemplar jener Touristinnen ereilte, die ihre Solidarität mit der Bevölkerung der dritten Welt durch das reichliche Vorzeigen von Fleisch aus knappen Turnhosen, genannt Boxershorts, kundzutun pflegen. Der Anblick mangelnd verhüllter Hinterteile, der oft schon im Sommer dem Geschmack der Trägerinnen ein bedenkliches Zeugnis ausstellt, läßt in der kalten Jahreszeit erst recht frösteln. Die blaugefrorenen Schenkel, die Gänsehaut, die ich an jenem kühlen und regnerischen Tag auf dem Fußweg der Tahrirbrücke ausmachte, waren mitleiderregend. Ich konnte mich nicht dagegen wehren (obwohl ich mich dessen ein wenig schäme), daß mein Bedauern unversehens in Spott getränkt wurde, als unter den Reifen des Autos vor mir eine Fahne Schmutzwasser hervorschoß und sich über die vorwitzige Nacktheit breitete. Vermutlich, so rationalisierte ich die Schadenfreude, wird die Reisende in ihrem Führer künftig genauer nachlesen über das Wetter, das sie zu erwarten hat. Womöglich stößt sie dabei auch auf einen Abschnitt über Land und Leute und findet heraus, daß ihr Aufzug Wirkungen heraufbeschwört, die sie vielleicht nicht beabsichtigt. Soweit man sich entblößt, kann man auch besudelt werden; das gilt nicht nur für den Straßenschmutz. Es ist auch die Einschätzung, nach der viele Ägypter die eigenen Frauen verhüllen und andere behandeln. Selbst wenn man sie nicht teilt, kennen sollte man sie schon.
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Papyronymus:
Nr. 10/85, p. 68
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Papyronymus:
Nr. 3/86, p. 34
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Plapperonymus in Deutschland
Nr. 56/94, p. 87
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