Alltagsleben – ausländisch
    Inhalt:
    Aller Anfang ist schwer...
    Leben im Ausland – Wie sehen deutsche, mitausgereiste Ehefrauen Ägypten?
    8 × 8ung bei der Wohnungssuche
    Kinder, Kinder... Probleme nach dem Umzug
    Andere Länder – andere Sitten
    Geschichten aus dem Alltag
    Nicht ärgern – nur wundern
    Ägypten ohne Malesch – Eine Vision?
    Der Ägypter – ein Schwejk des Orients
    Lächeln ... lächeln... und die Sch...wörter
    They took your number
    Plapperonymus: Colloquium in Gezira
    Erfahrungen mit ägyptischem Hauspersonal
    Die ägyptischen Haushaltshilfen – Sheraalas – Maids
    Der Bo'ab
    Hintergrund und Abgrund des Bettlerstands

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Aller Anfang ist schwer...
von Roswitha Bassim

Papyrus-Logo Nr. 9/88, pp. 13—14

Unser neues Leben in Ägypten fing am 5.12.1984 an, als wir uns in Alexandria ausschifften. Der Kleinbus, den wir mitbrachten, war vollbeladen mit allem Möglichen, was nicht mit dem 60 m³ Container im September nach Ägypten ging. Der Bus sprang leider nicht an, und mit dem Zollamt gab es auch Schwierigkeiten, so daß wir den Wagen in Alexandria lassen mußten. Nach langem Hin und Her erklärte sich ein ägyptischer Beamter für ein angemessenes Bakshish bereit, uns nach Kairo zu fahren. Nachdem sein Wagen zum Zusammenbrechen vollgeladen war, setzte ein starker Regen ein. Bis wir endlich losfahren konnten, waren die Kartons auf dem Gepäckträger schon ziemlich aufgeweicht; nach kurzer Fahrt hörten wir ein Poltern und sämtliche Umzugskartons waren auf der Straße verteilt. Dies passierte noch ein zweites Mal. Allen Widrigkeiten zum Trotz kamen wir abends, total erschöpft, in unserer "neuen" Wohnung an und ließen uns, zwischen dem sich auftürmenden, verstaubten Umzugsgut, das im September eingetroffen war, nieder. Notdürftig wuschen wir uns mit kaltem Wasser, da kein Boiler vorhanden war und wollten flugs in unsere Nachthemden schlüpfen. Als wir die Koffer öffneten, erblickten wir unsere Wäsche völlig durchnäßt und vom Futter des Koffers blaugefärbt.

Da es auf den 5 Balkons keine Wäscheleine gab, mußten wir die Sachen zum Trocknen auf Kartons verteilen. Die Waschmaschine konnte natürlich auch nicht angeschlossen werden, da es keinen Starkstrom gab. Nach der feuchtkalten Nacht inspizierten wir am nächsten Morgen unsere Wohnung. In dem neu renovierten Badezimmer zerbrachen im Laufe des Tages 35 Bodenfliesen unter unseren Füßen, nicht daß wir etwa so schwer wären, nein, es fehlte einfach an Zement. Das Bidet funktionierte nicht, d.h. es kam schon Wasser, nur nicht da, wo es sollte, und das Klo tropfte auch an mehreren Stellen. Die Gästetoilette war nicht benutzungsfähig. Auf den Parkettböden war fast mehr Farbe als an den Wänden, auch Fenster und Türen mußten abgedichtet werden. Einige Wochen später bekamen wir dann Starkstrom, so daß wir auf die ewigen Hähnchen vom Take-away verzichten konnten.

Nachdem einige "Klempner" mit Hanf, Hammer und Gips Bidet und Toilette nicht richten konnten, machten wir uns selbst an alle anfallenden Reparaturen. Nach wochenlangem Putzen, Einrichten und Reparieren gönnten wir uns am Heilig-Abend eine Ruhepause. Eine rechte Weihnachtsstimmung zu entwickeln, fiel uns angesichts der Sonne, des Verkehrslärms und des winzigen Lebensbaumgesteckes allerdings etwas schwer.

Ohne dienstbaren Geist gestaltete sich das Einkaufen auch nicht so einfach, manchmal gab es kein Öl, manchmal kein Tomatenmark, dann kein Mehl. Außerdem hatten wir noch immer nicht unseren Bus aus Alexandria zurück. Irgendwann einmal bekamen wir dann auch eine Putzfrau, der das Putzen beigebracht werden mußte. Nach einiger Zeit nutzte sie unsere Gutmütigkeit immer mehr aus, so daß wir sie eines Tages entlassen mußten. Erneut ohne Hilfe, konfrontiert mit der einsetzenden sommerlichen Hitze und damit mit den Mücken aus dem nahegelegenen Tümpel, wurde unser Leben auch nach dem ersten halben Jahr nicht bequemer.

Ein einziges Mal fuhren wir für 4 Tage nach Luxor ins Jolie Ville zum Ausspannen, da wir Besuch aus Deutschland hatten. Den Rest der 3 Monate Ferien verbrachten wir schwitzend in unserer unklimatisierten Wohnung, wo wir endlich einmal genug Zeit hatten, um selbige totzuschlagen.

Nach den Sommerferien kehrten die Freunde, welche wir im Laufe des Jahres gewonnen hatten zurück, es wurde langsam kühler und wir gewöhnten uns mehr oder weniger an den Dreck, an die Armen, an die Straßenhunde usw. Wir fanden uns auch besser im Kairoer Verkehrswirrwarr zurecht, das Einkaufen klappte auch relativ gut, denn jede Bekannte wußte einen anderen Supermarkt, wo man dies und jenes ergattern konnte, und so führen wir heute nach 3½ Jahren das ganz normale Leben einer Familie, soweit man das Leben in Kairo als normal bezeichnen kann.

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Leben im Ausland –
Wie sehen deutsche, mitausgereiste Ehefrauen Ägypten?

von Barbara Hatour-Satow

Papyrus-Logo Nr. 5—6/84, pp. 32—35

Wie ergeht es den deutschen Frauen in Ägypten, die im Amtsdeutsch als "mitausreisende Ehefrauen" bezeichnet werden? Es soll hier kurz zusammengefaßt werden, was in mehreren Gesprächsgruppen mit insgesamt 19 betroffenen Frauen zu diesem Thema zur Sprache kam – einer sicher kleinen Gruppe, die nicht unbedingt repräsentativ ist für die schätzungsweise 500 Frauen, die mit ihren in Ägypten arbeitenden deutschen Ehemännern auf Zeit hier leben.

Warum gingen sie ins Ausland und wie standen sie als Ehefrau zu dem Entschluß?

Fast ausnahmslos waren die Frauen dafür, ins Ausland zu gehen – für die meisten ist es der erste außereuropäische Auslandsaufenthalt – sei es, um aus einer empfundenen Enge herauszukommen und etwas Neues zu sehen, den Gesichtskreis zu erweitern, eine andere Kultur kennenzulernen oder auch, um den Mann in seinem beruflichen Weiterkommen zu unterstützen. Wer nach Ägypten kam, wollte oft in ein außereuropäisches Land und hat Ägypten aus dem begrenzten Länderangebot meist der deutschen Schule wegen gewählt. Die überwiegende Mehrheit der in Ägypten arbeitenden Deutschen scheint aufgrund der deutschen Schule aus Familien mit Kindern zu bestehen.
Wer einmal die Anfangsmonate oder das erste Jahr, das als schwierig empfunden wird, überstanden hat, verlängert oft den Arbeitsvertrag entweder aus rein beruflichen Gründen oder weil das Land gefällt.

Was sind die Hauptprobleme zu Anfang?

Wohnungssuche, Sprache, fremde Mentalität, Verkehr etc.

Was empfinden die meisten auch nach einigen Jahren noch als unangenehm?

Hauptsächlich stört der Dreck, die Luftverschmutzung, der Verkehr, der Lärm, die Menschenmassen. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Kinder – sie haben außer in den Clubs so gut wie keine Möglichkeit draußen zu spielen und zu toben – schränkt auch die Mütter ein.
Einkaufen erfordert großen Zeitaufwand und vieles, was in Mitteleuropa selbstverständlich ist, ist hier kompliziert.
Als Frau fühlt man sich nicht für voll genommen und hat den Eindruck, daß nur das Wort des Mannes gilt, z.B. im Umgang mit Handwerkern, bei Tankstellen etc. Einige vermerken als negativ Belästigungen, denen sie als Frau ausgesetzt sind oder als Ausländer, wenn sie um Bakschisch angegangen werden.
Dem einen mangelt es an Kulturangebot, dem anderen an Natur zum Spazierengehen oder an dem Wechsel der Jahreszeiten. Clubs, die die einzigen Spielplätze, Schwimmbäder und Sportangebote haben, finden manche zu teuer. Der Gegensatz Arm-Reich und die Ohnmacht der Armut gegenüber wird als bedrückend empfunden, und das manchmal beobachtete Benehmen der Reichen gegenüber den Armen als verantwortungslos. Dennoch überwiegt das Positive, denn die meisten sagen, daß es ihnen hier trotz alledem gut gefällt.

Was gefällt außer dem Wetter, der Kultur, dem Gegensatz Großstadt-Wüste, dem Nil und den Pyramiden?

Die Menschen, die man als gastfreundlicher, liebenswürdiger und hilfsbereiter empfindet als die Mitbürger zu Hause; bedauert wird vereinzelt, daß sich aus der Freundlichkeit der Ägypter nur selten feste Freundschaften mit ihnen ergeben: "hier hat die Familie Priorität, als Fremde kommt man da nicht rein".
Manche haben das Gefühl, angesichts der Armut bewußter zu leben, Selbstverständliches wieder schätzen zu lernen, z.B. Wasser, Elektrizität, Telefon, und einige fühlen sich fern der Nachbarn freier, auch frei von Konsumzwang. Eine genießt, daß sie dank der größeren Wohnung öfters Gäste unterbringen kann, andere, daß sie sich Sportarten leisten können, die in Deutschland zu teuer sind. Die finanzielle Besserstellung hier im Ausland und das größere Angebot an Dienstleistungen – hauptsächlich Hauspersonal – führt zu dem größten Pluspunkt, der fast einstimmig von allen Frauen genossen wird: mehr Zeit.
Dadurch, daß einem die "tägliche, fürchterliche Pflicht der Hausarbeit abgenommen wird", haben viele Frauen, so die Kinder zur Schule, gehen, sehr oft freiere Vormittage als in Deutschland. "Man hat wieder Zeit, ein Buch zu lesen", treibt Sport, lernt Sprachen, macht Musik, Handarbeiten und trifft sich. Von dem Mehr an Zeit profitiert vor allem auch die Familie. Nachmittage werden ganz den Kindern gewidmet, die durch die eingeschränkten Möglichkeiten außer Haus häuslicher sind – "das Familienleben ist hier viel intensiver" – oder ständig herumchauffiert werden müssen, zu Freunden, in den Club, zum Musikunterricht etc. Der mütterliche Chauffeurdienst ist in Kairo sicher zeitaufwendiger als zu Hause.

Was wird vermißt, so daß trotz weitgehender Befreiung von Hausarbeit und endlich mehr verfügbarer Zeit nicht alle Frauen zufrieden sind?

Denjenigen, die in Deutschland berufstätig waren, fällt der Übergang zum Nur-Hausfrauendasein oft sehr schwer; hier haben die Allerwenigsten die Möglichkeit, weiter zu arbeiten. Sie haben das Problem, nicht ausgefüllt zu sein, und sehr viel größer ist dieses Problem bei denjenigen, die keine Kinder haben. Sie bemängeln die eingeschränkte Bewegungsfreiheit als Frau (ein Problem, das Mütter sehr viel weniger zu haben scheinen) und haben Angst davor, nach Deutschland zurückgekehrt, keine Arbeit mehr zu finden.
Ob Mütter oder nicht: vorwiegend ehemalige Berufstätige leiden unter dem Wegfall der Selbstbestätigung und der mangelnden Anerkennung als Hausfrau; sie fragen sich, wer sie eigentlich sind, außer immer nur die Frau ihres Ehemannes oder die Mutter ihrer Kinder. Manche Mütter – abends erschöpft – fragen sich, was sie eigentlich machen, was sie den ganzen Tag geleistet haben. Ohne Titel, Anerkennung und eigene Leistung zu leben, muß gelernt werden, kann Krisen hervorrufen, die überstanden, eventuell als Gewinn angesehen werden; denn man kann aus ihnen viel über sich selbst und die Beziehung zu anderen lernen. Ein Lernprozeß, zu dem viele Männer im beruflichen Streß keine Zeit haben. Doch ein Weg aus der Krise heraus kann nur ein neuer Inhalt sein, etwas, was diesen Frauen neue Identität verleiht.

Ist Isolation für die deutschen Frauen in Kairo ein Problem?

Isolation scheint kein Problem zu sein. Man ist nicht so ans Haus gefesselt, hat mehr Zeit und deutsche Kontakte – vereinzelt auch als interessant empfundene internationale – werden leicht gefunden: vor allem über die Schulkinder – Mütter von Kleinkindern tun sich sehr viel schwerer – über Interessen wie Sport, Chor, Literaturkreis, die Kirche und über den Ehemann. Einige Frauen finden, daß sie zwar viele Leute kennen, die Ehemänner aber über den Beruf die weitaus interessanteren Kontakte haben. Cocktailparties, unterschiedlich beurteilt als "repräsentativer Krampf" oder "angenehme Abwechslung", bieten auch die Möglichkeit, neue Leute zu treffen. Überhaupt geht man im Ausland häufiger aufeinander zu, kommt leichter miteinander ins Gespräch.

Und die Kinder?

Sie, denen meist ein Wechsel z.B. von Deutschland ins Ausland am schwersten fällt, wollen dann oft, haben sie sich erst einmal eingelebt, nicht so schnell wieder zurück in die Heimat. Sie sind nicht so frei wie zu Hause, genießen aber, daß die Eltern mehr Zeit für sie haben. Aber die Kinder, die schneller und intensiver Freundschaften schließen als Erwachsene, leiden auch am meisten an dem ständigen Abschiednehmen von guten Freunden, bedingt durch den häufigen Wechsel der Deutschen, die in Ägypten immer nur einige Jahre arbeiten.

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8 × 8ung bei der Wohnungssuche
von Klaus Steinvorth

Papyrus-Logo Nr. 9/85, pp. 7—10

Eine gute Wohnung in Kairo zu finden, ist mühsam, aber möglich. Das Angebot ist verwirrend, Qualität und Preise schwanken erheblich. Glücklich kann sich schätzen, wer die Wohnung seines Vorgängers oder eine Firmenwohnung bezieht. Derjenige aber, der sich auf Wohnungssuche begeben muß, möge Haltung und die Hilfe seiner Bekannten annehmen. Für ihn sind auch die folgenden Ratschläge gedacht, die aus der Erfahrung und Praxis kommen.

Regel 1: Nie alleine gehen

Wohnungsinhaber und Makler sind keine Partner, mit denen man alleine eine Entscheidung über eine Wohnungsanmietung treffen sollte. Am besten ist die Ehefrau dabei. Je mehr mitkommen, desto leichter werden Mängel entdeckt. Auch macht es Eindruck, wenn eine halbe Fußballmannschaft kritisch Klo und Küche mustert. Das muß ja eine wichtige Sache sein...

Regel 2: Zeit lassen

Nichts ist schlimmer, als nach Vertragsbeginn zwischen Hotel und Arbeitsplatz pendelnd, auf Wohnungssuche gehen zu müssen. Manch einer hat aus Verzweiflung – das Gejammer von Frau und Kindern im Ohr – eine Wohnung akzeptiert, deren Nachteile er übersehen hatte. Ein bis zwei Wochen netto dauert die Wohnungssuche mindestens; es gab aber auch schon Fälle, wo sie mehrere Monate Zeit in Anspruch nahm.
Die Deutsche Evangelische Oberschule (DEO) hat aus diesem Problem die Konsequenz gezogen, daß Wohnungssuchende drei bis fünf Monate vor Vertragsbeginn nach Kairo kommen, um unter anderem ihre Wohnung anzumieten. Natürlich jammern die Vermieter über die lange Zeit, die zwischen Vertragsunterzeichnung und Einzug liegt, und fordern Kostenbeteiligung. Aber keine Angst! Es gibt Möglichkeiten zum Kompromiß: Ist die Monatsmiete akzeptabel, erhöht man sie um einen geringen Betrag (z.B. 50,- LE) Nach einer Mietzeit von drei Jahren hat der Vermieter seinen anfänglichen Verlust ausgeglichen. Der Mieter hat noch besser abgeschnitten, denn keine deutsche Behörde bezuschußt eine Wohnung, die so lange nicht vom Mieter bewohnt wird.

Regel 3: Selbstbewußt auftreten

Der Wohnungssuchende soll auf die Mietforderungen so reagieren, wie es jeder Ägypter tun würde (dem bleibt es sowieso ein Rätsel, daß Ausländer so viel bezahlen können oder wollen). Also: Kreidebleich oder zornesrot werden, auf jeden Fall kräftig protestieren! Einen groben Fehler beging dagegen der Amerikaner, der in einem Maklerbüro ausplauderte, daß seine Firma ihm eine Wohnung bis zu 2.000 Dollar genehmigen würde. Prompt erhielt er nur Objekte dieser Preisklasse angeboten. Für Deutsche ist es empfehlenswert, "deutsche" Ordnung und Sauberkeit hervorzuheben. Vermieter sind erfahrungsgemäß zu einem nicht unerheblichen Preisnachlaß bereit, den sie Amerikanern oder Saudis, die beide im Ruf stehen, Wohnungen verkommen zu lassen, auf keinen Fall gewähren würden.

Regel 4: Lange Festmieten vereinbaren

Trotz vieler leerstehender Wohnungen ist in Kairo der Mietpreis für Ausländer immer noch sehr hoch. Einerseits wissen die meisten Hausbesitzer, die mit Ausländern zu tun haben, daß deren Behörden und Firmen die Miete bezuschussen; andererseits können die Baukosten wegen der steigenden Inflation kaum gesenkt werden. Man muß bei den Mieten mit einer jährlichen Teuerungsrate von etwa zehn Prozent rechnen. Üblich ist, daß im Vertrag die Miete für zwei Jahre festgesetzt und dann für jedes folgende Jahr ein zehnprozentiger Zuschlag vereinbart wird. Dennoch gibt es hier Räum für individuelles Verhandlungsgeschick. Eine dreijährige Festmiete ist durchaus möglich; die Grenze kann auch, wie schon erlebt, bei fünf Jahren liegen. Mit anderen Worten: Die Festmiete möglichst strecken, wenn einem die Wohnung gefällt.

Karikatur
"Der Vorschuß kostet 10.000 Ägyptische Pfund...
die monatliche Miete 100 Ägyptische Pfund...
und der Vermieter nimmt Sie erst ein Jahr zur Probe,
um zu sehen, ob Sie sich als Mieter eignen...!"

Regel 5: Makler einschalten

Anders als in Deutschland, wo Makler häufig nur die Hand ausstrecken, um Geld zu kassieren, erfüllen Makler in Ägypten einen wichtigen Zweck: Sie vermitteln in der Tat zwischen den Wünschen und Bedürfnissen der Ausländer und den (manchmal abenteuerlichen) Vorstellungen der Vermieter.

Die Maklerprovision hält sich in Grenzen. Das günstigste Angebot liegt bei 2,5 Prozent der Jahresmiete; andere Makler verlangen fünf Prozent, manche eine ganze Monatsmiete. Neben Maklern gibt es auch Laufburschen, die ohne Schreibtisch arbeiten; sie stehen an bestimmten Straßenecken (in Maadi hat einer, der mit Deutschen zusammenarbeitet, seinen Platz vor dem Fotogeschäft in der 9. Straße), verfügen über glänzende Kenntnisse des Marktes und verlangen in der Regel nur eine Provision von 50 bis 100 LE. Da in Ägypten auch der Vermieter dem Makler eine Gebühr zahlen muß (in der Regel so hoch wie der Mieter, oft aber mehr), vertraut dieser sich häufig einem "Hans-Dampf-in-allen-Gassen" an, den er mit einem Bakschisch zufrieden stellt.

Regel 6: Auf Nebenkosten achten

Was ist bei der Unterzeichnung des Mietvertrages zu beachten? Der Makler legt meist mehrsprachige Formulare vor, in denen nur persönliche Angaben, Miethöhe, Dauer und Unterschrift einzusetzen sind. Es gibt meist viel Kleingedrucktes dazu, nach dem der Mieter viele Pflichten und wenige Rechte besitzt. Nach Meinung der Makler sei das unwichtig. Wer dem keinen Glauben schenkt, kann seinen eigenen Vertragstext aufsetzen, was oft akzeptiert wird. Fehlt der Makler, ist das sogar die Regel.

Eine Kaution von einer Monatsmiete ist üblich (nicht erhöhen!). Nach manchen Vertragstexten darf sie nicht abgewohnt werden; sie gilt aber meist als letzte Monatsmiete, wenn der Vermieter mit dem Zustand der Wohnung zufrieden ist.

Kosten für Strom, Wasser Gas, Telefon gehen zu Lasten des Mieters. Sie sind nach deutschen Verhältnissen gering, weil der Staat sie subventioniert. Deshalb ist darauf zu achten, daß diese Kosten direkt (nicht über den Vermieter!) mit den jeweiligen Behörden abgerechnet werden. Das gilt besonders für das Telefon. Weil viele Mieter nur einen Nebenanschluß zum Telefon des Hausbesitzers haben, verlangt dieser manchmal einen Pauschalbetrag, der unverhältnismäßig hoch ist. Die jährlichen Telefongebühren bei 300 Gesprächen liegen um 18 LE, Stromrechnungen sollten im Monat bei einer Drei-Schlafzimmer-Wohnung (ohne Air Condition) kaum 10 LE überschreiten; Gas kostet (bei festem Anschluß) höchstens 1 LE. Ebenso minimal müßte der Wasserpreis sein; ich habe eine Wasserrechnung noch nie gesehen. Auch die Bezahlung des Boab ("Hausboy") oder des Gärtners sollte direkt geregelt werden.

Wichtig ist, daß der Mieter alle Wünsche zur Reparatur oder Renovierung der Wohnung schriftlich festhält und der Vermieter sich zur Erledigung dieser Aufgaben verpflichtet. Es sollte keinesfalls eine Wohnung im Bauzustand angemietet werden, selbst wenn sie "garantiert" in drei Monaten bezugsfertig wäre. Solche Versprechen nützen wenig, wenn sich später die Familie zwischen Bauschutt und lärmenden Handwerkern einrichten muß.

Regel 7: "Diplomatenklausel" einfügen

In keinem Mietvertrag sollte die Klausel fehlen, die die vorzeitige Kündigung des Vertrages vorsieht, wenn der Mieter unvorhergesehen Ägypten verlassen muß (Kündigungsfrist: ein Monat). Diese sog. "Diplomatenklausel" findet sich in den üblichen Mietformularen in der Regel nicht – also einfügen!

Regel 8: Den Eigentümer prüfen

Eine neue Wohnung ist kritisch zu mustern, aber man muß auch den Eigentümer der Wohnung genau prüfen. Eine schöne Wohnung ist wertlos, wenn ihr Eigentümer kleinlich, mißtrauisch oder rachsüchtig ist. Ich spreche aus leidvoller Erfahrung – unser Hausbesitzer hatte die Gewohnheit, bei Unstimmigkeiten die Telefonverbindung zu kappen. Ein verständnisvoller Eigentümer kann jedoch das Wohnen in Kairo angenehm machen – das ist jedem Wohnungssuchenden zu wünschen.

(Hinsichtlich der Preise und Verfügbarkeit von Telefonen beachten Sie bitte das Erscheinungsjahr: 1985 –Anm. KFN.)

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Kinder, Kinder... Probleme nach dem Umzug
Vorschläge, die man diskutieren kann

von Reinhild von Brunn

Papyrus-Logo Nr. 4/83, pp. 22—27

Umzüge sind für die ganze Familie anstrengend. Jeder einzelne muß sich neu zurechtfinden, ganz abgesehen von der ermüdenden Arbeit des Aus- und Einräumens. Im Getümmel des Wo-ist-was? und Wer-ist-wer? und Was-sag-ich-jetzt? geht manchmal die Kindererziehung leiseweinend unter. Die Eltern haben einfach keine Energien frei.

Im glücklichen Fall finden die Kinder gleich am zweiten Nachmittag einen ägyptischen Freund auf der Straße, lernen innerhalb von wenigen Monaten fließend arabisch – und wollen nie mehr weg. Tatsächlich verarbeiten viele Kinder und Jugendliche ihre Begegnung mit Ägypten großartig und nehmen fürs ganze Leben einen unersetzbaren Gewinn mit.

Normal ist allerdings auch, daß "Ich will nach Hause", "Die Leute gucken alle so blöd..." und "Hier ist alles langweilig, dreckig usw...." zum täglichen Klagelied wird. Manchmal nur in den ersten Wochen, oft auch über Monate.

Ein dem Europäischen so fernes Land wie Ägypten, eine so riesige Stadt wie Cairo ist für Kinder eine harte Nuß, die zu allem Überfluß mit einem arabischen Nußknacker geknackt werden will. Kinder brauchen besondere Hilfe, um sich zu orientieren.

Lange überlegten wir, ob wir die folgenden Fallbeispiele zweier erfahrener amerikanischer Psychologen durch selbsterlebte deutsche ersetzen sollten. Es gibt deren genug. Aber unsere deutsche Kolonie ist kleiner, und Anonymität in so intimen Dingen wie Familiensorgen vonnöten. Anregungen stammen aus dem eigenen Nest, Beobachtungen an der Schule und in den Clubs rundeten das Bild ab. Hilfe, die Probleme zu strukturieren, kam von Joel Wallach und Gale Metcalf, die vor vier Jahren als "Feuerwehr" nach Malaysia gerufen wurden, weil Diplomatenkinder zunehmend den wohlfeilen Drogen anheimfielen. Er Psychologe, sie Erziehungsberaterin; sie bauten ein so erfolgreiches Gemeindezentrum für ihre Landsleute auf, daß bald darauf in Mexiko, dann auf den Philippinen und – seit zwei Jahren – in Cairo-Maadi "Community Service Associations" entstanden. Eine regelrechte Volkshochschule mit allem Komfort ist in der 21. Straße entstanden. Das Angebot reicht von Malkurs bis Psychotherapie. Amerikanische Firmen und das Außenministerium spenden; vieles trägt sich jedoch inzwischen selbst.

Fünf Aspekte in der Auslandserziehung hebt das "Foreign Service Journal" hervor:

  1. Erziehung zur Verantwortung
  2. Beziehungen zum Gastland
  3. Innerfamiliäre Verständigung
  4. Umgang mit Gleichaltrigen
  5. Rückkehr nach Hause
1. Erziehung zur Verantwortung

Mike, 13 Jahre alt, war vom Vater zurechtgewiesen worden, weil er sich zu Hause unverschämt benahm. Nun jammert er: "Das ist die erste Party dieses Jahr! Wenn ich da nicht hingehe, lerne ich keinen Menschen kennen. Du weißt, daß ich hier keinen einzigen Freund habe. Nicht wie zuhause, wo ich jeden kannte und alle mich! Ich wollte sowieso nie hierher. Ich wußte ja, daß es hier scheußlich sein würde. Du mußt mich gehen lassen!" Und Vater läßt ihn denn.

Eltern fühlen sich oft schuldig, weil sie ihre armen Kinder in ein "solches" Land mitgeschleppt haben und sind versucht, das mit besonderer Nachgiebigkeit aufzuwiegen. Zudem betrachten Dienstboten es als Teil ihrer Aufgabe, die Kinder ihrer Arbeitgeber zufriedenzustellen.

Eine Putzfrau, die klaglos hinter Kindern herräumt, eine Mutter, die – vom Gröbsten entlastet – das vergessene Turnzeug in die Schule nachträgt, hier und da die Augen zudrückt, weil ja keiner die Konsequenzen der Unordnung mehr tragen muß... sie erziehen beide nicht gerade zur Verantwortung. Vater muß im Ausland nicht mehr so sehr auf den Pfennig achten und läßt schon eher mal was springen. Teenager, die – dem Alter entsprechend – ihre Grenzen suchen, fühlen zu wenig Widerstand. Verstärkt wird ihre Selbstüberschätzung dadurch, daß sie wahrnehmen, wie wenig ein ägyptischer Polizist z.B. letztlich gegen sie unternehmen wird. Ein Land, in dem zwischen Gesetzestext und -wirklichkeit große Unterschiede klaffen, erzieht nicht mit. Die Eltern müssen, mehr als zuhause, klar den Rahmen abstecken, der nicht ohne Sanktionen überschritten werden darf.

Kinder sollten in familiäre Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden: Wohin am Wochenende? / In welchen Club treten wir ein? / Welches Familienmitglied ist für Haustiere zuständig? usw. Kinder sollten nicht von Hausarbeiten gänzlich befreit werden, selbst wenn Dienstboten das absolut nicht verstehen können! Zumindest in den eigenen vier Wänden sollen sie selbst bestimmen, einrichten und auch aufräumen.
Klare Richtlinien. Bündige Konsequenzen!

2. Beziehungen zum Gastland

Sara, 5 Jahre alt, ist ein ganz liebes Kind, solange sie mit ihren Eltern zusammen ist. Mit dem Dienstmädchen jedoch benimmt sie sich wie ein Teufel. Sie kommandiert sie herum und entdeckt erfreut, daß die brave Frau ihr fast immer gehorcht.

Jim und Angie, beide 15, sind schrecklich verliebt. Jede verfügbare Minute stecken sie zusammen. Oft gehen sie Arm in Arm spazieren, Händchen haltend, geben sich hin und wieder einen Kuß. Manchmal schauen die Passanten nur groß. Manchmal rufen sie etwas Ärgerliches nach. Manche werfen mit Steinen.

Personal im Haushalt nimmt einen Teil der Arbeit, aber auch einen Teil der Kindererziehung ab. Das wird selten bewußt wahrgenommen. Eine Frau aus Bulaq wird selbstverständlich andere Erziehungsideale haben als eine aus Mannheim. In den Augen der Putzfrau ist ein Kind unter sieben Jahren noch ein halber Engel, und erst recht, wenn es blond ist! Liebe zeigt man durch Drücken, Küssen, Zwicken, durch viel, viel Süßes, durch Nachgiebigkeit. Verwöhnen ist nicht schädlich, sagen Psychologen – man muß es nur durchhalten!

Kleinkinder müssen einen Stil erleben, sonst werden sie unsicher oder maßlos. Diesen Stil durchzusetzen ist Aufgabe der Eltern allein. Schafft man das nicht, bleibt nur abzuwägen: Kind oder Dienstboten-Komfort?

Kinder haben sieben Ohren. Sie hören auch Unausgesprochenes sehr gut! Leider brauchen sie sich aber gar nicht anzustrengen, um mitzubekommen, was ihre Eltern vom Personal, von den Leuten auf der Straße und überhaupt vom Gastland halten. Ärger bei der Arbeit, Verkehrschaos beim Einkaufen, Streit mit den Vermietern... das Pauschalurteil ist auch gleich da!

Beobachten wir uns selbst! Leben wir den Kindern eine tolerante, verständnissuchende Begegnung mit Ägyptern vor? Woher sollen sie sonst ihre Verhaltensmuster nehmen? Wenn ein Junge spürt, daß sein Vater den Gärtner für einen Trottel hält, kann man kaum von ihm erwarten, daß er dem Angestellten mit Respekt begegnet.

Eltern sind hier nicht die einzigen bestimmenden Faktoren: im Schulalter regiert die Bandenmeinung. Wenn die Mehrheit des Clans beschlossen hat, laut oder unausgesprochen, daß dieser oder jener "doof, unter ihrer Würde , indiskutabel" sei, dann hat auch ein Kind aus bemühtem Elternhaus es bitter schwer, dagegen anzugehen. Zwar sollten Grobheiten und ungehöriges Verhalten, vor allem armen Leuten gegenüber, unnachgiebig korrigiert werden. Aber der Hang, sich gegen fremde Umwelt abzuschirmen, ist international und kann an türkischen Kindern in der Bundesrepublik Deutschland ebenso beobachtet werden wie bei deutschen Kindern in Cairo-Mohandessin. Den Kindern diese "Wagenburg" zu nehmen, hieße, sie überfordern.

Teenager haben andere Sorgen: sie wollen sich so entfalten, wie es daheim normal wäre. Sie wollen in der Gruppe losziehen, sich die Umgebung erobern, selbständig sein. Statt dessen finden sie hier ein relativ festes Rollengesetz vor. Mädchen tun dies, und Jungen dürfen das. So ecken die Deutschen an und provozieren ihre Umwelt. Ein Teufelskreis von wechselseitigem Unverständnis, Provokation und Haß kann die Folge sein. Mädchen haben es besonders schwer. Denn die Haltung Europäerinnen gegenüber ist ambivalent: einerseits gelten sie als hellhäutig und deshalb schön, als kultiviert und klug. Auf der anderen Seite als besonders leicht zu haben, sittenlos und auch als arrogant.

Da braucht es mehr als ein Kolleg über althergebrachte Tabus, es braucht auch viel Geduld und Zeit, viel Mühe von seiten der Eltern. Ein Weg z.B. wäre, Freundschaften zu gleichgeschlechtlichen ägyptischen Kameraden systematisch zu fördern, sobald sich die kleinste Gelegenheit bietet. Ein anderer, die jugendlichen zum Sprachunterricht zu bewegen. Denn Sprachbarrieren sind oft die Wurzel aller Schwierigkeiten. Regelmäßige Klage von seiten der Arabisch-Lehrer der DEO): die deutschen Kinder sind überheblich, sehen keinen Sinn im Sprachunterricht, werden von zuhause nicht gestützt.

Schüler und Eltern meinen: lieber kein Unterricht als so ein schlechter und langweiliger. Ein Ausweg bahnte sich vor ein paar Jahren schon an, wurde aber wohl aus finanziellen Gründen wieder verworfen: Man hatte vor, ein kindgerechtes Lehrbuch in der ägyptischen Umgangssprache zu erarbeiten, das auch Lehrern mit Klassen von sehr unterschiedlichem Kenntnisstand ermöglicht hätte, besseren, differenzierten Unterricht zu machen. Wir hielten es für überaus wichtig, diesen Ansatz wiederzubeleben!

So jedoch bleibt willigen Schülern nur der – manchmal weite – Weg ins Goethe-Institut oder zum ILI. Vielleicht kommt der Spaß an Sprache dann, wenn ein Vierzehnjähriger plötzlich begreift, was der alte Mann ihm gestern abend nachgerufen hat. Oder daß der von nebenan nicht gesagt hat: Hau ab! sondern: Spiel mit!

Hilfreich kann der Kontakt zu Kindern aus Mischfamilien sein, wo interkulturelles Zusammenleben rund um die Uhr praktiziert wird. Sie beweisen, daß es möglich ist, sie helfen zu verstehen, sie informieren über Dinge, die wir Europäer sonst nie erfahren würden.

3. Innerfamiliäre Verständigung

Jeannie, 17 Jahre alt, sagt, sie wolle mehr Familienleben. Aber ihr Stundenplan sei so voll, es bleibe einfach keine Zeit mehr. Sport, dreimal die Woche, Arbeitsgemeinschaft in der Schule. Und nach dem Abendessen die Hausaufgaben. An den Wochenenden fährt man oft mit anderen in die Wüste. Es gibt Parties. Nie ist man mal unter sich.

Vater meint, die ägyptischen Arbeitskräfte brauchten mehr Einsatz und Kontrolle: er macht mehr Überstunden als zuhause. Mutter braucht sich um den Haushalt nicht mehr so sehr zu kümmern und orientiert sich nach draußen. Abendliche Veranstaltungen tun ein Übriges, so daß schließlich ein jeder in seine Richtung ausfliegt.

Billiges Rezept dagegen: die Familie verabrede sich doch einmal im Monat mit sich selbst!

Diplomaten und Repräsentanten von Firmen mit weitreichenden Repräsentationspflichten müssen ihr Familienleben bewußter im Auge behalten als andere Ausländer. Das ist schon so bekannt, daß manchen Kindern in der Schule ein "Diplomatenknacks" angedichtet wurde, obwohl beide Eltern sich intensiv um ihren Nachwuchs kümmerten und gesellschaftliche Anlässe höchst selten wahrnehmen.

Pit, 9 Jahre alt, wusch sich pausenlos die Hände, hatte nie Appetit und entwickelte sich zum Stubenhocker. In der Schule verhielt er sich still und unauffällig, zuhause lustlos; er war häufig krank.

Auch Kinder können den sogenannten "Kulturschock" erleiden, dessen Symptome bei Erwachsenen von Verfolgungswahn bis Hautausschlag reichen können. Anders als bei Erwachsenen aber ist es besser, die besorgniserregende Veränderung bei Kindern indirekt anzugehen, d.h. nicht unbedingt darüber zu reden. Die Eltern sollten Gelegenheit zur Aussprache geben, aktiv zuhören, sich viel Zeit nehmen und körperliche Bewegung fördern. Eigene Aufgaben innerhalb der Familie, des Freundeskreises oder des Clubs helfen, den Schock zu überwinden. Jede erzwungene Begegnung mit dem Gastland bringt einen Rückschlag.

4. Umgang mit Gleichaltrigen

Roys Mutter war besorgt. Nun war der Junge schon ein halbes Jahr an der neuen Schule und hatte noch immer keinen Freund. Was sie aber mehr beunruhigte: er schien überhaupt nicht interessiert an Kameradschaft. Roy selbst gab eine einleuchtende Erklärung: er sei in den letzten sieben Jahren viermal umgezogen und habe keine Lust mehr, Freunde zu suchen, die er doch bald wieder verlieren müsse.

Schulwechsel innerhalb Deutschlands ist auch hart. Für alle Kinder bis nach der Pubertät. Für schüchterne, empfindsamere kann er traumatisch sein. Die Angst vor bestehenden Gruppierungen in der Klasse bewirkt genau die gefürchtete Isolation.

Ortsansässige Eltern lieben Freundschaften zu Zugvögeln nicht, weil sie ihren eigenen Kindern den schmerzlichen Abschied ersparen wollen. Das hat seine Berechtigung, macht aber die Situation der Kurzzeit-Ausländer nicht gerade einfacher. Gedankenlose Erwachsene tragen zur Entwurzelung bei, indem sie ein Jahr im voraus schon bedauern: "Wie schade, daß du bald weggehst!"

Scheiden tut weh. Daran läßt sich wenig ändern. Darum ist einem zweijährigen Aufenthalt in der Regel ein fünfjähriger vorzuziehen – im Interesse der Kinder!

Eltern müssen den Kindern zuliebe auch einmal Kontakt zu Freunden und deren Familien pflegen, die sie sich vielleicht selbst nicht ausgesucht hätten. Schon um im schlimmen Falle zu verhindern, daß ein endlich gewonnener Freund völlig uneingeschränkten Einfluß auf ihr Kind bekommt, was bei introvertierten Kindern häufig der Fall ist. Und ein weiteres "Opfer" sollten Eltern gegebenenfalls bringen: Sie müssen angesichts der Entfernungen und Transportmöglichkeiten mehr Chauffeur spielen als ihnen im Gewühl der Cairiner Straßen lieb ist – das ist eben der Preis.

5. Rückkehr nach Hause

Erfahrungen zeigen, daß die Wiedereingliederung zuhause in Deutschland für Jugendliche schwieriger ist als für kleinere Kinder. Rückkehrer kennen den letzten Hit nicht mehr, haben den heißesten Spruch nicht drauf, und die Mode ... na ja. In einem Alter, in dem der Beifall Gleichaltriger mehr zählt als alles in der Welt, kann das schrecklich sein.

Zudem wurde man im Ausland als etwas Besonderes hofiert, ging in eine Privatschule, konnte sich mehr leisten, und im Heimaturlaub empfing einen jedermann als den vielgereisten Gast und machte eilfertig Programm.

Nun heißt es wieder: du bist einer wie alle. Paß dich an. Erwachsene tragen vielfach Schuld daran. Je unglücklicher sie sich in Ägypten fühlen, desto unkritischer loben sie den deutschen Alltag, deutsche Erzeugnisse, deutsche Freizeitmöglichkeiten, deutsche Sauberkeit, deutschen Komfort... in den Himmel, ohne den Kindern gegenüber zu erwähnen, daß auch dort nur mit Wasser gekocht wird.

Zusammenfassend fünf wichtige Punkte:
  • Seien Sie sich bewußt, daß Umzüge für Kinder anstrengend sind, Unsicherheit und Angst fördern! Nehmen Sie sich viel Zeit für sie und hören Sie ihnen gut zu!
  • Achten Sie auf Ihr eigenes Verhalten! Kinder orientieren sich – auch an Ihren unausgesprochenen – Einstellungen zu Ägypten!
  • Legen Sie gleich zu Beginn fest, welche Aufgaben Ihre Kinder selbständig übernehmen sollen, wofür sie verantwortlich sind. Akzeptieren Sie bei allem Wohlwollen kein unmögliches Benehmen.
  • Helfen Sie Ihren Kindern zu verstehen, WARUM Ägypten so ist, wie es ist. Enthalten Sie sich konsequent pauschaler Äußerungen wie "Die Ägypter..." unterstützen Sie jede positive Annäherung.
  • Versuchen Sie, Schuldgefühle gegenüber den Kindern abzubauen. Sonst ermutigen und legitimieren Sie deren negative Einstellungen.

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Andere Länder – andere Sitten
von Siegrid el-Gabbas

Papyrus-Logo Nr. 9/85, pp. 30—31

An das Sprichwort der Überschrift wird man unweigerlich erinnert, wenn man zum ersten Male Ägypten besucht. Straßenbild, Bauweise der Häuser, Aussehen und Kleidung der Menschen – alles entspricht nicht dem Bild, wie man es in Deutschland gewohnt ist. Die Unsicherheit dem neuem Lande gegenüber läßt jedoch schnell nach, wenn man einige Erfahrungen und Begegnungen mit Ägyptern gemacht hat.

Auffallend ist die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit dem Fremden gegenüber. Gastfreundschaft ist hier nicht nur ein Wort. Jeder ist bemüht, dem Fremden zu helfen und einen guten Eindruck vom Lande zu vermitteln. Manchmal kann einen diese Höflichkeit aber auch in die Irre führen, nämlich dann, wenn man sich zum Beispiel nach einer Straße erkundigt und der Einheimische zu höflich ist, um zuzugeben, daß er sie nicht kennt. Man bekommt immer eine Antwort, nicht selten allerdings eine falsche...

Hat man sich entschlossen, einige Zeit in diesem Land zu verbringen, so sind die ersten Kontakte mit Ägyptern meistens die mit dem Hauspersonal. Da kann man als deutsche Hausfrau schon in Panik geraten, wenn man den Künsten einer ägyptischen Putzfrau zuschaut. Aber Wüstensand und Wüstenstaub erfordern andere Techniken, und man sollte das Vertrauen zu seinem Personal nicht verlieren. Schaut man dann auch ab und zu dem Koch über die Schulter, kann man ganz einfache, aber toll schmeckende und nahrhafte Gerichte kennen lernen.

Ist man dann etwas länger im Lande und sucht engere Kontakte zur hiesigen Bevölkerung und hat das Glück eingeladen zu werden, so sollte man nicht böse sein, wenn das mitgebrachte Geschenk "unachtsam" in der Ecke liegen bleibt. Es ist durchaus bemerkt worden und wird nach dem Fortgang der Gäste eingehend gewürdigt werden. Man möchte Sie nur nicht beschämen, wenn ein Geschenk im Verhältnis zu anderen etwas kleiner ausgefallen sein sollte.

Sicherlich wird man Ihnen auch etwas zum Essen anbieten. Ein einfaches "Danke – Nein" wird nicht so ohne weiteres akzeptiert. Erst wenn man Sie mehrere Male gefragt hat, wird man überzeugt sein, daß Sie wirklich nichts wünschen. Möchten Sie aber doch von all den leckeren Sachen essen, so seien Sie nicht böse, wenn man Ihnen den Teller voll packt und auch ständig nachfüllt. Sie können trotzdem auf Ihre schlanke Linie achten, denn Sie brauchen den Teller nicht leer zu essen – nur wenn Sie einen Rest übrig lassen, wissen Ihre Gastgeber, daß Sie satt sind.

Wollen Sie als Frau das Land erkunden und Behelligungen aus dem Wege gehen – diese lassen sich meist nicht ganz vermeiden, wenn Sie zufällig blonde Haare haben – so empfiehlt es sich, die Kleidung den Landessitten etwas anzupassen. Man schwitzt wirklich nicht viel mehr, wenn man an Stelle des Trägerhemdchens eine leichte Bluse anzieht...

Haben Sie eine positive Grundeinstellung diesem Lande gegenüber und begegnen den Menschen mit genau so viel Toleranz, wie man sie Ihnen entgegenbringt, so kann eigentlich gar nicht viel verkehrt gehen. Der Aufenthalt in Ägypten wird Ihnen trotz einiger negativer Erfahrungen in liebenswerter Erinnerung bleiben. Und wenn Sie dann später das Heimweh nach Ägypten plagt, dann haben Sie die Mentalität richtig erfaßt.

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Geschichten aus dem Alltag
von Horst Kutsche

Papyrus-Logo Nr. 11—12/97, pp. 45—46

Eigentlich sollte man sich besondere Begebenheiten sofort aufschreiben. Man erinnert sich oft daran, aber nach und nach werden sie vergessen. Nachdem ich nun wieder ein Jahr in Deutschland lebe, möchte ich doch damit beginnen, etwas von den vier "unvergeßlichen" Jahren in Kairo aufzuschreiben, damit einige der so alltäglichen Geschichten hier nicht in Vergessenheit geraten.

Da wäre z.B. die Geschichte von den Handwerkern!
Alles begann damit, daß sich in der Decke meines Badezimmers kleine Risse zeigten. An diesen Stellen verlor dann die Farbe ihren Halt und blätterte in immer größer werdenden Stücken ab. Dadurch wurde allerdings auch der Deckenputz seiner letzten Festigkeit beraubt, da er offenbar nur noch von der Farbe (immerhin 6—7 Schichten) zusammengehalten wurde. Der Zerbröselungsprozeß verlief in einer enormen Geschwindigkeit, und in immer kürzeren Abständen fanden sich Putzstücke in der Wanne, im Waschbecken und auf dem Boden. Da ich mich mit dem Gedanken nicht abfinden konnte, mein Bad nur noch mit Schutzhelm bekleidet betreten zu können, informierte ich den Vermieter.

Wie viele andere auch war er davon überzeugt, eine erstklassige Wohnung zu einem unglaublich niedrigen Preis zu vermieten. Daher erwartete ich eine endlose Diskussion um die Übernahme der Kosten. Um so mehr verwundene mich, daß er sich nach dem ersten Besichtigungstermin sofort bereiterklärte, Abhilfe zu schaffen. Er müsse nur noch schnell den Handwerker seines Vertrauens anrufen, um die Terminfrage zu klären. Er verließ mich mit ein paar aufmunternden Worten, und ich begann mich zu fragen, wo es Schutzhelme zu kaufen gebe.

Sie können sich sicherlich meine Überraschung vorstellen, als schon zwei Tage später mein Vermieter anrief und für den nächsten Sonntag den Beginn der Renovierungsarbeiten ankündigte. Der Überraschungseffekt war perfekt, als er an jenem Tag in Begleitung eines drei Mann starken Bautrupps tatsächlich vor der Tür stand. Baubeginn war sofort. Nach kurzer Begutachtung durch den "Polier" hatte ich noch Gelegenheit, mich und das bewegliche Gut aus dem Badezimmer zu entfernen. Ein paar Planen und Decken wurden ausgebreitet, zwei Leitern aufgestellt und nach ein paar gezielten Hammerschlägen löste sich beinahe die ganze Decke auf einmal und pulverisierte sich und die gläserne Ablage, die ich vergessen hatte, abzuschrauben. "Malesh!" Nach einer halben Stunde war alles vorbei, der Bauschutt wurde herausgeschafft, die Decken und Planen eingesammelt, alles notdürftig zusammengefegt, und mit dem Hinweis, daß die Decke nun erst einmal austrocknen müsse, verschwanden alle so schnell wie sie gekommen waren. Nur die Staubwolke brauchte noch den ganzen Tag, um sich gleichmäßig in allen Zimmern zu verteilen. Mein Bad hatte etwas von seiner früheren Behaglichkeit eingebüßt, aber es dauerte nur zwei Wochen, bis der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen wurde.

Der Vermieter erbat die Erlaubnis, bereits morgens mit dem Bautrupp beginnen zu können. Ich hatte überhaupt nichts dagegen. Als ich am Nachmittag dann wieder meine Wohnung betrat, empfing mich fröhliche Betriebsamkeit, denn unter Aufsicht meines teetrinkenden Vermieters und des Poliers waren die beiden Arbeiter gerade mit dem letzten Schliff am neuen Deckenputz beschäftigt. Die Decke sah wirklich gut aus. Sie hätten nur die Gerüstdiele nicht auf die Waschmaschine und das sich bereits bedrohlich abwärtsneigende Waschbecken legen sollen. Mein Einwand wurde zur Kenntnis genommen, und durch einen Test erhärtete sich der Verdacht, daß das Abflußrohr Schaden genommen haben könnte. Es war irgendwo in der Wand abgebrochen und das Wasser ergoß sich auf den Fußboden. Der Bautrupp verabschiedete sich mit dem Hinweis, die Decke müsse nun zunächst einmal trocknen, bevor sie gestrichen werden könnte. Mein Vermieter wies mich darauf hin, ich solle mir doch selber einen Klempner besorgen, da er auf die Schnelle keinen wüßte. Und ich kannte jemand.

In dem Klempner-Laden hatte ich bisher immer nur die Toilettendeckelbefestigungen gekauft, die einem erstaunlichen Verschleiß unterliegen. Hier fand sich jedenfalls sofort Hilfe in jemandem namens Mohamed, dem aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten von allen zufriedenen Kunden der Titel "Besh mohandes" (Chefingenieur) verliehen worden war. Wir besichtigten seine neue Baustelle sofort und der erfahrene Blick und das obligatorische "Mish mushkella" ließen mich großer Hoffnung sein. Die benötigten Reparaturteile und zwei große Kartuschen mit Silikon waren rasch besorgt und es ging sofort ans Werk, bzw. fast sofort, denn irgendwer mußte die passenden Dichtungen mit nicht passenden vertauscht haben. Ein erneuter Besuch im Laden löste das Problem.

Ein Besh mohandes kommt mit einem Minimum an Werkzeug aus! Da wird Klasse deutlich. Ein mit Klebeband umwickeltes Sägeblatt und eine Spezialzange genügen. Sein geschulter Blick ersetzt den Zollstock, und es dauerte nicht lange, und das Meisterwerk war vollbracht. Optisch wäre sicherlich noch etwas zu verbessern gewesen, aber zwei große Kartuschen Silikon müssen erst einmal untergebracht sein. Das Abflußrohr verschwand in einem Berg aus Silikon, so etwa von der Größe eines halben Fußballs, gegen den die Abdeckmanschette einfach machtlos war. Mohamed jedenfalls strahlte übers ganze Gesicht, und er strahlte noch mehr, nachdem ich ihn entlohnt hatte. Nun, Meisterstunden sind auch in Deutschland teuer und dicht war es nach einem Test ja auch.

Die nassen Füße, die ich am nächsten Morgen bei der Morgentoilette bekam, überzeugten mich vom Gegenteil. Das Wasser ergoß sich aus den Tiefen des Silikonberges. Eine nähere Untersuchung brachte dann des Rätsels Lösung. Mohameds Augenmaß mußte ihn schmählich im Stich gelassen haben, denn das Rohr endete nicht in der Wand in einem Bleirohr, sondern gut drei Zentimeter vor der Wand. Diese lächerliche Entfernung wurde durch das Silikon überbrückt, nur eben nicht so ganz dicht.

Ein bißchen ärgerlich war ich dann doch, und im Klempnerladen herrschte nach meiner lautstarken Reklamation größte Betroffenheit. Mohamed war schon wieder unterwegs, um irgendwo ein besonders kniffliges Problem zu lösen, sollte dann aber sofort wieder zu mir geschickt werden, um den Schaden zu beheben. Mit völligem Unverständnis wurde mein Widerstand gegen diesen Vorschlag quittiert. Ich kaufte also ein neues Rohr und sicherheitshalber etwas Silikon, ließ es auf Mohameds Rechnung setzen und habe es selbst repariert.

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Nicht ärgern – nur wundern
von Jürgen Früh

Papyrus-Logo Nr. 9/88, pp. 15—16

Nach 5 Jahren Ägypten und einem weiteren Jahr vor mir ist dies der Versuch, Vergangenes aufzuarbeiten und Wünsche für das letzte Jahr zu formulieren.

Was sich an meiner anfänglichen Euphorie relativiert hat, ist
  • daß die Zusicherung "no problems" die Dinge beschleunigt,
  • daß "malesch" ein gewisses savoir vivre ausdrückt,
  • daß das Feilschen um den Preis täglich benötigter Dinge ein Abenteuer ist,
  • daß ein Mensch mit einer Rohrzange ein Klempner ist,
  • daß Stromausfälle Anlaß für romantische Stunden sind,
  • daß das Kabelwirrwarr in meinem Sicherungskasten von Genialität zeugt,
  • daß verbale Freundschaftsbezeugungen ernst gemeint sind,
  • daß Lehrer, die ins Ausland gehen, gewisse Gemeinsamkeiten haben.
Mich wundert,
  • daß es noch lebende Elektriker gibt,
  • daß an ungesicherten Baustellen nicht mehr passiert,
  • wieviele Ägypter sich Untertürkheims Stern leisten können,
  • weshalb meine Nachbarn morgens den Motor ihres Autos warmlaufen lassen,
  • weshalb noch niemand auf die Idee gekommen ist, Klingeln zu installieren, damit niemand mehr in den 10. Stock hupen muß,
  • weshalb das Gedudel beim Rückwärtsfahren nicht durch Baladi-Musik ersetzt wird,
  • was mit den herausgerissenen Seiten des SPIEGEL passiert,
  • warum manche zentraleuropäischen Touristen in Ägypten halbnackt herumlaufen müssen,
  • weshalb wir alle zwei Jahre einen Tropentauglichkeitsnachweis erbringen müssen und statt dessen nicht der "Freischwimmer-Schein" genügt,
  • daß meine Frau noch lebt, obwohl sie mehrmals täglich eine (je nach Uhrzeit) 4—8-spurige Straße überqueren muß,
  • wovon eine 4-köpfige Familie bei einem Monatseinkommen von LE 100 lebt,
  • daß einige Ägypter immer noch nicht begriffen haben, daß sie durch mehrmaliges Artikulieren des Zauberwortes "meschi" (es geht) die Außenmaße eines Autos nicht verändern,
  • daß ich mich überhaupt noch wundere.
Ich wünsche mir,
  • daß der Mittelstreifen zur Grenze wird und nicht Orientierungshilfe bleibt, die es zwischen die Räder zu nehmen gilt,
  • daß das Wort "obwohl" durch "weil" ersetzt wird (obwohl er nach rechts blinkte, bog er rechts ab),
  • daß halbwüchsige Ägypter unsere Frauen mit demselben Respekt behandeln, den wir ihren Schwestern und Müttern gegenüber haben,
  • daß der Polizist eine Ausnahme war, der mich beim zweiten Einbruch in mein Auto fragte, wieviel ich im Monat verdiene und ob der entstandene Schaden in irgendeinem Verhältnis dazu stünde,
  • daß der Polizist bald keiner mehr ist, der meinen ägyptischen Freund nach der Tasriah (Genehmigung) fragte, die er brauche, wenn er sich mit Ausländern zeige,
  • daß Erwachsene am Prozedere der Vertragsverlängerung beteiligt werden und nicht einfach für sie entschieden wird,
  • daß Kollegen, die mit dem Land nicht zurecht kommen, nach einem Jahr ohne finanzielle Einbußen zurück können und nicht noch zwei Jahre mit Leichenbittermiene in Ägypten herumlaufen müssen,
  • daß es Verlängerungsgrund wird, wenn sich eine Familie hier wohl fühlt und noch bleiben möchte, auch wenn die vermittelte Kraft keine Funktionsstelle hat,
  • daß alternative Globetrotter-Reiseschriftsteller von Insidern keine Tips mehr bekommen, damit die letzten unberührten Flecken Ägyptens von den Auswüchsen des "Kack and go"-Tourismus verschont bleiben,
  • daß es mir nach 6 Jahren immer noch schwerfällt, von hier wegzugehen.

Karikatur

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Ägypten ohne Malesch – Eine Vision?
mündlich überliefert
aus dem Arabischen nacherzählt von Angelika Lauck

Papyrus-Logo Nr. 1—2/98, p. 41

Vor kurzem sah ich Malesch in einer Ecke sitzen. Es war sehr bedrückt und traurig. Ich fragte: "Was ist mit dir? Was ist passiert?" Es begann, mir sein Leid zu klagen:

"Hier in Ägypten hat es immer viel Arbeit für mich gegeben, ich mußte überall sein. Alle Leute brauchten mich und jeder war glücklich mit mir. Doch gestern morgen", fuhr es fort, "geschah mir folgendes. Ich ging wie jeden Tag früh aus dem Haus. Mein erster Weg führte mich zu einem Arbeiter. Als ich bei ihm ankam, war er noch sehr verschlafen. Ich riet ihm, wie vorher schon häufig, weiterzuschlafen, denn ich sei ja da. Der Arbeiter aber antwortete mir: 'Danke schön, aber ich will dich jetzt nicht mehr. Ich habe beschlossen, mich zu bessern und von heute an pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.'

Ich, das Malesch, dachte mir weiter nichts dabei und ging wieder auf die Straße, dort wendete ich mich an die Autofahrer. Ich rief ihnen zu: 'Fahrt so schnell ihr könnt die Straßen entlang und nehmt den anderen die Vorfahrt. Ich bin bei euch!' Die Autofahrer aber antworteten im Chor: 'Verschwinde, wir wollen dich nicht mehr. Wir wollen von nun an die Verkehrsregeln beachten und rücksichtsvoll fahren.'

Nun wurde ich ärgerlich, denn das hatte ich noch nie erlebt, und ich entschied mich, in die Universität zu gehen und mich den Studenten anzubieten. Ich dachte, sie sind jung und werden mich sicherlich wie immer gerne in Anspruch nehmen. Ich sagte zu ihnen: 'Es gibt heute ein schönes Fernsehprogramm, außerdem ist das Wetter gerade richtig, um auf dem Nil zu rudern. So ist es doch kein Spaß zu lernen. Nehmt mich, ich bin für euch da!' Zu meinem größten Erstaunen lehnten sie das Angebot ab und warfen mich zur Tür hinaus. Sie riefen mir nach, ich solle das Land verlassen und schauen, ob es ein anderes Land gibt, welches mich gerne aufnehmen würde. Sie sagten es mit Spott in ihren Stimmen.

Ob sie vielleicht meinen, daß es kein anderes Land gibt, wo ich gebraucht werde?"

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Der Ägypter – ein Schwejk des Orients
aus "Ägypten"
von E.C.Buchalla

Papyrus-Logo Nr. 9/85, pp. 32—33

Acht Jahre lang, bis zum Sommer 1985, hat Carl E. Buchalla als Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung" in Ägypten gearbeitet. Kurz bevor er das Land verließ, um in Belgrad seine journalistische Tätigkeit fortzusetzen, schrieb er für den Reiseführer "Ägypten" von dtv MERIAN (© Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, und Deutscher Taschenbuch Verlag, München), der Ende dieses Jahres erscheint, ein Essay, das seine Liebe zu diesem Land und seine Menschen ausdrückt. PAPYRUS veröffentlicht daraus den folgenden kurzen Auszug:

Der flüchtige Tourist wird – Allah sei's geklagt – im Zeitdruck des Reiseprogramms oft nur die Bakschisch-Mentalität kennenlernen und alle seine Vorurteile aufs schönste bestätigt finden. Er wird nicht an den richtigen, sondern an den falschen Ägypter geraten. Nicht an den Fellachen im Dorf, der den Fremden stolz zu einem Glas Tee in sein ärmliches Haus einlädt, wo er der Herr ist. Er wird nicht den Lkw-Fahrer in der Wüste kennenlernen, der dem mit Motorschaden liegengebliebenen Fremden mit Werkzeug und einem Trinkwasserkanister aushilft. Für einen Handschlag des Dankes, nicht für Bakschisch.

Aber wenn er ein wenig Glück hat, wird der Fremde in Kairo auf der Straße den Kairiner treffen, der ihn impulsiv um Pfefferminztee ins Café nebenan einlädt; nicht um ihn anschließend in die Parfüm-Destille seines "Bruders" abzuschleppen, sondern ganz einfach, weil er sich mit dem Fremden über die Zeitläufe unterhalten will.

Der Ägypter ist freundlich. Ein freundliches Schlitzohr, wenn er an einen Chawaga gerät, zumal an einen Touristen. Jahrhundertelange Fremdherrschaft hat seinen siebten Sinn geschärft für das, was opportun ist. Er weiß instinktiv, was der Fremde gern hören will, und er sagt es ihm auch; oft mit viel Hintersinn, und nie ohne tiefgründigen Humor. Der Ägypter – ein Schwejk des Orients.

Wenn man Zeit hat und sich Zeit nimmt, dann ist das alles wieder ganz anders. Dann kommen unter der Schutzschicht des Zweck-Opportunismus die vielbesungenen "klassischen" Eigenschaften des Arabers, des Ägypters, wieder zu Tage: Seine Gastfreundschaft, seine Liebenswürdigkeit, seine Hilfsbereitschaft, seine Fähigkeit zu lächeln und zu lachen – auch über sich selbst.

Mir wird unvergeßlich bleiben, wie der Pfannkuchen-Bäcker im Khan el-Khalili reagierte, dem ich interessiert zusah. Er nahm den frischesten Pfannkuchen, einen fetttriefenden Fittir, bestrich ihn mit Honig, bestreute ihn mit Nüssen und reichte ihn mir herüber. Als ich bezahlen wollte, winkte er entrüstet ab: "Ahlan wa sahlan", willkommen, du bist mein Gast. Er wäre zu Tode beleidigt gewesen, hätte ich ihm die 25 Piaster hinübergeschoben, die so ein Fittir kostet.

Aber die Schlitzohrigkeit ist halt auch immer wieder da. Einmal, auf der Fahrt von Alexandria nach Kairo, stoppte ich am Rasthaus der "Desert Road", um etwas zu trinken. Bei der Weiterfahrt blieb, nach wenigen hundert Metern, mein Wagen mit stotterndem Motor stehen. Wie aus dem Boden geschossen war Hilfe zur Stelle: "Ich bin Auto-Monteur, ich kann dir helfen". Die Hilfe aus höchster Not fand auch sofort den Fehler: Die Benzinpumpe sei kaputt. Mit meiner defekten Benzinpumpe verschwand mein Helfer, kam bald mit einer nagelneuen, in einer Plastiktüte verpackten Benzinpumpe zurück, die er auch einbaute. Der Wagen lief wieder. Ersatzteil-Preis und fürstliches Bakschisch wurden bezahlt, wir schieden als Freunde fürs Leben. In Kairo erfuhr ich die bittere Wahrheit: Während ich im Rasthaus einen Fruchtsaft trank, hatten Komplizen des "Helfers" den Zuleitungsschlauch zur Benzinpumpe abgezogen. Der "Helfer" hatte lediglich meine eigene Benzinpumpe in eine Plastiktüte gesteckt, sie als "neu" anmontiert, den Zuleitungsschlauch wieder angeschlossen und dafür kassiert. "Ein alter Trick", klärte mich ein Freund auf, der schon länger in Kairo lebte als ich.

Tricks und eine für "Westler" unverständliche Disziplinlosigkeit im Straßenverkehr, die gerne als "Individualität" ausgegeben wird. Ein Pkw-Fahrer, der mir in einer Einbahnstraße entgegenkam, nahm von meinem Protest nur am Rande Notiz. Er drehte sein Fenster hinunter und belehrte mich: "Dies ist mein Land, und hier fahre ich so, wie ich will". Ein anderer Fahrer, dem ich im Kreisverkehr plötzlich frontal gegenüberstand, hatte eine schwejksche Antwort parat: "Sorry, aber ich bin nicht von hier".

Vieles ist anders: Die Logik, das Denken, der Zeitbegriff. Ägypten und die Ägypter zu verstehen, das Land und die Landschaft in sich aufnehmen und die Atmosphäre, das erfordert Zeit. Meinen Freunden rate ich: Nehmt euch die Zeit.

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Lächeln ... lächeln... und die Sch...wörter
von Marianne Morsi

Papyrus-Logo Nr. 9—10/92, pp. 33—35

Unglaublich oft fallen einem hier die vielen kurzen Wortwendungen mit "sch" auf. Wenn vorn ein "ma" steht, ist es meistens eine Negierung. Aber es gibt auch noch andere "Sch's".

Misch mumkin  = nicht möglich
mafisch  = gibt es nicht
malesch  = macht nichts, tut mir leid + 100 andere Bedeutungen
määschi  = geht schon, das geht, könnte gemacht werden
schokran  = danke
Bakschisch  = Trinkgeld (nicht Almosen!)
Inscha Allah  = ja, so Gott will.

Wie Sie schon gesehen haben, sind Sch ... wörter nicht das, was Ihnen beim Lesen der Überschrift eingefallen ist. Aber, falls Ihnen doch mal auf gut Deutsch in einer entsprechenden Situation ein geflüstertes "Sch..." entfährt, gibt es ein erfreuliches Mißverständnis. Man wird ein "Misch eiis" (weiches "s") oder, falls Sie weiblich sind, "Misch eisa" heraushören, was immer noch, stark abgeschwächt, dem entspricht, was Sie empfinden. Es heißt nämlich: "Ich mag (möchte) das nicht."
Daß etwas nicht möglich ist, oder daß es etwas nicht gibt, werden Sie oft zu hören kriegen und ist eine klare Aussage.

Kommen wir zu den Mehrdeutigkeiten. Zum Beispiel hat Bakschisch nichts mit der Verneinung zu tun, auch wenn das Wort schon bald in Ihnen verneinende Gefühle weckt. Dabei ist nicht alles Bakschisch, was sich so nennt. Erstens mal ist es dasselbe Trinkgeld, das Sie auch in Deutschland gewöhnt sind, zu geben in Restaurants, an Tankstellen, in Taxis. Außerdem werden kleinere Dienste mit Bakschisch belohnt. Und das war's! Geld, das Sie klugerweise jemandem für schnellere Bearbeitung zustecken, ist nicht Bakschisch. Die Almosen, die Ägypter ab und zu, ohne darum gebeten worden zu sein, Ärmeren geben, sind nicht Bakschisch. (Noch etwas anderes sind die Gaben an Ärmere zu den Festen; diese sind vom Islam vorgeschrieben.) Was Bettler und Straßenkinder von Ihnen wollen, hat weder etwas mit Bakschisch noch mit Almosen zu tun. Ausländer, so denken die und andere, die mit Touristen zu tun haben, müssen gerupft werden. Meine Freundin, Ägyptologin, hilft sich da mit einem Witz (ein Witz entwaffnet jeden Ägypter): Erfreut nickend streckt sie der Gruppe Kinder ihre offene Handfläche entgegen und wiederholt: "Bakschisch?" Ein allgemeiner Lacherfolg ist ihr sicher, und sie wird dann meist in Ruhe gelassen. Überhaupt helfen Freundlichkeit und Lächeln überall. Nur Vorsicht, wenn Sie eine Frau sind! Augenkontakt in Verbindung mit Lächeln wird von männlichen Wesen zwischen 7 und 70 als Einladung aufgefaßt. Ansonsten können Sie – immer lächelnd – schimpfen (das geht), etwas abschlagen, sich vordrängeln, feilschen, etwas falsch verstanden oder jemand falsch behandelt haben – vielleicht noch ein Malesch dazu – und Sie holen aus jeder Situation das beste heraus.
Freundlich sein und lächeln ist DAS PATENTREZEPT für Ägypten zum Angenommenwerden und Sichwohlfühlen!

Mit vielen Sch ... wörtern werden hier ganze Unterhaltungen bestritten. Malesch ist unglaublich vielfältig einsetzbar. Das beste ist, Sie merken sich die Situationen, in denen jemand "Malesch" gesagt hat. Bald haben Sie den Dreh heraus.

Wenn jemand "Ja" meint, wird "Inscha Allah" gesagt. Es bedeutet nicht "vielleicht", wie man geneigt ist anzunehmen. Auch eine klare Sache stellt ein Moslem immer noch Gott anheim. Denn wenn Sie in der Metro kurz vor Maadi fragen, ob die nächste Station Maadi ist, wird die Antwort "Inscha Allah" sein. Das heißt: "Ja, falls der Zug nicht entgleist oder sonstwie verhindert ist, weiterzufahren." Logisch, nicht?

Weil wir schon bei "Inscha Allah" sind, schnell etwas zu "El Hamdullillah" (Gott sei Dank). Es wird so häufig eingesetzt, daß ich manchmal schon gedacht habe, daß es Redefaulheit sein könnte. Telefongespräche bestehen zu 95 % aus den Fragen, wie es (jeder einzeln aufgezählt) den Familienmitgliedern und Verwandten geht. Die stereotype Antwort ist "El Hamdullillah" – auch wenn alle an Grippe daniederliegen und ein Kind beim Examen durchgefallen ist. Ernst gemeint ist ein "El Hamdullillah" nach einem Autounfall. Es hätte immer noch schlimmer kommen können, zum Beispiel könnte der Geschädigte nicht mehr in der Lage sein, "El Hamdullillah" zu sagen. Der Islam hält die Gläubigen an, in welcher Lage auch immer, Gott zu danken. Ärzte haben damit an Krankenbetten ihre Probleme. Auf die Frage nach dem Befinden kriegen sie erst einmal die Antwort "El Hamdullillah". Je nachdem, welcher Bildungsschicht der Patient angehört, erfahren sie früher oder später (oder gar nicht), ob die Behandlung anschlägt.

Übrigens, wenn Sie wissen wollen, wie es jemandem geht, und die Antwort statt "El Hamdullillah" "Määschi" ist, muß die Lage entweder katastrophal sein oder der Ansprechpartner ist "westlich verseucht".

Überhaupt: "Määschi"! Es heißt doch "es geht", "geht schon" oder "könnte gemacht werden". Möglichst lässig ausgesprochen hat es bei der ägyptischen Jugend das respekt- und würdevolle "Haadr" (in etwa "jawohl" oder auch "zu Befehl") abgelöst. Es ist die Antwort auf eine Bitte um Erledigung oder Erteilung eines Auftrags. "Määschi" kann Konservative und Respektspersonen auf die Palme bringen. Zwischen beiden liegt "Taieb" (= "gut", "O.K.").

Und dann wäre da schon "Schokran" (danke). Es hat seine Fallen! Zum Beispiel: Wenn etwas zu trinken oder zu essen angeboten wird, antwortet der Ägypter erst höflich mit "Schokran!". Das heißt weder "danke ja" noch "danke nein". Danach lehnt man hier erst drei- oder viermal ab, Sichnötigenlassen gehört zum guten Ton. Als Gastgeber bringen Sie am besten gleich etwas, ohne lange zu fragen. Als Gast aber sollten Sie vorsichtig sein! Lehnen Sie öfter als einmal ab, könnte es Ihnen passieren, daß Sie wirklich nichts kriegen, weil man schon mit Ausländern zu tun hatte und Ihnen glaubt.

So, das war's mit den Sch...wörtern. Wohl oder übel werden Sie besonders als Neuling in Unterhaltungen verstrickt werden, die an ein Kreuzverhör erinnern. Es ist als ganz besondere Freundlichkeit gedacht. Den Spieß umdrehen, wie man rachsüchtig möchte, nützt auch nichts. Der Betreffende wird hocherfreut über Ihre Aufmerksamkeit seine Familienverhältnisse vor Ihnen ausbreiten. Das kann der Milchmann oder Obsthändler sein. Hier ein fiktives Gespräch (O = Obsthändler):

Sie: How much are the apples?
O: Vierzehn Pfund. Sie deutsch?
Sie: Hamdullillah. Fourteen pounds is too much (lächelnd).
O: Ganz frisch. Fünf Kilo? Sie neu in Maadi?
Sie: Yes. One kilo only. And not for fourteen pounds.
O: Willkommen in Maadi. Mann ist deutsch?
Sie: Hamdullillah. I give you ten pounds a kilo.
O: Malesch. Dreizehn Pfund. Extra für Sie. Haben children?
Sie: Yes (eigentlich "Inscha Allah"; denn sie könnten ja inzwischen verschwunden sein).
O: Wieviel?
Sie: Two.
O: Boys?
Sie: (nur noch mühsam lächelnd) No, girls.
O: Malesch. Inscha Allah kriegen viele boys. Sie jung und Ägypten gut für viele children.
Sie: Hamdullillah. The apples are too expensive. Bye, bye – (Wo ist das Lächeln, meine Dame?)
O: Diese hier nur zwölfeinhalb. Extra für Sie und children. Drei Kilo!
Sie: (ziemlich erschöpft) O.K.
O: Sie kommen wieder. Immer frisch.
Sie: Inscha Allah.

(Das beste ist, wiederzukommen. Sie haben sich bei ihm durchgesetzt, er wird Sie respektieren. Außerdem haben Sie bei ihm die Ausfragerei schon hinter sich – oder ???)

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They took your number
von Jürgen Hille

Papyrus-Logo Nr. 11—12/91, pp. 65—68

Es war im August, gleich an unserem ersten Tag in Kairo nach drei Monten Europa. Nach zwei Stunden Grobaufräumen zu Hause waren wir fix und foxi. Wir beschlossen, uns mit einer Pizza zu stärken und fuhren zur Pizzeria auf der 9. Straße. Zu unserer Freude bekamen wir sogar fast direkt vor der Tür einen Parkplatz, es war alles ganz leer dort.

Als wir nach dem Essen wieder herauskamen, wußten wir auch warum: An unserer Windschutzscheibe hingen nämlich gleich zwei Strafzettel, es war wohl nicht unser Tag... Aber als dann Amin, der Kaufmann von gegenüber, zu mir sagte: "They took your number!", konnte mich das nicht weiter aufregen, schließlich bezahlen wir unsere Strafzettel jährlich mit einem Pauschalpreis. Freundlich lächelte ich die beiden Polizisten an, die immer noch damit beschäftigt waren, Strafzettel zu verteilen und fuhr nach Hause.

Am nächsten Morgen waren alle Spuren beseitigt, denn der Boab hatte die Strafzettel entfernt. Als mir dann aber später am Vormittag ein Kollege berichtete, daß dem Kollegen Klaus am Abend zuvor von der Polizei die Nummernschilder vor der Pizzeria abgeschraubt worden seien, wurde ich hellwach und von einer bösen Ahnung befallen, hatte doch Klaus genau das gleiche Auto wie wir. Eine Besichtigung unseres Autos bestätigte alle bösen Vorahnungen: nicht Klaus, sondern mir war das Nummernschild abgeschraubt worden! Wie hatte Amin doch gesagt: "They took your number!" Bloß hatte er es ganz anders gemeint, als ich es verstanden hatte. Nun war guter Rat teuer. Auch nach kurzer Beratung mit den altgedienten Kollegen wurde mir nicht wohler. Es wurde nämlich von Hans erzählt, dem sie ebenfalls einmal die Nummernschilder abgeschraubt hatten: Er mußte dreimal nach Alexandria fahren, um sie wiederzubekommen. Dummerweise werden solche einkassierten Sachen ja immer an die Stelle geschickt, die sie ausgegeben hat, und das ist für unsere Nummernschilder der Zoll in Alex: zweieinhalb Stunden hin, ein paar Stunden auf dem Zoll und zweieinhalb Stunden zurück. Dagegen half nur schnelles Handeln, das hieß, sie möglichst wiederzubekommen bevor sie Kairo verlassen hatten.

Also ging ich die Sache frontal an. Da ich uns sowieso registrieren lassen mußte, ging ich zur Polizeistation in Maadi am Polizeikreisel. Gleich unten rechts im Erdgeschoß saß ein Offizier mit drei Sternen auf den Schulterklappen, der einigermaßen Englisch sprach. Nach der Registrierung erklärte ich ihm dann, daß ich mein Nummernschild verloren habe (eine sehr ägyptische Umschreibung des Tatbestandes, wie später unser Vermieter dazu meinte). In aller Seelenruhe notierte er meine Angaben. Währenddessen wurde neben mir ein Mann befragt, der offenbar in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt worden war. Er war am Kopf verletzt und konnte nur auf zwei andere Männer gestützt humpeln. Während seiner Befragung durch einen anderen Offizier erschien ein weiterer Mann, der offenbar ebenfalls in diese Rauferei verstrickt gewesen war und sprach den anderen an. Ich konnte leider nicht verstehen, was er sagte. Im Bruchteil einer Sekunde war der Dreigesternte von 0 auf 100: Er brüllte den Hinzugekommenen an und schoß aus seinen funkelnden Augen gallige Blitze ab, so daß sämtliches Treiben im Raum auf der Stelle erstarb. Grabesstille legte sich über den Raum. Keiner wagte sich zu regen, bis der Beschimpfte schließlich mit einer Demutsgebärde rückwärts dienernd den Raum verließ.

Als der Offizier dann mit mir fertig war, schickte er mich mit dem Zettel hinaus auf den Flur zu einem Schreibtisch. Dort saß ein einfacher Polizist, dem ich – dem Beispiel der Ägypter folgend – sofort meinen Zettel unter die Nase hielt, um auf die Dringlichkeit meines Anliegens hinzuweisen. Nach einer Weile nahm er sich dann meines Zettels an, studierte ihn ausführlich und begann dann in seiner Schreibtischschublade zu kramen. Schließlich brachte er zwei leicht zerknitterte, aber noch unbenutzte karierte Blätter und einen Packen mit Steuermarken hervor. Zuerst klebte er auf jedes der beiden Blätter vier Steuermarken und knöpfte mir dafür ein Pfund und vierzig Piaster ab. Dann übertrug er alles vom Zettel des Offiziers auf das eine karierte Papier. Während er schrieb, hörte man im Hintergrund die lauten Schreie einer Frau, und mein Blick wanderte von dem maschinenpistolenbewaffneten Wächter im Flur zu der mit schweren Eisengittern versehenen Tür im hinteren Trakt des Komplexes. Dort hinein zu kommen ist sicherlich nicht das reine Vergnügen...

Als der Polizist fertig war, drückte er mir die drei Zettel wieder in die Hand und schickte mich weiter: hinaus, rechts herum (noch vor dem Zaun natürlich) und dann in die zweite Tür. Dort ging es sehr viel gemütlicher zu, zwei Männer und vier Frauen saßen da, lachten und erzählten. Einer der Männer forderte mich auf, noch einmal 50 Piaster zu bezahlen. Während er die Quittung (mit Stempel) ausstellte, fragte er mich, wo ich denn herkäme. Auf meine Antwort hin brach ein allgemeines Palaver darüber aus, wie gut doch Deutschland sei und ob ich aus Deutschland-West oder aus Deutschland-Ost sei.

Mit jetzt schon vier Blättern wurde ich dann zurück zum Offizier geschickt. Er begann nun, den ganzen Vorgang in sein großes Buch zu schreiben, drehte es dann schließlich um, und ich mußte alles unterschreiben. Wer weiß, was da alles stand! Mir wurde die Sache allmählich unheimlich, schließlich war ich nicht gekommen, um eine Vermißtenanzeige aufzugeben, sondern um mein Nummernschild wiederzuholen. Deswegen fragte ich ganz zaghaft nach, ob es denn nicht möglich sei, daß die Polizei das Nummernschild genommen habe. Mit einem kurzen "Nein" wurde ich abgewiesen und wieder nach draußen geschickt. Dort schrieb der Polizist das ganze nun noch einmal auf den zweiten karierten Zettel, um mich dann wieder zu dem Offizier zurückzuschicken. Dort unternahm ich den zweiten Anlauf, ihn auf das richtige Gleis zu setzen. Er hielt mir aber nur die Frage entgegen, warum denn die Polizei wohl Nummernschilder abschrauben solle, unterschrieb beide Protokolle und wies mich an, nach oben zu gehen und mir einen Stempel zu besorgen. Also stieg ich die Steintreppe empor und begab mich in den Vorraum, in dem der Mann mit dem Stempel saß. Dort waren zwei Polizisten in zerschlissenen Uniformen, die eine Waschmaschine wie eine Nähmaschine hätten brauchen können. Freundlich boten sie mir gleich einen Sitzplatz an, und der ältere der beiden verschwand gleich mit meinen Protokollen zum Abstempeln. Der Jüngere machte sich an einem Schreibtisch zu schaffen, unter dem eine Kochstelle eingerichtet war: zwei Stapel mit Ziegelsteinen, darüber ein Teekessel, dazwischen ein Gaskocher an einer Gasflasche. Dann gab es noch eine Blechdose mit Wasser, das zum Teekochen und Abwaschen benutzt wurde. Ehe ich mich aber versah, waren die Protokolle schon gestempelt, und ich ging wieder hinunter. Der dreigesternte Offizier saß nicht mehr an seinem Schreibtisch. Also wandte ich mich vertrauensvoll an seinen Nachbarn, hielt ihm das Protokoll unter die Nase und fragte ihn, was denn nun zu tun sei. Das einzige, was ich aber aus ihm herausbrachte war "Chalas". Das befriedigte mich allerdings nur wenig, schließlich wollte ich mir nicht das Protokoll als Ersatz an die Stoßstange schrauben. Zum Glück erschien aber der Dreigesternte wieder auf der Bildfläche und erklärte mir, nun sei ich fertig und könne gehen. Auf meine Vorhaltungen, daß ich aber doch gekommen sei, um mein Nummernschild wiederzubekommen, erklärte er mir, daß ich dies nun auch wiederbekommen könne. Ich solle nur mit dem Protokoll zu der Stelle gehen, von der ich die Nummernschilder bekommen habe. Mir lief es heiß und kalt über den Rücken. Diese Stelle war der Zoll in Alexandria, und da wollte ich ja gerade nicht hin. Ich setzte also zu einem letzten Großangriff an und erzählte von dem Mann, der mir berichtet hatte, daß die Polizei meine "Nummer genommen hätte". Aber mein Gegenüber blieb standfest. Dies sei absolut unmöglich, die Polizei würde prinzipiell keine Nummernschilder abschrauben! Schließlich würden sie ja Strafzettel verteilen, das würde doch reichen. Ich solle doch nun nach Alex fahren, nur der Zoll dort sei berechtigt, mir ein neues Nummernschild zu geben. Betrübt und verärgert zugleich ließ ich ihn stehen.

In meiner Ratlosigkeit beschloß ich, nochmal zu Amin zu fahren. Zum Glück traf ich ihn auch gleich vor seinem Laden und erzählte ihm kurz, was mir widerfahren war. Er konnte es nicht fassen, machte mir aber Mut, daß die Nummernschilder noch in Kairo seien. Zum Glück traf es sich, daß gerade wieder an der Stelle zwei Polizisten dabei waren, Strafzettel zu verteilen. Sie waren von derselben Abteilung wie die Polizisten am Abend zuvor. Amin sprach einen von ihnen an und kam mit der Botschaft zurück, daß ich das Nummernschild in Maadi in der 77. Straße bis zwei Uhr am Nachmittag abholen könne. Mir hüpfte das Herz im Leibe; warum nicht gleich so? Seinen Versuch, mir zu erklären, wo diese Straße sei, gab Amin gleich wieder auf, als er mein ratloses Gesicht sah. Kurzentschlossen holte er einen seiner Laufburschen, erklärte ihm die Sachlage und setzte ihn zu mir ins Auto. Dieser lotste mich dann in eine Ecke von Maadi, in die wohl nur selten Ausländer kommen. Die Straßen erinnerten an eine Berg- und Talbahn. Der Junge führte mich dann in ein Haus, das kaum besser aussah als die anderen ringsherum. Aber tatsächlich, hier hatte die Motorradpolizei von Maadi ihr Quartier. Ich betrat einen Raum, in dem nicht nur zwei Dreigesternte residierten, sondern auch der offensichtliche Chef der Station mit einem Adler auf den Schulterklappen und einem Namensschild auf dem Schreibtisch. Auf meine Frage, ob er vielleicht etwas über den Verbleib meines Nummernschildes wisse, lehnte er sich in seinen Schreibtischsessel zurück, griente mich an und fragte: "You made a mistake, he?" Ich erzählte ihm meine herzerweichende Story. Ich sei drei Monate in Deutschland gewesen und nun gleich am ersten Abend in Maadi mein Nummernschild losgeworden. Dies konnte ihn aber gar nicht weiter erschüttern. Schließlich seien überall gut sichtbare Verkehrsschilder aufgestellt, und das Parkverbot gelte dort doch schon seit zehn Wochen. Es sei überhaupt sehr bedauerlich, daß die Menschen ihre Augen nicht gebrauchen würden, usw. usw... Zum Schluß teilte er mir mit einer Trauermiene mit, daß ich mein Nummernschild leider nur gegen Zahlung einer Strafe von 5 Pfund und einer Gebühr von 30 Piastern zurückerhalten könne.

Mir fiel ein Stein vom Herzen; das würde ich noch verschmerzen können. Frohen Mutes bezahlte ich, worauf einer der beiden Dreigesternten verschwand, offenbar um das Nummernschild zu holen. Nach zwei Minuten kam er zurück und erklärte mir, leider sei der Offizier mit dem Schlüssel nicht da. Ich könne das Nummernschild jetzt nicht bekommen, ob ich warten oder später wiederkommen wolle. Natürlich entschied ich mich fürs Warten, denn schließlich lag das Ende der ganzen Geschichte in greifbarer Nähe; da wollte ich natürlich nicht locker lassen. Etwa zwanzig Minuten verfolgte ich mit Interesse das Treiben auf der Polizeiwache. Dann nahm derselbe Offizier einen Schlüsselbund aus seinem Schreibtisch und verschwand damit im Hinterzimmer, um nach kurzer Zeit mit dem heißersehnten Stück zurückzukommen. War er der Offizier mit dem Schlüssel? Egal, ich hatte es ja wieder, al hamdulillah! Wer hätte das zu hoffen gewagt? Und dabei wußte ich drei Stunden vorher noch nicht einmal, daß mir ein Nummernschild gefehlt hatte! Den ganzen Tag bin ich wie auf Wolken gegangen. Es war ein gutes Gefühl, dieses Problem aus eigener Kraft, nur mit Hilfe von Amin gelöst zu haben. Und wenn ich jetzt in mein Auto einsteige, schaue ich jedesmal verstohlen nach, ob die Nummernschilder noch dran sind...

Dienststempel

 

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Plapperonymus:
Colloquium in Gezira

Papyrus-Logo Nr. 11—12/94, p. 78

hallo, Petra! isajjjk?
tach Elke, so nußunuß.
leh wieso?
ach, ich habe doch da die neue schaghalla, und...
und?
na ja, das dauert eben, bis die alles so schwajja schwajja macht, wie ichs haben will. und dabei will sie auch mehr fluhs als meine letzte fatma.
ja, das kenn ich. bei meiner hats nur drei wochen gedauert, hamdudelah, aber jetzt ist alles mäschi. ich bin sehr mabsut.
inschalla.
wie gehts dem Klaus-pascha?
Klaus pascha paßt in kein anzug mehr, aklt zu viel und hat zugenommen. ach, denk dir, ne neue rochsa haben wir uns besorgen müssen. die alte war abgelaufen. fast den ganzen vormittag hats gedauert. erst haben sie gesagt, wir sollen bokra wiederkommen. aber hat der Klaus gesagt, nein, dilwackti. und da hamses ihm dilwackti gegeben, und pßorra.
pßorra?
ja, pßorra. schnell.
ach so, quick. du mußt dich klarer ausdrücken. sonst versteht dich mumkin keiner mehr. du, stell dir vor, neulich war ich in Sakkara. unten in einer von den offenen pyramiden. war finster, richtige ägyptische finsternis, haha, und gott sei dank waren keine turis da. bin ich runtergeklettert. und der gait hat gesagt, da unten wäre musch haga. ich hab gekuckt, aber ich habe gar kein haga da unten gesehen. da habe ich auch kein bakschisch gegeben, auf den arm nehmen kann ich mich alleine.
ich muß noch zum ßuk. maßalama. komm doch mal am wochenende vorbei. wir haben aber nur stella, sie hatten nichts anderes im käschenkärri.grüß zuhause!
schukran, mach ich. maßalama.

So ist's halt. Wie sagte mein Freund Wilfried immer so treffend: Deutsch sein heißt, mehr Wörter groß schreiben als alle anderen. Darum ist der obige Dialog auch in den vornehmeren Kleinbuchstaben wiedergegeben.

Und hier noch eine Aufgabe für unsere Sprachbastler: Übersetzen Sie den folgenden deutschen Satz aus Philadelphia ins Deutsche aus Kairo: "Da sind mir doch die pigs übern fence gehoppt und haben die ganzen potatoes gedamaged."

Beibei sagt Plapperonymus

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Erfahrungen mit ägyptischem Hauspersonal
von Siegrid el-Gabbas

Papyrus-Logo Nr. 9/83, pp. 26—27

Meine erste "Perle" hieß Fatma und zeichnete sich durch ein enorm quadratisches Hinterteil aus, auf dem man gut und gerne seine Kaffeetassen abstellen konnte. Sie sprach nur arabisch, gerade die Sprache, welche ich nicht konnte – trotzdem verstanden wir uns ausgezeichnet und hatten viel Spaß miteinander.

Vergeblich war aber meine Mühe, ihr "deutsches Saubermachen" beizubringen. Fatma schlug den Staub mit einem Riesentuch und das Aufklatschen ließ mich jedesmal zusammenzucken. Vor dem Staubsauger hatte sie großen Respekt, er war ihr nicht geheuer! Mit grenzenloser Bewunderung aber bedachte sie die Waschmaschine – nicht daß sie sie benutzen wollte, nein sie wurde täglich geputzt und gewienert.

Die Kochkünste von Fatma dagegen waren einmalig – auch war sie der "deutschen Küche" durchaus zugetan und sehr lernbegierig, was neue Rezepte betraf. Fatma, Witwe mit zwei Kindern, wollte nicht "Dienstmädchen" bleiben, sie strebte nach Höherem und wurde Angestellte in einem staatlichen Krankenhaus mit Rentenanspruch. Ihre Anhänglichkeit ist nach wie vor groß; von Zeit zu Zeit besucht sie uns – besonders zu den Festtagen, wie z. B. dem Schlachtfest.

Sie hinterließ eine schmerzliche Lücke, denn mein Haushalt hatte sich inzwischen sehr vergrößert. Wir waren nicht nur in eine sehr viel größere Wohnung gezogen, sondern mittlerweile hatte ich drei kleine Kinder und war dringendst auf Hilfe im Kampf gegen den ägyptischen Staub angewiesen. Gutes Hauspersonal zu bekommen war inzwischen schwierig – besonders mit drei Kindern und einer Riesenwohnung, so bekam ich "Mädchen vom Lande"! Ich weiß nicht mehr, wie viele ich mühsam angelernt habe, wie vielen ich die Grundbegriffe der Hygiene versucht habe beizubringen, woher sollten sie es auch gelernt haben! Nach jedem Heimatdorf-Besuch war eine Entlausungskur notwendig – es war ein ungleicher Kampf, bei dem ich manchmal am Verzweifeln war. Alle diese Mädchen wurden auch immer schnell von ihren Vätern verheiratet und ein großer Teil ihrer Aussteuer entstammt wahrscheinlich meinem Haushalt. Wie die Sachen aus meinem Haus herausgekommen sind, ist mir immer noch ein Rätsel. Es wurde auch nie gekündigt, sondern man blieb einfach seinem Arbeitsplatz fern.

Nachdem ich nun wirklich keine Dorfmädchen mehr haben wollte, obwohl ich sie alle nett und lieb fand, versuchte ich mein Glück mit Tageshilfen. Diese hatten nun aber oft genaue Vorstellungen über ein "begrenztes Arbeitsfeld". Der Gipfel war ein Mädchen, welches nur mit den Kindern spielen wollte, aber nicht abwaschen oder gar putzen – nun, ich kümmere mich lieber selber um meine Kinder – und nach zwei Stunden machte ich alles wieder alleine. Jetzt dachte ich an Arbeitsteilung, und ein Heer von "Spezialisten" nahm von meinem Haus Besitz. Es gab da eine Köchin, eine Putzfrau, Kindermädchen, zeitweise dazu einen Bügler, Gärtner und Schuhputzer. Ich kam mir vor wie mein eigener Besuch, oft auch wie im Kino, wenn die ewigen Streitereien des Personals untereinander nicht enden wollten oder bestimmte Eigenschaften nicht abzugewöhnen waren, wie das Putzwasser aus dem 4. Stockwerk auf die Straße zu kippen – noch dazu ohne vorher zu gucken!

Die meiste Arbeit im Haus mußte ich sowieso selber machen, denn bestimmte Sachen übersah man großzügig oder fielen nicht in den Arbeitsbereich.

Irgendwann aber hatte ich Glück, als mir eine Verwandte "Om Ibrahim" schickte. Eine Putzfrau, welche es dreimal in der Woche schaffte, mein Haus gründlich zu säubern. Da wurden Möbel gerückt und Teppiche gerollt und Fensterklappen abgestaubt, daß mir selber schwindlig wurde. An diesen Putztagen konnte man zwar nirgends "gemütlich" sitzen, aber man hatte hinterher die Gewißheit, alles blitzsauber zu haben – so sauber wie Om Ibrahims Zähne, welche sich mit meiner Zahnbürste regelmäßig ihre Zähne putzte, bis ich durch Zufall dazu kam und ihr eine eigene spendierte.

Ich hatte aber nicht mit dem Ehemann gerechnet, welcher von Zeit zu Zeit aus dem Ausland zurückkehrte und dann von seiner Frau bedient werden wollte. Und als es in ihrem Haushalt an nichts fehlte, wie Farbfernseher, Kühlschrank und Gasofen und auch ihre Tochter gut verheiratet war, kam sie manchmal zwar heimlich gegen den Willen ihres Mannes, aber sie hörte dann ganz auf zu arbeiten.

Eines Tages wurde mir dann unsere "Däda" ins Haus geschickt. Eine ältere Witwe mit sieben Kindern und viel Lebenserfahrung, entwickelte sie sich zur Stütze unseres Haushaltes. Viele Putzfrauen kamen und gingen, Däda gehört inzwischen nach langen Jahren mit zur Familie und ohne sie geht gar nichts mehr; sie ist auch durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Durch unsere gegenseitige Achtung und Toleranz entwickelte sich ein fast familiäres Verhältnis und ich hoffe von ganzem Herzen, daß sie uns noch lange erhalten bleibt – dabei meine ich nicht nur ihre Arbeitskraft!

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Die ägyptischen Haushaltshilfen – Sheraalas – Maids
von Marianne Morsi

Papyrus-Logo Nr. 1—2/94, pp. 4—9

Früher hießen sie "Chedaama" (= Dienerin). Seit der Revolution nennen sie sich sozialistisch-standesbewußt "Sheraala" (= Arbeiterin).

Früher gab es auch viele von ihnen. Fast kein Haushalt, der nicht eine oder zwei als Hilfe der Hausfrau und "Dienerin" der Kinder hatte. Sie wurden schon im Alter von 5 bis 6 Jahren von ihren Eltern gemietet, denen man ein kleines Entgelt gab, das als Aussteuer auf die Seite gelegt wurde – meistens. Außerdem erlernten sie nebenbei den Haushalt. Diese kleinen Mädchen wurden, wenn sie Glück hatten, richtig in die Familie aufgenommen, nur zu kleinen Arbeiten herangezogen und trugen die ganz Kleinen durch die Gegend. Bei den Größeren waren sie Spielgefährten, allerdings dafür verantwortlich, daß nichts passierte. Ihr Schlafplatz war meistens auf dem Fußboden, wie sie es auch nicht anders von zuhause kannten. Bei Krankheit wurden sie zum Arzt gebracht, die Medikamente bezahlt.
Manche wurden sogar in die Schule geschickt. Das waren die guten Familien, die sich an die Gebote des Islam hielten.

Es gab aber auch genug andere, bei denen die kleinen Mädchen den ganzen Haushalt zu versorgen hatten, ständig übel geschlagen wurden und an denen die Madame ihre schlechte Laune auslassen konnte, wie es ihr beliebte. Als ich vor zwanzig Jahren ins Land kam, war ich schockiert, als ich sehen mußte, wie die kleinen Dienerinnen bis spät in die Nacht in Trab gehalten wurden, wie eine gewaltige Frau sie wegen irgendeinem Fehler mehrfach mit dem Kopf gegen die Wand schlug... Sie selbst lag meistens auf dem Sofa und erteilte Befehle. Den Eltern dieser Kinder ist nicht der Vorwurf zu machen. Ihr Hauptanliegen war eine spätere Heirat des Mädchens, das mit Geld und Erfahrung im Haushalt einen Ehemann finden konnte. Und ihr einziger Daseinszweck war eine Ehe und Kinder. Das trifft noch heute auf die ägyptischen Mädchen zu, und zwar aus allen Ständen. Man läßt sie jetzt, wenn man ehrgeizig ist und Geld hat, studieren. Meistens aber ist ihr Leben ein Fehlschlag, wenn sie nicht heiraten und mehrere Kinder haben. Sowie Kinder da sind, haben sie alles, was sie sich wünschten. Selbst der Ehemann ist nicht so wichtig. Hauptsache, er kann sie und ihre Kinder gut versorgen. Allein unter diesem Gesichtspunkt werden Ehen ausgehandelt. Doch ich will nicht abschweifen.

Die kleinen Mädchen von damals gibt es kaum noch. Sie finden Arbeit in Fabriken, wo sie anfangs kleinere Handreichungen machen und später am Arbeitsprozeß teilnehmen. Sie können, wenn sie gut sind, z.B. in Teppichschulen, leitende Positionen bekommen.

Die Sheraalas, um die es in diesem Artikel geht, sind die, die es geschafft haben, in Haushalten von Ausländern zu arbeiten. Sie haben gelernt, selbständig und systematisch zu arbeiten, mit Apparaten umzugehen, die sie vorher nicht kannten, ein bißchen Englisch oder Deutsch zu radebrechen oder sich auf die meist verwendeten und von Ausländern verstandenen arabischen Wörter zu beschränken. Ganz allgemein kann man von ihnen sagen, daß sie alle ganz wunderbar mit Kindern und besonders für die Kleinen ein Gewinn an Wärme und Zuwendung sind.
Ansonsten kann man als Ausländerin hier mit einer Sheraala Glück oder auch Pech haben, was sich häufig erst nach einiger Zeit herausstellt.

Stellen wir einmal die "Perlen" vor:
Sie sind meistens von jemandem, der mit ihnen zufrieden war und sie gut unterbringen will, weil er Ägypten verläßt, empfohlen worden. Ein wichtiger Faktor bei der Suche nach einer vertrauenswürdigen Haushaltshilfe!

Wenn sie einmal bei Deutschen waren, nach Erfahrungen mit Franzosen, Spaniern oder Amerikanern, wollen sie wieder bei ihnen arbeiten. Dieses System funktioniert. Angehörige dieser Klasse halten etwas auf sich. Sie selbst und ihre Kleidung sind sauber. Nicht immer sprechen sie Englisch, manchmal können sie nur wenige ausländische Gerichte kochen (aber die ägyptischen hervorragend!), sind aber bereit, dazuzulernen. Man kann sich darauf verlassen, daß sie selbständig, fleißig, sauber und ehrlich sind. Sie wissen Bescheid, wie man mit wertvollen Sachen umgeht, bzw. was wertvoll ist. Wenn ihnen mal ein Malheur passiert, sagen und zeigen sie es der Hausfrau, auch, um nicht in den Geruch einer "Klefti" (= Diebin) zu kommen. Man kann ihnen den Schlüssel zur Wohnung anvertrauen, auch die Einkäufe. Dafür erhalten sie ein für ägyptische Verhältnisse sehr gutes Monatsentgelt.

Dann gibt es die anderen. Meistens sind sie mit einem Krach vom letzten Arbeitgeber weggegangen, woran sie natürlich ganz unschuldig waren. Kehren Sie ein oder zwei der oben angeführten positiven Eigenschaften ins Gegenteil und Sie haben eine Haushaltshilfe, bei der Sie sich nie wohlfühlen können.

Die ägyptische Sheraala arbeitet den ganzen Vormittag intensiv. Genauso intensiv und voller Arbeit verläuft der Rest ihres Tages. Häufig ist sie Witwe oder geschieden und hat mehrere Kinder aufzuziehen. Ägyptische Ehemänner von Sheraalas verdienen wenig oder sind arbeitslos, finden in dem Beruf, von dem sie etwas verstehen, keine Beschäftigung. Sie leben vom Geld ihrer Frau, rühren ohne Ausnahme keine Hand im Haushalt und lassen sich bedienen.
Deshalb: Hut ab vor den Sheraalas, gönnen wir ihnen das gute Gehalt bei uns Ausländern!

Laila

Von ihr soll erzählt werden, weil sie durch langjährige Erfahrung bei Ausländerinnen perfekt darin war, sich in ihr Vertrauen zu schleichen und sie für sich einzunehmen. Umso leichter konnte sie sie später "ausräubern".

Laila brauchte dringend Geld. Ihr voriger Arbeitgeber hatte ihren letzten Lohn nicht ausgezahlt (Pfui!). So habe ich sie mir mit einer Freundin geteilt. Bei mir war sie an zwei Vormittagen die Woche, anschließend holte sie das Versäumte am Nachmittag bei meiner Freundin nach. Sie war beeindruckend: Umsichtig und sauber bei der Arbeit, sah selbst ansprechend aus und sprach dazu noch Englisch. Bald wurde es Gewohnheit, daß ich mich beim Frühstück zu ihr setzte. Sie konnte so gut von sich erzählen. Ihre ganze Lebensgeschichte! Wie ihre böse Schwiegermutter sie am Anfang ihrer Ehe täglich verleumdet hatte, so daß der heimkehrende Ehemann sie erst einmal verprügelte... Wie er sie jahrelang mit einer Nachbarin betrogen hatte, später sogar mit ihrer Arbeitgeberin, einer Amerikanerin (ihr Mann ist klein, unscheinbar und wirkt eher unterdrückt)... Wie eine andere Arbeitgeberin sie sogar mit ihrer Familie nach Kanada nehmen wollte, aber ihr Mann kein Englisch lernen kann... Wie sie von den ägyptischen Verwandten und Nachbarn verachtet wird, weil sie als Haushaltshilfe arbeitet... Kurz: Sie war ein typisches Opfer der Stellung der Frau in Ägypten, und sie war wunderbar. Die Frühstückssitzungen dehnten sich aus. Öfters mußte sie früher gehen, um noch ihre Tiere und Pflanzen auf ihrem Grundstück in Tourah zu versorgen (Pflanzen und Tiere "fühlen wie Menschen"). Sie waren dabei, sich dort ein Haus zu bauen. Ich hatte jeden Respekt vor so viel Tüchtigkeit und gab ihr alles, was ich entbehren konnte (ihre früheren Arbeitgeberinnen hatten das auch getan). Zwar hätten unsere Verwandten für vieles davon ebenso Verwendung gehabt... Die Zeit, ihre Arbeit zu tun, schrumpfte immer mehr zusammen, so daß ich am Ende immer mehr selber machte. Dann kamen finanzielle Engpässe, wenn nicht Katastrophen. Da konnte ich nicht helfen. Wohl aber meine Freundin und ihr Ehemann. Sie waren besser situiert und großzügig. Immer wieder erhielt Laila größere Summen Geld, die sie dann abarbeiten wollte. Am Ende hätte das Jahre gebraucht! Mein Verhältnis zu ihr verschlechterte sich abrupt, als ich einmal während des Urlaubs meiner Freunde unvermutet in deren Wohnung auftauchte, um dort nach dem Rechten zu sehen. Lailas ganze Familie hielt sich dort auf. Fernseher, Video, Airconditioner und Waschmaschine waren in Betrieb. Ich komplimentierte alle hinaus. Laila spielte das später herunter: es wäre ein Notfall gewesen. Während dieses Urlaubs waren auch sämtliche teuren Kosmetika der Familie meiner Freundin bis auf einen kleinen Rest verbraucht worden. Wir besprachen das und ich zog die Konsequenzen, trennte mich endlich von Laila. Irgendwie muß sie dann dort eine bühnenreife Szene abgezogen haben; denn ihr Gehalt wurde um das, was sie bei mir nicht mehr bekam, erhöht. Dann fehlten Sachen, später Geld. Ehe man jemanden des Diebstahls verdächtigt, schiebt man es eher auf eigene Unordnung. Laila, die immerhin wunderbar mit den Kindern meiner Freundin war, saß immer öfter nur da und spielte mit den Kindern, während meine Freundin putzte. Endlich wurde Laila des Diebstahls eines billigen, nur als Erinnerungsstück wertvollen Glases überführt. Sie mußte gehen. Das geliehene Geld war natürlich weg.

Immerhin waren wir um wertvolle Erfahrungen reicher, die ich hier zusammenfassen will. Nämlich:

  • nie jemanden von nirgendwo einstellen, es sei denn, man bekommt den Ausweis zum Kopieren;
  • sich nicht auf Empfehlungsschreiben von Leuten, die längst weg sind, verlassen, sie können gefälscht sein;
  • nie größere (evtl. mal kleinere) Summen Geld auf Abzahlung vom Lohn leihen;
  • allzu rührende Geschichten mit Vorsicht genießen; Abstand halten.
Fatma

Ihre Arbeitgeber beschreiben sie als unkompliziert, immer fröhlich, bei der Arbeit etwas unsystematisch, sehr lieb mit Kindern.

Fatma erzählt:
Sie ist in Maadi aufgewachsen und hat vier Jahre die Schule besucht, wie auch ihre drei Schwestern und zwei Brüder. Ihre Eltern stammen aus Assiut. Mit 11 Jahren wurde sie verheiratet. Dagegen konnte sie nichts tun, obwohl sie lieber weiter auf die Schule gegangen wäre. Mit 12 Jahren hatte sie ihr erstes Kind, ein Mädchen. Dann kam ein Mädchen, ein Junge, der schon als Baby starb usw. Ein Sohn ist jetzt in der Armee. Ihr Ehemann, der zunächst in der Zementfabrik in Tourah gearbeitet hatte, ging dann nach Alexandria und ließ nichts mehr von sich hören. Fatma war im 4. Monat schwanger, als sie erfuhr, daß er dort eine zweite Frau geheiratet hatte. Sie wollte abtreiben, aber zwei Ärzte rieten ihr ab. So kam ihr jüngster Sohn, jetzt 12 Jahre alt, auf die Welt. Seit dieser Zeit hat sie auch von ihrem Mann nichts mehr gehört. Verschiedentlich wollte sie erreichen, daß er ihr beim Unterhalt der Kinder beisteht, aber er hat das verweigert, sie würde ja selber verdienen. Nun arbeitet Fatma schon seit neun Jahren als Haushaltshilfe bei Ausländern, vorher bei Ägyptern. Nach Spaniern und Franzosen kam sie zu Deutschen, die sie inzwischen immer weitervermitteln, wenn sie das Land verlassen.

Zuhaus bei Fatma geht es knapp zu. Alle Kinder hat sie in die Schule geschickt, was bei Kosten für Bücher, Schuluniform, in einem Fall sogar Schulbus, nicht einfach ist. Zu einer Zeit, als die Wohnungen auch für Ägypter schon teuer wurden, mußte sie aus ihrer alten, die ständig unter Wasser stand, ausziehen und wohnt jetzt in einer neuen, die monatlich 70 Pfund kostet. Es gibt natürlich nicht jeden Tag Gemüse oder sogar Fleisch auf dem Tisch, aber die Kinder sind vernünftig. Nur der 12jährige weint öfters und will immer mehr haben. Wenn sie einen Arzt oder Medikamente braucht, helfen ihre Arbeitgeber aus.

Fatma ist total zufrieden, würde nie mehr heiraten wollen, "da der Mann dann wieder neue Kinder verlangen würde". Sowie Fatma mit ihrer Arbeit fertig ist, versorgt sie die Kinder, die inzwischen schon aus der Schule gekommen sind. "Das reicht", meint sie.

Hoda

Hoda verkörpert all das, was vorher maßgebend für eine gute Sheraala aufgeführt wurde. Zusätzlich strahlt sie persönliche Würde und Integrität aus. Sie spricht nur wenig Englisch.

Hoda erzählt:
Ihre Eltern wurden geschieden, als sie drei Jahre alt war. Das Leben mit der Stiefmutter muß schlimm gewesen sein. Sie (und offenbar auch der Vater) hatten die Angewohnheit, sie zu strafen, indem man sie auf den Boden warf, den Fuß auf ihren Hals stellte und dann losprügelte. Manchmal durfte sie ihre Mutter besuchen und zeigte ihr die schwarzen und blauen Flecken am ganzen Körper. Ihre Mutter konnte ihr nicht helfen. Wohl aber die Schwester ihres Vaters, die sie von dort wegnahm und als "Chedaama" in eine ägyptische Familie gab. Wie alt sie damals war, weiß sie nicht mehr. Hier war sie vor allem für die Kinder da. Den Jungen mußte sie mit "Herr" anreden, das Mädchen, das noch mit Schnuller herumlief, mit "Dame". Die Kinder schlugen mit den Hausschlappen nach ihr, die Großen schlugen anders zu. Regelmäßig wurde sie kahlgeschoren, so daß sie wie ein Junge aussah. Wieder einmal griff die Schwester ihres Vaters ein. Hoda sollte mit einem Verwandten, der 30 Jahre älter war, verheiratet werden. Zunächst jedoch mußte ein Arzt eine Bescheinigung ausstellen, daß sie schon 16 war, also in dem Alter, in dem es Mädchen erst erlaubt wird, zu heiraten. Das ging ohne Schwierigkeiten. Hoda war ca. 13 Jahre.

Ihr alter Ehemann wohnte mit seiner großen Familie zusammen. Wenn sie die Tür aufmachte, fragte man sie, ob ihr Vater da sei. Geschlagen wurde Hoda vor allem, wenn sie mit jemandem außerhalb der Familie sprach. Sie erledigte fast den ganzen Haushalt und bekam nebenbei fünf Töchter und einen Sohn. Dann starb der Ehemann. Hoda saß ohne einen Piaster da. Sie nahm die entbehrliche Kleidung und später die Kochtöpfe (die damals schwer und nicht aus Aluminium waren (Kupfer?)) und verkaufte alles in Ataba, wo es einen Markt für gebrauchte Sachen gibt. "Als mein Mann gestorben ist, habe ich mit Gott gesprochen. Wie kann ich die Kleinen aufziehen? Gott sollte mir helfen."

Hoda ist stolz darauf, daß sie niemanden je um Geld gefragt oder Geld geliehen hat. Eine Zeit lang arbeitete sie noch in ägyptischen Haushalten, dann vermittelte ihr ihre Schwester eine Stelle bei einem Palästinenser-Ehepaar in Kuwait. Zunächst erhielt sie dort 20,- Dinar (entsprach 60 ägyptischen Pfund). Die Kinder mußte sie in Ägypten lassen. Versorgt wurden sie von der ältesten Tochter Sayeda. Und Sayeda machte ihre Sache gut. Sie kochte, teilte das Geld ein, schickte alle in die Schule... Die Verwandten ihres verstorbenen Mannes und ihre Mutter sahen ebenfalls nach dem Rechten. Einmal im Monat (Tag und Zeit waren ausgemacht) telefonierte Hoda mit Sayeda, die dafür aufs Postamt ging. Nach drei Jahren im Haushalt der ersten Familie in Kuwait ging Hoda zu deren Verwandten. Dort bekam sie anfangs 50, später 70 Dinar. Für einige Jahre holte Hoda dann eine Tochter nach, die auch Glück mit ihren Arbeitgebern, Palästinensern, hatte. "Sie durfte mit der Familie an einem Tisch sitzen, mit ihnen fernsehen, hatte ein Bett für sich, wurde in den Klub mitgenommen, aß dort mit der Familie im Restaurant und war genauso gekleidet wie die Kinder dieser Familie!" Hoda ging von Kuwait nach Ägypten zurück, weil sie "in ihrer Heimat beerdigt sein wollte". Für jedes Jahr, das sie dort verbracht hatte, erhielt sie von beiden Familien ein Monatsgehalt. Gold hatte sie zu allen Festtagen geschenkt bekommen. Derart gut gerüstet richtete sie die Hochzeiten aller ihrer Töchter aus. "Salon und die vielen vielen Kleinigkeiten, nur das Schlafzimmer zahlt der Bräutigam." Das gesparte Geld und all ihr Gold wurden dafür verwendet. Aber alle ihre Töchter haben einen Mann und ein Heim. Auch darauf ist sie stolz. Ihr Sohn studiert zur Zeit im ersten Jahr an der Universität. Eine Tochter ist Lehrerin.

In den letzten Jahren hat Hoda nur bei Ausländern, vorwiegend Deutschen, gearbeitet. Wenn sie von der Arbeit kommt, ist jeden Tag der Woche eine ihrer Töchter mit der Familie bei ihr. Manchmal kommen auch alle zusammen, dann ist die große Wohnung voller Leben, mit Spaß, Erzählen, Kindern und Essenkochen.

Hodas Töchter haben jeweils nur zwei Kinder (mit einer Ausnahme). Sie hat ihnen gesagt: "Wenn ihr mehr als zwei Kinder habt, schadet ihr euch allen. Zu mir braucht ihr dann überhaupt nicht mehr zu kommen." Ihr Ratschlag wurde befolgt. Nur eine, mit einem Saidi verheiratet, mußte weitermachen, bis jetzt ein Sohn kam, nach drei Töchtern. Er hätte sonst eine andere geheiratet. Ansonsten mischt sich Hoda nicht in die Ehen der Töchter. Das wird akzeptiert, jede versucht, mit ihren Problemen allein zurechtzukommen.

Hoda hat auch Prinzipien ihre Arbeit als Sheraala betreffend. Andere Maids, sagt sie, fragen ihre Arbeitgeber um Gehaltserhöhung, besonders jetzt, wo alles so teuer geworden ist, oder um Hilfen irgendeiner Art, sei es bei Arztkosten, Medikamenten, Anschaffung von Schuhen oder Kleidung. Hoda hofft, man merkt es von selbst, wenn etwas nötig ist. Oder sie fragen um Urlaub. Bei manchen Arbeitgebern bekommt man zu essen, andere geben statt dessen Extrageld monatlich, etwa 10,- Pfund. "Wenn das mal vergessen wird, sage ich nichts!"

Es war ein weiter Weg von dem kleinen kahlgeschorenen und geschlagenen Kind ohne Schulbildung zu ihrer jetzigen Stellung als angesehener und geliebter Mittelpunkt einer großen Familie.

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Der Bo'ab
von Ulla Hassan

Papyrus-Logo Nr. 1—2/94, p. 10

Im Redaktionsteam hatten wir uns die Aufgabe gestellt zum Schwerpunktthema 'Berufsbilder, in Ägypten' zu schreiben. Wir wollten über ägyptenspezifische Berufe oder Erwerbsmöglichkeiten Recherchen anstellen. Es war nicht einfach, Entsprechendes zu finden. Es gibt unzählige Berufsarten, die aber doch letztlich Ähnlichkeiten mit den uns vertrauten Berufsbildern in Deutschland aufzeigen.

Auch der "Bo'ab" hat in längst vergangener Zeit ein Pendant in Deutschland, nämlich die "Portier'sche", wie man sie in Berlin nannte und über die viele Geschichten erzählt und geschrieben wurden. Aber die "Portier'schen" sind längst in Deutschland ausgestorben, nur die sogenannten "Portierslogen und -quartiere", wie ich sie in Berlin in den alten Häusern noch gesehen habe, erinnern an sie. Als ich nun nach Ägypten kam, machte ich in unserem 5stöckigen Wohnhaus die Bekanntschaft mit dem Bo'ab.

Bei meinen vorherigen häufigen Besuchen hier hatte ich mir über diesen Beruf wenig Gedanken gemacht. Nun machte ich aber meine persönlichen Erfahrungen mit ihm, bzw. mit den Menschen, die diesen Beruf ausüben. Obwohl wir in den vier Jahren in unserem Haus schon den 3. Bo'ab und seine Familie kennenlernten, sind unsere Erfahrungen überwiegend positiv. Wir wurden stets höflich behandelt und, falls es irgendwelche Schwierigkeiten gab, lernten wir ihre Hilfsbereitschaft kennen und schätzen. Ich persönlich empfand und empfinde durch die Anwesenheit unserer Bo'abs hier im Hause eine gewisse Sicherheit und einen Schutz vor unliebsamen Fremden.

Wie wird man nun Bo'ab? Eine interessante Frage. Da mit dieser Berufsausübung in den meisten Fällen auch eine Unterkunftsmöglichkeit gegeben war und noch ist, bewarben und bewerben sich vor allem Menschen aus den ländlichen Gebieten, vorwiegend aus Oberägypten, um eine solche Anstellung. Sie hegten und hegen die Hoffnung, mit dieser Art Beruf sich eine bessere Existenz aufbauen zu können. Da die Nubier als ehrlich, zuverlässig und sauber gelten, wurden und werden sie gern als Hausangestellte und Bo'abs eingestellt.

Ihre Aufgabe besteht darin, das Haus sauber zu halten, eventuell kleinere Reparaturen je nach persönlichen Fähigkeiten zu erledigen, und sie haben so eine Art Torhüterfunktion.

Die Entlohnung entspricht den jeweiligen Arbeitsvereinbarungen zwischen Bo'ab und Arbeitgeber. Unser Bo'ab wird von unserer Wohnungsbaugesellschaft eingestellt und entlohnt. Anderswo zahlen die Mieter oder Wohnungseigentümer ihren Anteil direkt an die Bo'abs. Der Kreativität der Bo'abs, sich zusätzlich durch Dienstleistungen Geld zu verdienen oder eine bessere berufliche Laufbahn einzuschlagen, sind kaum Grenzen gesetzt. Sehr anschaulich und beeindruckend wurde dies in dem Film "Der Bo'ab" mit Ahmed Zaki in der Hauptrolle geschildert.

Sicherlich gibt es hier in Ägypten genauso unzählige lustige, amüsante oder auch ärgerliche Geschichten über Bo'abs, wie in Berlin in der guten alten Zeit über die Portier'sche.

Hier wie auch andernorts prägen halt die Menschen mit ihren Schwächen und Stärken das Bild, das wir uns persönlich von dem jeweiligen 'Betrachtungsgegenstand' machen.

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Hintergrund und Abgrund des Bettlerstands
von Regina Eckhardt

Papyrus-Logo Nr. 1—2/94, pp. 18—22

Betteln zur Existenzsicherung gehört zu den Tätigkeiten, die so alt wie die Menschheit selbst sind und deren Erscheinungsformen gemäß den Breiten- und Klimagraden variieren.

Betteln als Beruf
ist auch in Ägypten, trotz ausgeprägter Frömmigkeit seiner Einwohner, ein veraltetes, sozio-religiöses Phänomen, denn selbst auf dem Lande gibt es heutzutage kaum noch Derwische, die von Haus zu Haus gehen und Verse zu Ehren des Propheten singen, um damit ihr tägliches Brot zu verdienen.
 
Betteln als Sozialfall
betrifft vor allem alte Leute, Kinder und Schwerbehinderte, wie Taubstumme und Krüppel, die vom Sozialdienst ihrer Moschee unterstützt werden, der ihnen z.B. Koranauszüge in Miniaturformat kostenlos zur Verfügung stellt, die sie dann an Bushaltestellen oder an anderen belebten Orten Kairos anbieten. Der Kaufpreis eines solchen Heftchens liegt im Ermessen des jeweiligen Abnehmers.
  • Versteckte Armut
    Betteln kann auch saisonbedingt sein, wie für Tagelöhner in kleinen Handwerksbetrieben oder für Landarbeiter. Wenn sie nicht in ihrem Beruf tätig sein können, führen sie kleine Dienstleistungen aus, die keine speziellen Fertigkeiten voraussetzen, jedoch eine winzige Marklücke füllen, die weniger eine konkret vorhandene Nachfrage deckt, als vielmehr geschickt eine neue erfindet und sie lebensfähig macht. Dazu gehören die Schuhputzer, Lumpensammler und fliegenden Händler, die Papiertaschentücher, Kaugummis, Schokolade oder Getränke, wie Erkessous (einen Aufguß aus Arrakpflanze mit anisartigem Geschmack) oder Tamarinde, aus der traditionellen Bauchladenkanne anbieten. Ihre offensichtliche Bereitschaft, auf ehrliche Weise Geld zu verdienen, unterscheidet sie von denen, die ein "Gewerbe" zur Tarnung unlauterer Absichten ausführen.
Betteln als Gewerbe
An der Nahtstelle zwischen lauterem und unlauterem Gewerbe befinden sich die selbsternannten Parkwächter, denen man nicht von vornherein ansehen kann, zu welcher Kategorie sie gehören.
  • Lautere Absichten
    haben jene, die einen kleinen Verdienst durch ehrliche Arbeit erwerben wollen – z.B. ältere Leute, deren Rente das Existenzminimum nicht sichert, oder auch Krüppel und Verwachsene, die keiner einstellen will. Sie helfen Ihnen beim Einparken in den Nebenstraßen Kairos durch Winke und eventuell durch Verschieben des Vorder- oder Hinterwagens, um die vorhandene, enge Parklücke zu vergrößern, sowie beim Auflegen der Wagendecke. Bevor Sie wieder abfahren, wird Ihnen noch die Windschutzscheibe entstaubt und dann ist ein Obolus von 25 oder 50 Piastern angebracht.
     
  • Unlautere Absichten
    vertreten die sogenannten "Park-Trickster", arbeitsscheue Individuen, die sich Ihnen immer erst im Moment der Abfahrt präsentieren, nach Art des Springteufelchens aus der Kiste plötzlich am Fahrerfenster auftauchen und Sie stumm gestikulierend auf Ihre Abgabepflicht aufmerksam machen. Wehe dem, der nicht zahlt und die Unvorsichtigkeit begeht, in den nächsten Tagen oder Wochen sein Auto an der gleichen Stelle zu parken! ... Ein platter Reifen ist ihm so gut wie sicher – und dies ist, trotz gegenteiligen Anscheins, noch ein gelindes Mittel, den pflichtvergessenen Parker sowohl nachträglich als auch nachdrücklich an seine Schuld zu erinnern – denn es können auch alle viere platt sein oder auch Antenne, Rücklicht, Außenrückspiegel, Felgenkappe oder sonstige "leicht lösliche" Teile fehlen. Selbsternannte Parkwächter werden mit zunehmendem Mißtrauen betrachtet, weil sie oft als Informanten für Autoknacker dienen.

Verliert das Betteln seine metaphysische Dimension, in der die Not zur Tugend, zumindest jedoch zum Prüfstein der Tugend erhoben wird, dann besteht die Gefahr, daß es ins Zwielicht gerät, zum unlauteren Gewerbe degeneriert, das sich der Not bedient oder gar die Not anderer ausnutzt zu lukrativen Zwecken.

  • Requisiten
    Eiternde Wunden, Geschwüre, Ausschläge, Verbrennungen, Verstümmelungen, schwere Gebrechen jeglicher Art werden gern zur Schau gestellt, weil sie Mitleid erregen und die potentielle Spendenbereitschaft erhöhen.

Manch Bettler "pflegt" seine Wunden, indem er alles tut, was ihrer Verheilung im Wege steht, und das führt nicht selten zu Wundbrand und seinen schrecklichen Folgen.

Blindheit, verstümmelte Glieder, entsetzliche Brand- und Wundnarben sind nicht nur die morbiden Requisiten eines geriebenen Bettelkünstlers, sondern oft die stummen Zeugen eines grauenhaften Kinderschicksals. Auf Kinderraub spezialisierte Mitglieder des Bettlersyndikats "beschaffen" Kinder im Alter zwischen 2 und 6 Jahren, um sie als Bettler einzusetzen. Damit sie mehr einbringen, werden sie geblendet, geätzt, werden ihnen Knochen zerschmettert, Glieder abgehackt. Viele Kinder überleben diese brutalen "Operationen" nicht oder erliegen sogar noch etliche Jahre später den Folgen wie Kreislaufkollaps, Nervenentzündung oder Knochenbrand, gefördert durch unzureichende Hygiene und Ernährung.
Diejenigen, die durchkommen, führen ein elendes Leben, zumal der Tagesgewinn an das Syndikat abgeführt wird.

  • Methoden
    In letzter Zeit haben sich Beschwerden bei der Polizei über Bettler angehäuft, die, unzufrieden mit dem erhaltenen Betrag, mehr forderten und dem Spender, falls er nicht nachgab, die Gabe fluchend vor die Füße warfen.

Insbesondere von den arabischen Touristen wird eine königliche Spende erwartet, die nicht in Piastern berechnet sein will. Es kam schon mehrere Male auf der Pyramidenstraße zu Menschenansammlungen, die einen wutschnaubenden Bettler umstanden, der einen irritierten Saudi mit einer Einpfundnote umfuchtelte und ihn anschrie, daß selbst zehn Pfund für einen Saudi noch kein angemessener Spendenbetrag seien. Es ist verständlich, daß in letzter Zeit die Zahl der Gebefreudigen drastisch zurückging, denn wer will sich für eine freiwillige Freundlichkeit auch noch beschimpfen lassen?

Eine unauffälligere, aber nichtdestoweniger unerfreuliche Begegnung sind oft an vermeindlichen Ausländern vorüberhuschende Bettlerinnen, die schnell ein paar Dollars mit einem schrägen Blick auf die Handtasche verlangen. Klappt das Manöver nicht, brabbeln sie wütend, daß das Geld griffbereit in der Tasche stecke. Wird ihnen daraufhin auf arabisch geantwortet, sie sollten sich gefälligst vorsehen, ergreifen diese Damen panikartig die Flucht, zumal wenn der vermeintliche Ausländer ägyptische Idiome verwendet.

Enttäuschungen nimmt ein Bettler, insbesondere, wenn er Schutz und Privileg des Alters genießt, selten wort- und tatenlos hin. So drohte einer, der sich den Busbahnhof am Gizaplatz zum Wirkungsfeld erwählt hatte, sämtlichen Insassen eines Busses mit der ewigen Verdammnis, weil seine Bemühungen völlig fruchtlos verhallten. Doch selbst nach solch derbem Geschoß blieb die erhoffte Resonanz aus. Er verzog sich schließlich unverrichteterdinge, wenn auch zögernd und grollend wie nachrollender Donner, aber die numerische Überlegenheit der Businsassen und ihre kollektive Passivität waren nicht zuletzt ein triftiges Rückzugsargument für diesen Bettelchampion.

Zur regelrechten Plage wurden in Giza junge Mütter vom Lande, die nicht nur einen Säugling an der Brust, sondern auch noch einen Kranz von Kleinkindern am Rockzipfel hängen haben. Sobald sie sich ein "Opfer" ausgesucht haben, lassen sie nicht eher locker, als bis das ganze Arsenal an Bettelkunstpfeilen verschossen ist:

Die Pantomime des Hungers und Jammers wird vorgeführt Haben Sie dann noch nicht Ihre Börse gezückt, wird Ihnen das Paradies für eine Gabe versprochen. Bleiben Sie stur, in der Hoffnung, daß dieser Kelch an Ihnen vorübergehen möge, zupft und zerrt man an Ihrer Weste oder Bluse. Reagieren Sie schließlich verärgert und raten der Mutter, möglichst gut hörbar für die nähere Umgebung, lieber als Arbeitshilfe denn als Bettlerin ihre Zeit zu verbringen, ernten Sie nicht nur böse Blicke, sondern man stellt Ihnen ein Bein, sobald Sie sich zum Gehen wenden.

  • Hart ist das Leben, doch heiter die Kunst...
    Die Bettelrufe machen die Kunst des Gewerbes aus. In ihnen vermischt sich Volkswitz mit Korankenntnissen:

     RhombeOh Erreger des Mitleids, oh Herr!
     RhombeGott zuliebe, oh Du Barmherziger!
     RhombeEin Stück Brot erbitt ich von meinem Herrn!
     RhombeOh wie mildtätig bist Du, oh Herr!
     RhombeMein Abendbrot soll Dein Geschenk sein, oh Herr!
     
  • Die Antworten, die ein Bettler erhält, sind ebenso zahlreich wie seine Appelle. Es sind höfliche, indirekte Absagen an den Bittenden, keine blanken, schnöden oder gar groben Verweigerungen, denn nicht jeder Bettler, der im Laufe des Tages hilfesuchend an Sie herantritt, kann auch berücksichtigt werden:
     RhombeGott gebe Dir Kraft!
     RhombeGott steh Dir bei!
     RhombeHelfe Dir Gott!
     RhombeGott stelle Dich zufrieden und mache Dich wohlhabend!

Es reicht, wenn man sich eins davon einprägt:
"Allah yisahel lak (fi liki)!"

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